Des Beitrages zweiter Teil
Der Bruder Alphonse weigerte sich plötzlich, Bischof zu werden. Er wollte in einen strengen Orden, den der Kartäuser, eintreten, "weil Gott ihm das so befohlen habe". Klare Berufung, und Pech für die Familie, der jetzt das Bischofsamt von Lucon zu entgehen drohte, das einzige Einkommen, mit dem Mutter Suzanne die Familie noch über Wasser hielt. Da entschloß sich Armand-Jean, die Familie zu retten, gab seine Laufbahn als Offizier auf, entsagte den weltlichen Freuden (naja, nicht ganz, wenn man den Gerüchten
Glauben schenken darf), holte in wenigen Jahren die ganze theologische Ausbildung nach und ließ sich in Rom vom Papst zum Bischof weihen, jünger als sonst üblich.
Das Auskommen von Mutter und Geschwistern war gerettet, und Armand-Jean saß in der tiefen Provinz fest. Er machte seine Arbeit als katholischer Bischof in einem ärmlichen Hugenottengebiet sehr gut und gewissenhaft, aber sie war ihm zuwenig für seinen Ehrgeiz. Er versuchte Aufmerksamkeit zu erregen und hielt eine große Rede bei der Versammlung der Generalstände im Jahr 1614. Er machte sich an Concino Concini, den Geliebten und Günstling der Königin Maria von Medici heran, )über seine Frau, die von dem feschen jungen Bischof fasziniert war). Ihre beste Freundin, die Königin, war es auch. Richelieu wusch sich nämlich jeden Tag von Kopf bis Fuß-eine Seltenheit damals(man beachte: er badete nicht, er wusch sich!), stank daher nicht wie ihr verstorbener Mann der König, und er war parfümiert, hatte beste Manieren und schmeichelte der bereits verblühten dicklichen Madame und ihrer zaundürren hexenhaften Vertrauten. Die beiden waren sooo begeistert...
Weiteres läßt sich denken. Es spricht für Richelieus Geschicklichkeit, daß keine Beweise und sicheren Unterlagen existieren, aber die späteren Reaktionen der Königin Maria de Medici sprechen sehr dafür, daß da eine ehemalige Geliebte eifersüchtig wird auf den Erfolg des Geliebten, der sie jetzt nicht mehr zu brauchen glaubt und sie vernachlässigt-übrigens nicht nur, weil er sie nicht gemocht hätte, sondern weil er schlicht keine Zeit mehr hatte für eine immer mehr zur politischen Feindin seines Herrn, des Königs, werdende "machthungrige dumme verfressene starrsinnige alte Frau" (Männer verurteilen hart und vielleicht allzu ungerecht). Das Gemeinste ist, daß sie nicht durfte, was sich ihr Mann, der König, ganz selbstverständlich leistete.
Lange Geschichte kurz: Richelieu saß im Staatsrat, hatte Macht und Einfluß, war am Ziel seiner Wünsche-und hatte auf das falsche Pferd gesetzt. Auch er erkannte das Potential des beinahe gefangengehaltenen jungen Königs nicht. Ludwig ließ also Concino Concini ermorden (Berichtigung: er war sechzehn Jahre alt, nicht siebzehn, der Mord fand im Jahr 1617 statt), schickte seine Mutter in die Verbannung und ihre ganze Hofkamarilla hinterher, darunter den Bischof von Lucon, der zeitweise bis nach Avignon verbannt wurde. Eleonora Galigai starb als Hexe auf dem Scheiterhaufen, ein schöner Justizmord, allerdings vielleicht verständlich bei dem Hass, den die gierige Beherrscherin ihrer Freundin, der Königin, auf sich gezogen hatte. Richelieu schaffte es, sich mit beiden Seiten, dem Hof und der Königin Maria, gutzustellen und relativ ungeschoren zu bleiben, und weil der junge Louis Xiii, bzw. sein Günstling Herr de Luynes, jetzt mächtigster Mann bei Hofe, Frieden im Land brauchte und mit der alten Königin auch, brauchten sie einen Vermittler. Und flugs war da der geschniegelte Herr von Lucon de Richelieu, ritt hin und her und redete und redete-das konnte er gut, abgesehen von all dem anderen. Folge: Versöhnung des Königs mit seiner Mutter, und Wiederkehr des Bischofs bei Hofe. allerdings lehnte Ludwig jahrelang jede direkte Zusammenarbeit mit ihm ab. Er merkte genau, daß der Herr Bischof ihm geistig sehr überlegen war, und wollte sich nicht auf ihn einlassen. Ludwig hatte aber ein sehr starkes Pflichtgefühl seinem Volk gegenüber und merkte ebenso, daß er zuwenig wußte und konnte, um die Aufgaben, die er sah, bewältigen zu können.
Inzwischen war Armand de Richelieu's Bruder Henri in einem Duell getötet worden (einer der Gründe, warum der Kardinal später so sehr die Ehrenduelle des Adels bekämpfte), und der Günstling des Königs, de Luynes, der den gefährlichen Bischof von seinem Herrn fernhielt, war bei der Belagerung von Montauban gestorben.
