Latein für die Uni und für das Leben

  • ich habe sozusagen den Ratschlag und Auftrag von Silvia befolgt und die Lateindiskussion in die Plauderecke verlegt.


    Mich würde interessieren wieviele von euch tatsächlich Latein hatten oder haben und was ihr davon haltet...

  • Salve!
    Linguam latinam pulcherrimam esse puto. Tamen modum excessisti - lingua latina valde necessaria non est. Ecce d'Artagnan - linguam latinam ignorabat, sed miles praeclarus erat... Ergo successus sine lingua latina possibilis est! ;-)


    (Meine Position kurz auf Deutsch zusammengefaßt, da mein Latein zu schlecht ist, von "echten" Lateinern verstanden zu werden, für Nichtlateiner aber natürlich immer noch *zu* lateinisch klingt: Guckt Euch d'Artagnan an. Haben dem die fehlenden Lateinkenntnisse sehr geschadet, so schön die Sprache auch sein mag? ;-) )

  • Weder für die Uni noch fürs Leben (zumindest was mich angeht). Schade eigentlich. Ich weiss nix mehr davon, trotz neun Jahren intensiver Paukerei, davon zwei im LK. Aber ein gutes Abi hat es mir gebracht und es ist toll zum Angeben *g*. "Echt, Du hattest Latein?" "Ja" (in der Hoffnung, dass der andere mit mir nicht über Seneca oder so was diskutieren will).

  • Hallo,


    auch wenn ich mit Maikes Lateinkenntnissen nicht mithalten kann (unser Lateinkurs war total auf das vernünftige Übersetzen von Cicero ausgelegt), muss ich sagen, ich sehe d'Artagnan was die Bildung angeht nicht als Maßstab. Eher als Beispiel wie man es nicht machen soll.


    Ich war nicht eben gut in Latein (den ganzen Stoff fürs Latinum in vier Semestern reinpauken ist auch nicht eben easy) und ich habe bedauert nicht mehr Zeit mit der Sprache verbringen zu können.


    Hier nur mal ein paar Beispiele wo man es durchaus gebrauchen kann.


    1. Ein Matheprofessor, der immer vor uns in dem Hörsaal seine Vorlesung hatte, meinte mal zu mir, er würde wünschen seine Studenten müssten das Latinum machen. Denn die großen Beweise von Gauß und Co. seien ja in latein geschrieben. Und wenn die dann Übersetzt würden, dann von so einem armseeligen Literaturstudenten wie meiner wenigkeit, die zwar Latein gelernt hat, aber davon worüber Gauß sich da auslässt echt keine Ahnung hat und entsprechend fröhlichen Schwachsinn zusammenübersetzt.


    2. Latein ist nicht ganz tot. Das modernisierte und auf Stand gebrachte Wörterbuch der lateinischen Sprache ist erst vor ein paar Jahren vom Vatikan herausgegeben worden. Und selbst im hintersten Winkel der Welt kann ein katholischer Priester Latein, das kann schon mal wichtig sein, wenn man irgendwo im nirgendwo gestrandet ist und hier schon lange keiner mehr englisch spricht.


    3. Viele Europäische Sprachen haben lateinsiche Anlehnungen. Ich denke wenn man als erste Fremdsprache Latein hatte, wird es einem mit den nächsten Sprachen etwas leichter.


    4. Für alle die von uns die gern alte Gemäuer erforschen und Architrekturdetails Photographieren, das zehnte mal könnte man verstehen was da steht... wenn man den nur Latein könnte.


    Das sind jetzt nur die Argumente fürs Leben. Die für die Uni kennen wir alle. Ein Historiker (wenn er nicht gerade älteste und ältere Geschichte zum Fach hat) ist ohne Latein erschossen. Ein Jurist und ein Medizinier kommen auch nicht weit ohne Latein. Und als Germanist sage ich, es kann ziemlich nützlich sein es zu haben.


    Teclador


    Komm vor der Dämmerung zurück

  • Hallo,


    also, Tec, der Seitenhieb auf d´Artagnan war jetzt fies. Für seine beschränkte Bildung kann er wirklich nichts. Da ist einzig Dumas dran schuld. ;-)


    Ad "2": Ob man sich dann mit dem Herrn unterhalten kann, ist eher fraglich. Denn die Auslegungen, wie man Latein zu sprechen hat, sind doch recht unterschiedlich.
    Das mit "toter Sprache" finde ich sowieso dumm. Es gibt so viele Worte bei uns (und auch in anderen Sprachen), die sich aus dem Lateinischen ableiten, dass man wirklich nicht von "tot" sprechen kann. Unter "tot" verstünde ich ja, dass diese Sprache überhaupt nicht mehr angewandt wird.


