Beiträge von Erm

    Mein Eindruck:


    Die Autorin hat sich in erster Linie von der Verfilmung aus 90er-Jahren (mit Chris O'Donnel) "inspirieren" lassen. Dort heißt Mylady tatsächlich Sabine (so wird sie jedenfalls von Athos bei der Wiederbegegnung angesprochen), und sie entzieht sich zwar der Hinrichtung in letzter Minute durch Selbstmord (was später auch im Musical der Fall ist), aber zuvor enthüllt sie Athos noch Richelieus Machenschaften, und es ist klar, dass sie mit ihrem Selbstmord Buße für ihre Daten leistet. (Der Selbstmord erspart ihr hier hingerichtet zu werden, es läuft also auf eine "freiwillige" Hinrichtung hin.)


    Was die optische Beschreibung der Mary Sue betrifft, passt sie außerdem recht gut auf Rebecca de Morney, die in diesem Streifen die Mylady gespielt hat.

    Beim "Geheimnis der Eisernen Maske" kommen die anderen Musketiere auch vor. (Der internationale Verleihtitel "Der fünfte Musketier" deutet das übrigens an.) Wenn ich mich noch richtig erinnere, es liegt doch schon länger zurück, dass ich diesen Film gesehen habe, gibt es keinen Raoul, da seine Rolle eigentlich ohnehin durch Philippe ausgefüllt wird.


    Die mit De Caprio hält sich insofern noch relativ nahe an die Vorlage, als hier Aramis der eigentliche Initiator dieser Aktion ist und er und Porthos sozusagen Gegner von D'Artagnan sind, da dieser den richtigen Louis unterstützt. Dass sie aus Louise eine fiktive Figur namens Christine gemacht haben, dürfte mit der für den Film veränderten Rolle der Romanfigur Louise zusammenhängen. Louise de la Valliere ist eine historische Figur, die immerhin noch jahrelang die Maitresse des Sonnenkönigs war und erst viele Jahre später starb. Im Film mit Richard Chamberlein liebt sie Philippe und dass sie zuletzt die Maitresse des Sonnenkönigs wird, widerspricht nicht den Fakten. Im Film mit Beau Bridges ist sie bereits Ludwigs Maitresse und darf nach dem "Königsaustausch" zuletzt den Hof verlassen, das ist nicht gänzlich im Widerspruch zu den historischen Fakten. Bei dem Film mit di Caprio gibt es allerdings keinen konkreten Bezug mehr zur historischen Louise, deswegen haben sie der Figur wohl auch gleich einen neuen Namen gegeben. (Wer "VB" nicht gelesen hat, wird gar nicht einmal mehr einen Zusammenhang mit der Louise de la Valliere vermuten).
    Der Handlungsstrang um Raoul und Louise bzw. Christine wird in diesem Film nur dazu benutzt, um der Figur Athos eine Motivation zu geben, warum er sich, wenn auch von Zweifeln geplagt, dem Komplott von Aramis anschließt.


    Ich vermute übrigens, dass wahrscheinlich kein einziger Film, in dem es um die Eiserne Maske geht, tatsächlich als halbwegs seriöse Verfilmung von "VB" geplant war, sondern hier ging es tatsächlich nur um den Handlungsstrang "Der Mann mit der eisernen Maske", der immerhin eine ganze Reihe von Elementen aufweist, die in einem Film recht wirkungsvoll umgesetzt werden können. Eine Intrige im königlichen Milieu, eine Verwechslungsgeschichte mit Zwillingen bzw. das Doppelgängermotiv (in fast allen Filmen auf gut / böse in Extremform zugespitzt, die Verfilmung von 1963 dürfte hier die Ausnahme sein, allerdings ist die Motivation für die eisernen Maske nicht wirklich überzeugend), daneben auch Befreiung aus einem Kerker und Ähnliches.