Richelieu wurde Kardinal, und Maria von Medici verlangte äußerst energisch seine Wiederberufung in den Staatsrat. 1624 gab der junge König nach, auch weil er sah, daß er Hilfe brauchte und de Luynes tot war. Von da an wurden die beiden ein Gespann, "Der Größte Diener und der Beste Herr"-Zitat aus Briefen. Gar so sehr unter der absoluten Knute dürfte der König nicht gewesen sein. Er war durchaus energisch und konnte sich auch durchsetzen-hätte er sonst als sechzehnjähriger diesen Befreiungsschlag geschafft, und das ohne alle spätere Hilfe? Dazu kam, daß Richelieu ganz und gar von ihm und seiner Gunst abhängig war. Hätte der König ihn fallengelassen, wäre Richelieu innerhalb einer Woche "gestorben worden", soweit erkennbar bei den vielen Intrigen, die höchste Mitglieder des Hofes die ganze Zeit gegen ihn spannen. Richelieus "Spitzelstaat" hatte praktische und handfeste Gründe, Mordpläne gegen den König waren keine Seltenheit, darunter Pläne seines Bruders, seiner Frau und seiner Mutter-der arme König. Aber der gehaßte Richelieu rettete ihn und sich immer wieder. Der Haß kam zum großen Teil daher, daß Richelieu eine gesellschaftliche Umwälzung erzwang: der Hochadel, der wenig königstreu war und dauernd sein eigenes Süppchen kochte, immer wieder Aufstände anzettelte und die Bauern aussaugte, musste Schritt für Schritt Macht und Einfluß hergeben. Daraus entstand letztlich de Absolutismus des Louis XIV, aber das wußte der Kardinal natürlich nicht. Außerdem war der Kardinal natürlich katholisch und bekämpfte den politischen Einfluß der Hugenotten (siehe La Rochelle), die einen Staat im Staate wollten. Das machte ihn bei ihnen verhaßt. Die orthodoxen Katholiken wiederum lehnten ihn ab und schmiedeten Mordkomplotte, weil er die Hugenotten nicht einfach alle umbringne wollte, sondern versuchte, sie friedlich zu überzeugen(er schrieb großartige theologische Werke zum Thema), die Inquisition und den Einfluß des Papstes in Frankreich kleinhielt (Gallikanismus, ein französischer Bischof hat dem König zu gehorchen und nicht dem Papst, wenn es um Angelegenheiten des Staates geht!) und die Jesuiten mißtrauisch beäugte (das war ein klarer Fall von geistiger Konkurrenz). Und last but not least war da eine enttäuschte Geliebte, die Königin Maria, eine unwillige Nicht-Geliebte (Richelieu soll Anna d'Austria einmal umschwärmt habe), die dann zur politischen Feindin mutierte, weil sie Spanische Politik in Frankreich unterstützte-ihr Vater und ihr Bruder waren Könige von Spanien, und die Feinde Frankreichs. Dazu kamen die "diabolischen Reifröcke" bei Hofe, die Sünde (die Prinzessin von Conti, eine Guise und erzkatholisch, dabei herrlich unmoralisch) und der Teufel (die Herzogin Marie de Chevreuse, geborene Rohan und Aufwieglerin ihres Vaters zum Aufstand, verwitwete de Luynes und damit bei Hof aufgestiegen, verehelichte de Chevreuse-ihr Mann war ein zweiter Guise und damit ein herrlicher Fang, die Heirat gegen den Willen des Königs nach einer riesenskandalösen Liebesaffäre ein Hofereignis, gut für fünfzig Tage Tratsch)-unmoralischer ging es nicht, und abenteuerlicher auch nicht. Anne d'Austria verehrte diese Frau, die sich nahm, was sie wollte, auf alles pfiff, jeden Mann umgarnte-auch den Kardinal, von dem die wildesten Briefe an sie erhalten sind, bloß erhörte sie ihn nie, eine herrliche Rache dieser Frau gegen den oft frauenfeindlichen Kirchenmann. ("Was sind das denn für wunderliche Geschöpfe, die...")
Soweit der Kardinal und die Frauen.
Maria de Medidci: über sie gibt es sehr viel zu sagen, auch über den Mord an ihrem Mann. Dazu muß ich die Details aber noch heraussuchen.
La Reine Margot: erste Frau von Heinrich IV, König von Navarra und dann Frankreich, Ehe kinderlos, politische Streitigkeiten, beide hatten viele außereheliche Beziehungen und standen sich zeitweise sogar mit der Waffe in der Hand gegenüber, politisch schließlich untragbar-daher Annulierung der Ehe. Nachher wurden Margarete von Valois und ihr Ex Heinrich IV endlich Freunde. Er versorgte sie gut, und sie unterstützte ihn und wurde eine gute Freundin der zweiten Frau, Maria von Medici, half ihr auch in den ersten Jahren ihrer Regentschaft nach Heinrichs Tod (ob sie so traurig war über dessen Ermordung? Man fragt sich) und starb 1615.
Liebe Grüße, susamo-ein Tel folgt noch.