    Ad "Historiker": Historiker müssen bei uns sowohl das Latinum als auch das Graecum haben.


    Alex: Das hatten haben wir zumindest bei mir schon geklärt und dadurch, dass mir jeden Tag irgendwelche Ausdrücke begegnen, bin ich recht gut, glaube ich. Mal abgesehen vom Römischen Recht. Bei den Professoren ist man sowieso froh, wenn sie mal etwas auf Deutsch schreiben.

  • @Selene: Ich hoffe zumindest, dass die meisten Professoren, und das ist zweifellos der Fall, Latein hatten und es während der Vorlesung auch bennutzen.


    ich habe mir auch über das Latinum Gedanken gemacht:
    Was wird in so einem Kurs überhaupts behandelt?

  • Was ich bei uns sehe, werden da einfach im Schnelldurchlauf Grammatik und Vokabel gemacht. Und am Ende des Semesters gibt es eine Prüfung.


    Unsere Professoren sind klarerweise alle Juristen und mussten das Latinum haben. Abgesehen davon kommen sie nicht weiter ohne es anzuwenden. Es gibt kaum Fachausdrücke bei uns, die nicht auf Latein sind oder zumindest daraus abgeleitet werden.

  • Es ist ja schon gut, dieses Latinum!


    Aber ich bin der Meinung, dass wenn man schon das Angebot nützen kann, Latein von Grundauf zu lernen, davon auch provitieren sollte!!


    Es ist klar, dass sich niemals alle von Anfang an bewusst sind, dass sie vielleicht später einmal an eine Uni gehen werden und dann das Latinum machen müssen!! Deshalb sollte Latein von Grundauf obligatorisch sein, das heisst, dass alle die sich irgendwelche Visionen machen später einmal die Uni zu besuchen ,Latein haben sollten!! ;-)

  • Zitat


    Ad "2": Ob man sich dann mit dem Herrn unterhalten kann, ist eher fraglich. Denn die Auslegungen, wie man Latein zu sprechen hat, sind doch recht unterschiedlich.


    @Selene: Warum werden dann wichtige katholischen Kongresse, auf denen Priester der verschiedensten nationalitäten sind in latein abgehalten? Ich glaube die Verständigung klappt schon.


    Und was den gascogner angeht: Maike hat gemeint sein fehlendes Latein hätte ihm nicht geschadet, woraufhin ich meinte, dass er kein Maßstab ist was die Bildung angeht.


    Tec

  • @Tec: Ich bin von "man" ausgegangen. Man ist nicht unbedingt Priester und hat lateinische Aussprache nur insoweit gelernt, dass man es dem Professor nachplapperte. Wobei ich sagen muss, dass meine Professorin sich sehr bemüht hat. ;-)

  • @tec: Also ich habe Mathematik studiert, ohne von dem Latein, was ich zu Schulzeiten mal ganz gut beherrschte, auch nur das kleinste bischen zu brauchen. Und einen Beweis sollte nicht auswendig gelernt, sondern nachvollzogen und bei Bedarf auch selbst hergeleitet werden können. Fehler in der Übersetzung können da eine nützliche Übung sein *eg* (was hab ich seinerzeit über ein saumäßig übersetztes englisches Werk über theoretische Informatik geflucht, wo die Beweise aus mehr Fehlern als Beweis bestanden :-)


    Alex: Ich habe 5 Jahre Latein gehabt bis zum großen Latinum. An unserer Schule (NRW) umfaßte der Lehrplan nach Grammatik und Aufbau eines Grundwortschatzes Cäsar, Cicero und Catull - wovon ich den letzten so schleimig fand, daß er mir die Lust an der lateinischen Lyrik verdorben hat. "Lesbias Sperling" *bäah*
    Da ich es anschließend nicht mehr benötigt habe, habe ich aber in den anschließenden 18 Jahren so gut wie alles vergessen. Es reicht nicht mal mehr, um ohne raten die Inschriften auf alten Fassaden zu lesen.


    Tschüs
    Linda

  • Zitat

    Original von xalibur
    Es reicht nicht mal mehr, um ohne raten die Inschriften auf alten Fassaden zu lesen.