    Im Film von 1963 wird vor allem der Verwechslung viel Raum eingeräumt und die komischen Aspekte betont. Wenn die Filme mit Chamberlain und besonders mit di Caprio vor allem sich sehr ernsthaft geben, was die Leidensgeschichte des guten Philippe betrifft, so trifft das auf die Figur Philippe von 1963 absolut nicht zu. Da ist es zwar bei Todesstrafe verboten, das Gesicht des Mannes unter der eisernen Maske zu sehen und der nicht besonders intelligente Gefängnisgouverneur und seine Leute nehmen das ernst, aber Philippe hat schon selbst herausgefunden, wie sich die Maske abnehmen lässt, und seine Freundin (die Gefängnisgouverneurstochter) weiß das auch, schließlich ist diese Maske bei einem Kuss auch ziemlich störend. Wenn Philippe hier mit Hilfe seiner Freundin aus dem Kerker flieht, dann sicher nicht, weil es ihm dort so schlecht ergeht, sondern weil er einfach herausfinden will, wer er eigentlich ist, was seine Freundin schweren Herzens akzeptiert. Ist schon die Flucht eine komische Angelegenheit, wird das bei der Verfolgungsjagd noch weiter getrieben. Der Gouverneur und seine Leute machen sich auf die Suche nach dem Mann mit der eisernen Maske, aber sie haben absolut keine Ahnung, wie sie dabei vorgehen sollen, da sie nicht wissen, wie der aussieht. Die Maske hat er nämlich in Zelle gelassen. Dann treffen sie auf D'Artagnan, der mit Auftrag zu ihnen unterwegs ist, den Mann mit der eisernen Maske nach Paris zu schaffen, halten ihn gleich einmal für den Gesuchten und stülpen ihm sofort die Maske über, damit sie nur auf keinem Fall sein Gesicht sehen. Das alles ist absolut komisch inszeniert. D'Artagnan, ziemlich wütend über diese Behandlung, überzeugt den Gouverneur schließlich davon, dass er gar nicht der Gesuchte ist, und lässt den Gouverneur nach Paris schaffen, wo der mit seiner Tochter Mazarin, Anna und Louis erklären soll, was da vorgefallen ist. Daneben hat er noch Probleme, die eiserne Maske wieder abzunehmen, und der Gouverneur und seine Leute sind damit auch überfordert. Die Maske ihm überzustülpen war da einfacher. auch das ist wieder ausgesprochen komisch inszeniert. Angst um die psychische Befindlichkeit von D'Artagnan oder Philippe ist in diesem Film kein Thema. Im weiteren Film wird Philippe ständig mit Louis verwechselt, was zu weiteren komischen Situationen führt, und allmählich dämmert ihm, dass er offensichtlich sehr viel optische Ähnlichkeit mit dem König haben dürfte.


    Ähnliches gilt auch für den Film mit Beau Bridges. Z. B. Louis fällt vorübergehend aus und sein Zwillingsbruder übernimmt für einige Stunden seine Rolle als König, der gerade zusammen mit den Musketieren verhaftet wurde. Philippe nutzt die Gelegenheit sofort, die Freilassung seiner Freunde, der Musketiere zu befehlen, noch ein paar weitere Dinge zu erledigen, so ist er z. B. gezwungen stellvertretend für seinen Bruder dessen Verlobte zu empfangen. Zwischen beiden funkt es auch sofort. In der Folge bringt er sich in Sicherheit, ehe der richtige Louis wieder handlungsfähig ist. Der wiederum hat an seiner Verlobten kein Interesse, und die beginnt sich zu fragen, mit was für einen Verrückten sie verheiratet werden soll ...


