Hallo zusammen, als Freund antiquarischer Ausgaben möchte ich hier
gerne zwei Versionen, bzw. Übersetzungen des Werkes „Zehn Jahre später“ / „Der Vicomte de
Bragelonne“ miteinander vergleichen.
Alexandre Dumas (1991): Der Vicomte de Bragelonne 1. Bd. 1.Neuübersetzung aus dem Französischen von Joachim Schulz und Günter Berger. Mit den Illustrationen der französischen Ausgabe der Edition Jules Rouff et Cie., Paris 1887. Stuttgart/München: Deutscher Bücherbund GmbH & Co.
Alexandre Dumas (1956): Zehn Jahre später. Deutsche Bearbeitung H. Lorenz. Klagenfurt: Eduard Kaiser Verlag
Soweit ich das
beurteilen kann, ist die Version des deutschen Bücherbundes vollständig. Ich
habe sie mir gekauft weil es eine wirklich schöne Schmuckausgabe mit den
Illustrationen der französischen Urausgabe ist und sie auf eBay günstig
eingestellt war.
Beim Lesen habe ich
dann gemerkt, dass die Übersetzung unglaublich langatmig war und fast frei von
jeglichem Humor. „Die drei Musketiere„ und „20 Jahre danach„ habe ich vom
Eduard Kaiser Verlag gelesen und die waren sehr viel prägnanter und witziger
übersetzt. Nachdem ich den ersten Band vom Deutschen Bücherbund ausgelesen
hatte und ziemlich unzufrieden war, habe ich mir dann die Version vom Eduard
Kaiser Verlag gekauft und dort weiter gelesen.
Ich habe wie gesagt
nicht das ganze Werk parallel gelesen, deswegen kann ich das jetzt nicht an
unendlich vielen Stellen belegen. Aber ich denke an folgendem Beispiel wird
verdeutlicht was ich meine. Es folgt die Beschreibung des Gasthauses in dem Karl
II wohnt bevor er sich an Ludwig XIV wendet..
Deutscher Bücherbund
S. 26f
"In der
Unterstadt, kaum hundert Schritte vom Ständerhaus entfernt, erhob sich
zwischen der Poststation und dem Schloss in einer recht schönen Straße, die
damals Rue Vieille hieß und die in der Tat ziemlich alt sein musste, ein
ehrwürdiges Gebäude von gedrungen breiter Form und mit spitzem Giebel, mit drei
Fenstern zur Straße hin im ersten Stockwerk und zweien im zweiten sowie einer
kleinen Luke, gleich einem Ochsenauge, im dritten. Zu beiden Seiten dieses
Dreiecks hatte man vor nicht allzu langer Zeit einen ziemlich großen Anbau
errichtet, so wie es damals zu bauen üblich war. Die Straße wurde dadurch um
ein Viertel schmäler, aber das Haus umfasst die Hälfte erweitert. Das war doch
ein genügender Ausgleich, nicht wahr?"
Eduard Kaiser Verlag
S. 14
"Im unteren
Teile der Stadt, kaum hundert Schritte vom Schlosse entfernt, stand in der
schönen Altgasse ein ehrwürdiges Haus mit spitzem Giebel, dass im ersten Stock
drei, im zweiten zwei, im dritten nur ein Fenster hatte."
Wer das Buch noch
nicht gelesen hat, muss dazu wissen, dass diese Beschreibung des Haus nicht weiter von Relevanz
ist. Es spielen sich darin einige Szenen ab, aber wie die Straße früher hieß
und was für ein Anbau gemacht wurde, ist für die Geschichte absolut irrelevant.
Nicht einmal die polemische Frage „Das war doch ein genügende Ausgleich, nicht
wahr?“ enthält einen nennenswerten Witz. Die Übersetzung vom Eduard Kaiser
Verlag ist auf das wesentlichste reduziert: man kann sich das Haus vorstellen.
Ganz allgemein finde
ich dass der Fokus dieser Übersetzung eher auf der Handlung und den Vorgängen
zwischen den Figuren liegt.
Fazit: Wer „Zehn
Jahre später„ in ganzer Vollständigkeit und wissenschaftlich korrekt übersetzt
lesen will, sollte die Übersetzung des Deutschen Bücherbundes verwenden. Vor
allem wenn es darum geht beispielsweise eine wissenschaftliche Hausarbeit über
das Werk zu schreiben. Wer das Werk allerdings genussvoll lesen möchte, dem
möchte ich die Ausgabe vom Eduard Kaiser Verlag ans Herz legen. Diese Version
ist zwar reduziert, aber meiner Meinung nach nicht zulasten des Werk. Ganz im
Gegenteil. Der Kern der Handlung sowie alle nötigen Konversationen sind
enthalten und ich finde diese Version auch wesentlich witziger zu lesen.