    Das ist ganz normal und dürfte selbst hartgesottenen Lateinern schwerfallen - die Inschriften sind ja in der Regel kein klassisches Latein, sondern mittelalterliches und/oder neuzeitliches, und das sieht i.d.R. ganz anders aus (häufig entstellt)... Denn das ist noch so etwas, was die Leute selten bedenken - Latein ist nicht gleich Latein. Ich glaube durchaus, daß man, selbst, wenn man Cicero inclusive seiner geliebten griechischen Zitate locker vorwärts und rückwärts übersetzen kann, nicht in jedem Fall unbedingt imstande ist, eine mittelalterliche Urkunde glatt runterzuübersetzen... *g*


    Insofern ist die Aussage, daß man "Latein braucht", in dieser Form zu vage - denn welches braucht man jeweils? :-P

  • Tja, ich bin nur froh, dass man Doktorarbeiten heutzutage nicht mehr auf Latein schreiben muss. und wie sagte mein lieber Lateinlehrer immer? "Sie kann nicht übersetzen, aber sie hat viel Phantasie!"
    Also, schlagen wir uns wie der ungebildete Volltrottel d'Artagnan durch, mit Bauernschläue und Zitaten. *g*

  • Hallo


    @Maren : das mit der Phantasie wusste meine Lateinlehrerin nicht immer zu schätzen. Und mir sind da durchaus peinliche Patzer passiert. (Ich habe bei einer Übersetzung über Aeneas und Dido einmal großen Mist gebraut. Der Satz hieß richtig "Dido, aus liebe zu dem berühmten Mann..." Nun habe ich die viri clari konstruktion als plural angesprochen und daraus gemacht: "Dido, die berühmte Männer liebte..." meine Lateinlehrerin hat sich erst halb tot gelacht und dann gemeint ich sollte weniger Phantasie haben)



    @ Maike: Klar klassisches Latein, Mittelalterliches, oder gar kirchenlatein sind verschiedene Sachen, aber wenn man die Basics hat kann man oft raten worum die Inschrift ungefähr geht.


    Tec

  • Nicht, wenn Dich die Basics keine Abkürzungen lehren. Wir können ja mal einen kleinen Test machen. Ich gebe eine Inschrift an und dann versuchen wir nur herauszufinden, was da auf Latein steht. Übersetzen ist nicht mal eine Viertelmiete.


    Mein Lehrer war immer froh über meine Phantasie, denn dadurch habe ich wenigstens die Zusatzaufgaben zum Text richtig lösen können. Inhaltlich alles verstanden, Grammatik sechs, setzen. *g*

  • @Tec: Ad "Inschriften". Man kann raten, meinst du? Bei mir funktioniert das irgendwie nicht. *g* Entweder ich kann´s oder ich kann´s nicht, so im Urlaub.


    Ad "Phantasie" .... ich schließe mich an. Wobei ich die Technik meist bei den Sagen angewandt habe und da wusste ich eh worum es ging... meistens. Obwohl mir auch bei der Aeneis einiges passiert ist. :rolleyes:


    @Maren: Doktorarbeit in Latein ... das wäre doch mal hübsch. Nicht schaffbar, sicher, aber schööön.

  • @Selene: Am Besten geht es mit ethymologisieren, wenn ich ein Fremdwort gerade nicht weiss!! Raten würde bei mir auch nicht gehen...




    Es ist klar, dass man nicht alle Wörter immer bereit haben kann, aber man sollte im Stande sein zumindest ein Wort herleiten zu können!

  • Zitat

    Original von Alex
    Es ist klar, dass man nicht alle Wörter immer bereit haben kann, aber man sollte im Stande sein zumindest ein Wort herleiten zu können!


    Das geht nur bis zu dem Punkt, wo die Wörter eine Lateinische Herkunft haben - spätestens bei de mercatoribus iacentibus in wittis oder vergleichbarem hast Du ein Problem (dann nämlich, wenn etwas latinisiert wurde, für das es ursprünglich kein Wort auf Latein gibt). Das magt nicht in Inschriften passieren - aber in mittelalterlichen Urkunden zuhauf.

  • Über mittelalterliche Urkunden stolpert man zum Glück höchst selten. Wobei sowas sicher interessant wäre.


    Alex: Ja, aber wie leitest du ein lateinisches Wort her? Als Beispiel - "Nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet". Wenn du "ipse" nicht kennst, wird es schwierig das herzuleiten.