    In den Film mit Richard Chamberlain wird das Ganze auf eine Intrige reduziert. Louis ist einfach unfähig und böse, und wird daher durch seinen guten Zwillingsbruder ersetzt. Den müssen Colbert und sein Helfer D'Artagnan befreien. (Bei dieser Befreiung setzt sich D'Artagnan vorübergehend selbst die eiserne Maske auf, um die Verfolger auf eine falsche Fährde zu locken.) Nachdeem sie Philippe davon überzeugen, dass es seine Aufgabe ist, Louis' Platz zu übernehmen, wird er noch in aller Heimlichkeit dafür ausgebildet und dann ist der Moment da, wo der Plan ausgeführt werden soll. Auch in diesem Film gibt es komische Momente, allerdings nimmt der Film sich wesentlich ernster, eine Tendenz, die dann bei dem Film mit Di Caprio noch weitergeführt würde.

    Also mir hat der für euch so grauenhafte Film ganz gut gefallen. Die Filme um den Mann mit der eisernen Maske, zumindest die, welche ich bisher gesehen habe, sind alle eigentlich alle relativ frei nach Motiven aus dem "VB". Es handelt sich dabei um folgende Filme:
    "Le Masque de Fer" (dt. "Die eiserne Maske") (1963), mit Jean Marais als D'Artagnan
    "Der Mann mit der eisernen Maske" (1977), mit Richard Chamberlain (als Louis / Philippe)
    "Das Geheimnis der eisernen Maske" (1979), mit Beau Bridges (als Louis / Philippe)
    "Der Mann in der eisernen Maske" (1998 ), mit Leonardo di Caprio (als Louis / Philippe) und weiteren Stars, wobei der Film vor allem ein ziemlicher Erfolg für Gabriel Byrne gewesen sein dürfte


    Bei den beiden letzteren Filmen wäre positiv anzumerken, dass hier nicht nur D'Artagnan, sondern auch die anderen Musketiere vorkommen. (Trotz starker Veränderungen ist übrigens die Verfilmung mit di Carpio diejenige, die sich noch am meisten am Roman orientiert hat.)


    Was die Verfilmung von 1979 betrifft, ist meine Meinung, dass sie einfach nicht dem damaligen "Zeitgeist" mehr entsprochen hat. Sie steht nämlich in der Nachfolge der Mantel-und-Degen-Filmen der 50er- und 60er-Jahre, zu der eindeutig der Film von 1963 gehört. (Beides sind Filme mit viel Action und Humor, "psychologisch-ernsthafte" Aspekte (die gerade die Verfilmung von 1998 kennzeichnen und bereits in Ansätzen die 1977) kommen de facto noch nicht vor.

    Ich vermute, dass dieser Roman weniger bekannt ist, liegt daran, dass es um geschichtliche Ereignisse geht, die außerhalb Frankreich nicht wirklich bekannt sind. Was weiß der/die durchschnittliche Leser/in von Heinrich III. und seinen Mignons? Die Bartholomäusnacht dagegen ist doch auch außerhalb von Frankreich bekannt. Das werden sich wohl auch die Verlage gedacht haben.

    Predantus


    Ich spiele auch mit dem Gedanken, mir den Roman in der Bücherei auszuleihen, habe aber im Internet schlechte Kritiken darüber gelesen, da wurde der Roman häufig als langweilig bezeichnet.
    Allerdings, nachdem ich jetzt schon mehrere Romane von Dumas gelesen habe, fällt es mir schwer, mir vorzustellen, dass er auch etwas langweiliges geschrieben haben könnte.


    Vielleicht ist der Roman deshalb seinerzeit nicht veröffentlicht worden, weil er eben im Gegensatz zu den anderen Büchern auch den Verlagen zu langweilig war.

    Eine originelle Idee, denn ein Mann, der gerne Dinge machen würde, die nur Frauen dürfen, ist sogar schlimmer dran, als eine Frau, die sich als Mann verkleidet, um Musketier, Papst oder Ähnliches zu werden.


    Das kann negativ gesehen werden (Frau wagt es, sich auf Terrain zu begeben, das nur Männern "zusteht" ), aber auch positiv.
    Bei Männern dagegen wird das nur negativ gesehen, sozusagen "Absinken auf weibliches Niveau". :(

    Es gab schon immer kritische Stimmen, also nicht erst seit Vietnam, das habe ich aber auch geschrieben.

    Vielleicht sollten wir auch nicht übersehen, dass der kritische Blick auf den Krieg erst seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts üblich ist. Bzw. ist das inzwischen sogor eine Vorgabe, an die sich Autoren/innen, Filmemacher/innen etc. halten müssen. Der entscheidende Wendepunkt war vermutlich der Vietnamkrieg. Zwar gab es schon immer kritische Stimmen, aber daneben eben auch die Sicht des Kriegs als Abenteuer oder Bewährung, vor allem für junge Männer, oder eben als Prüfung.
    ...

    Entscheidend ist für mich, dass seit Vietman, obwohl seit damals weitere Kriege geführt wurden und werden, grundsätzlich der Krieg als negativ gesehen wird (zumindest in der anglo-amerikanischen und europäischen Welt). Zuvor war Krieg nicht so eindeutig negativ, besonders wenn es sich um Kriege handelt, die in der Vergangenheit stattgefunden haben.

    Vielleicht sollten wir auch nicht übersehen, dass der kritische Blick auf den Krieg erst seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts üblich ist. Bzw. ist das inzwischen sogor eine Vorgabe, an die sich Autoren/innen, Filmemacher/innen etc. halten müssen. Der entscheidende Wendepunkt war vermutlich der Vietnamkrieg. Zwar gab es schon immer kritische Stimmen, aber daneben eben auch die Sicht des Kriegs als Abenteuer oder Bewährung, vor allem für junge Männer, oder eben als Prüfung.


    Als ich Schülerin war, habe ich diesen Übergang noch selbst erlebt, als wir die Barockzeit genommen haben. D'Artagnan und die Musketiere erleben noch die Anfänge dieser Zeit. Bei aller Kritik am Krieg als solchen, die sehr wohl vorkam, war es damals durchaus noch legal Heerführer, Feldherren, Herrscher etc. als "Heldenfiguren" zu sehen.


    Alexandre Dumas aus dem 19. Jahrhundert muss keingeswegs Pazifist oder Kriegsgegner gewesen sein. Aber selbst wenn er für zeitgenössische Kriege (bzw. die Kriegsführung) nichts übrig hatte, kann er Krieg, vor allem, wenn es sich um eine ganz andere Zeit handelt, durchaus als Abenteuer oder eine Zeit für Helden oder Ähnliches gesehen haben.
    Außerdem gehörte er zu jenen Autoren/innen, die auf den Erfolg bei ihrer Leserschaft angewiesen waren, weil sie damit eben ihren Lebensunterhalt verdienten. Das bedeutet, dass er sicher auf dessen Erwartungshaltung und Einstellungen Rücksicht genommen hat, auch wenn er vielleicht selbst anderer Meinung war.


    Was den Tod in der Schlacht betrifft, so galt er jedenfalls im 19. Jahrhundert noch durchaus als ehrenhafter Tod.
    Bei der Figur Raoul, der den Tod in der Schlacht sucht und findet, hat Dumas sich vielleicht für diese Variante entschieden, weil der junge Mann so Suizid begehen kann, ohne dass es unehrenhaft rüberkommt. (In dem er Athos Raouls Tod miterleben lässt, erreicht er außerdem, dass er auch dessen Tod heldenhaft rüberkommt.)

    Soweit ich es beurteilen kann, gab es aber einen Unterschied, die Montspan zog sich ins Kloster zurück, oder musste das, Louise allerdings endete nicht nur im Kloster, sondern wurde im Gegensatz zur Montspan tatsächlich Nonne.


    Abgesehen davon aber ging es mir in meinem Statement eher um Überlegungen, warum eigentlich, abgesehen von Dumas', wo sie allerdings zumindest den König um seiner selbst liebt, meistens eher positiv wegkommt.

    Um nochmals zu Louise zurückzukommen:


    Ich kann mir gut vorstellen, dass historische Louise einige Klischees erfüllt, die sie zu einer geeigneten Romanheldin machen.
    Sie war zwar nicht die Jugendliebe von Ludwig XIV., sie hatte Vorgängerinnen, aber sie war seine erste offizielle Maitresse, und die Idee von einer ersten Liebe eines Königs spricht doch viele Leser/innen ein, zudem Herrscher am Beginn ihrer Regierungszeit gewöhnlich noch recht positiv wegkommen. (Ludwig XIV. war zwar schon seit vielen Jahren König, aber zuvor hatten andere für ihn die Regierungsgeschäfte geführt und inwieweit bzw. ab wann er da selbst die Fäden gezogen hat, ist nicht so offensichtlich.


    Louise war zudem zwar adelig, aber doch aus relativ einfachen Verhältnissen, und Aschenprödel-Geschichten ( "einfaches" Mädchen gewinnt Herz eines Königs) sind doch noch immer sehr beliebt.


    Angeblich soll Louise den König um seiner selbst willen geliebt haben, ebenfalls ein schöne Motiv für Leser/innen, die ein wenig Romantik mögen.


    Es gibt keine Hinweise darauf, dass Louise sich jemals für andere Männer als den König interessiert hat, und dazu passt auch, dass sie später ins Kloster gegangen ist. (Der Gang ins Kloster kann zudem als Sühneakt gesehen werden, womit sie ihre Beziehung zu Ludwig, die schließlich keine eheliche (legale) war, wieder gut gemacht hat.


    Dann kommt noch hinzu, dass Louise jahrelang noch als offizielle Maitresse fungiert hat, als der König bereits mit der Marquise de Montspan alliiert war, sei es, weil Ludwig auf Louise nicht verzichten wollte, sei es, weil es galt den offiziellen Schein zu wahren, da die Montspan verheiratet war und ihr Ehemann Ärger machte. Bei beiden Motivationen konnt positiv weg, entweder ist sie zu bedauern dafür, wie ihr Liebhaber mit ihr umgeht, nachdem er schon eine andere hat, oder sie ist sozusagen ihm eine gute Freundin und beweist ihre Loyalität.


    Alles Motive, die helfen, dass Louise sozusagen sehr sympathisch wirkt, und das wird gewöhnlich von der Heldin einer Geschichte erwartet. ;)

    Nur ein Hinweis auf eine "Vorlage", die allerdings gar nichts mit den historischen Musketieren zu tun hat, die Dumas allerdings sicher gekannt hat und die ihn inspiriert haben dürfte.


    Die Romane von Walter Scott waren gerade im 19. Jahrhundert sehr beliebt, auch außerhalb von Schottland bzw. England. (Sie waren bis ins 20. Jahrhundert sozusagen der Maßstab dafür, wie ein gelungener historischer Roman eben geschrieben sein sollte.)


    Mit Blick auf die Lebensdaten und die damalige Beliebtheit von Scott halte ich es für keine Spekulation, davon auszugegehen, dass der eine oder andere Roman von Alexandre Dumas gelesen wurde. Was die "Drei Musketiere" betrifft, zumindest was die Darstellung der Musketiere des Königs betrifft - die Anregung dazu bzw. ein Vorbild (oder das Vorbild dafür): die schottische Garde von Ludwig XI. aus dem Roman "Quentin Durward" (in deutschen Übersetzungen meistens: "Im Auftrag des Königs" ), dessen Autor wieder Walter Scott ist. Zumindest, was die Idee seiner Musketiere betrifft und ihre Darstellung als Gruppe (samt Anführer), dürfte Dumas da einiges übernommen haben. (Er erzählt natürlich eine ganz andere, eigene Geschichte und er setzt auch die Schwerpunkte anders.)

    Ich habe den Eindruck, dass das bis in die 1970er-Jahre nicht so streng gesehen wurde. (Bei "Comte de Bragelonne" dürfte hinzukommen, dass die Vorlage für einen abendfüllenden Film einfach zu umfangreich war.)


    Zum Vergleich: Erst Anfang der 1990er-Jahren entstand der Dracula-Film von Coppola, der sich recht genau an die Buchvorlage hält. (Allerdings weicht auch dieser Film in einigen wesentlichen Punkten vom Roman ab.) Im Filmtitel "Bram Stoker's Dracula" wird sogar daraufhin gewiesen, dass dieser Film als werkgetraue Romanverfilmung gesehen werden will. In der Folge sind weitere Filme entstanden, die ausdrücklich im Titel hervorheben, dass sie als werkgetreue Romanverfilmungen verstanden werden wollen.


    Bei den "Musketieren" ist mir allerdings noch kein Film untergekommen, der tatsächlich als werkgetreue Verfilmung des Romans verkauft wurde. Insofern wäre es sicher einmal Zeit für so etwas.

    Was D'Artagnan betrifft, ist anzumerken, dass er auch gar nicht so einfach hätte heiraten können. Als Soldat (selbst mit höherem Rang) hätte er dazu die Erlaubnis seines Vorgesetzten benötigt oder er hätte seinen Posten aufgeben müssen. Aber auch als Zivilist waren damals für eine Ehe finanzielle Auflagen zu erfüllen.


    Davon abgesehen aber sind "Die Musketiere" zumindest aus heutiger Sicht durchaus frauenfeindliche Bücher, was in den meisten Verfilmungen, gerade in den neueren Filmen ansatzweise korrigiert wird.
    Nur ein Beispiel: Bei einem Vergleich der Richelieu-Darstellungen in möglichen Vorlagen, die Dumas gekannt hat, fällt auf, dass eine Reihe negativer Aktionen des Kardinals bei Dumas auf Mylady übertragen wurden, was es ihm als Schriftsteller möglich macht, den Kardinal durchaus positiv rüberkommen zu lassen. (Dass Mazarin in der Fortsetzung im Vergleich zu Richelieu nicht einfach nur schlechter wegkommt, sondern sogar zur "Witzfigur" degradiert wird, dürfte bei Dumas "nationale" Gründe gehabt haben. Mazarin war im Gegensatz zu Richelieu kein Franzose, sondern sozusagen ein Ausländer.)


    Was Constance betrifft, so mag sie zwar die erste Frau sein, mit der d'Artagnan etwas hatte und durch ihre Ermordung und aufgrund dessen, dass sie seine Erste war, mag sie durchaus einen besonderen Stellenwert für ihn haben. Allerdings ist es eine Beziehung, die von Anfang an keine Zukunft hat und moralisch fragwürdig ist, denn Constance ist verheiratet. Constance ist zwar keine Schurkin á la Mylady, aber zumindest auch eine Ehebrecherin. Insofern mag ihre Ermordung auf der Handlungsebene eine gewisse "Rechtfertigung" haben. Dass der Ehemann nicht einfach negativ, sondern widerwärtig ist, dient zu ihrer Entlastung als Ehebrecherin. Fakt bleibt, dass D'Artagnan in den "Drei Musketieren" mit einer Frau eine Beziehung eingeht, die eigentlich keine Zukunft hat. (Zum Vergleich, in der Verfilmung von 1948? wurde das z. B. geändert, hier ist Constance unverheiratet, hier haben wir es mit einem jungen Paar zu tun, das ernsthaft in einander verliebt ist, was auch die Eheschließung verdeutlicht. Im Roman dagegen ist die Beziehung zu Constance (sie wird nicht zufällig meistens mit ihrem Familiennamen dort bezeichnet) ein Abenteuer.