Der GOLDMACHER

  • Nachfolgen der Bericht einer wahren Begebenheit - anno domini 1636-1637 ... [ man möchte direkt darüber einen Film drehen ;-) ]
    Die HISTORISCHE Wahrheit beweisen einige wenige, kurze Sätze in der Korrespondenz Richelieus mit seinem Sekretär!
    => G. Avenel : "Lettres, instructions diplomat. & papiers d'État" (Band.5)


    -> Richelieu an Chavigny: 17.August, dann 14. & 16.Oktober 1636
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    aus: " Lesefrüchte, belehrenden und unterhaltenden Inhalts " Herausgegeben in München. 1831
    (Übersetzung aus "Encyclopediana desana" Paris / 1791 - pag.33ff) [ leicht gestraffter Text ]



    Der G O L D M A C H E R


    Noël Picard, genannt Dubois, gebürtig aus Co(u)lommier-en-Brie, war der Sohn eines Chirurgen. In seiner Jugend hatte er etwas Latein erlernt; er widmete sich daher der Chirurgie, um in der Folge seines Vaters Erwerb zu betreiben. Er war aber von Jugend auf sehr wankelmüthig, bald bereitete ihm seine Wahl Langeweile. Er diente als Kammerdiener einem Mann von Stande mit Namen Dufay, der ihn mit nach der Levante mitnahm. Drei bis vier Jahr war er mit solchem auf Reisen. Dubois zeigte sich bald als unruhiger Kopf, voller Begierde in die geheimen Wissenschaften der Chyromantie, Astrologie, Magie und Alchymie einzudringen. Nach der Rückkehr seiner Reisen ließ er sich in Paris nieder und suchte die Bekanntschaft von Adepten und Geheimniskrämern. Sechs Jahre verlebte er mit ihnen, sich allen Ausschweifungen ergebend. Darüber Gewissensbisse fühlend - in einem Anfall von Zerknirschung - begab er sich zu den Kapuzinern in die Rue St.Honoré. Doch nach Verlauf von sieben bis acht Monaten ward ihm diese Lebensweise sehr zuwider; er warf die Kutte ab und entwischte über die Mauern der Tuilerien. Da er noch nicht Profeß gethan, so ließ man ihn unangefochten. Drei Jahre darauf trieb ihn sein unruhiger Geist zum Orden der seraphischen Brüder. Nach zurückgelegtem Noviziat leistete er nun das Gelübde, erhielt die Priesterweihe und hieß "Pater Simon". So verflossen zehn Jahre. Noch immer hatte er grossen Hang zu den Zerstreuungen seiner frühern lustigen Brüder; sein Geschmack zu solchen erwachte bald lebendig; er legte aufs neue das Brüdergewand ab, flüchtete nach Deutschland, aber wurde dort erkannt. Um allen Nachstellungen zu entgehen, bekannte er sich zum Lutherthum und widmete sich ganz der Goldmacherkunst. Er lernte zwar nicht Gold machen, doch das Geheimnis, Schwachköpfen, die den Stein der Weisen suchten, einzubilden, daß er ein Adept sey. Mit diesem "Geheimnis" versehen, kehrte er nach Paris zurück, wobei er damit rechnete, ihm würde es nicht an Leichtgläubigen fehlen, die er zum eigenen Vortheil täuschen könne und glaubte, die Kapuziner hätten - nach einer Abwesenheit von sieben bis acht Jahren - seiner vergessen. Er schwur seine Abtrünnigkeit wieder ab und... obwohl er gleich die Priesterweihe erhalten hatte - so trug er doch keine Bedenken, sich in der Kirche zu St.Sulpice trauen zu lassen und Susanne LeClerc, Tochter eines Gefangenwärters der Conciergerie, zu heirathen. Vom Notarius Capetin aufgesetzten Ehekontrakt ließ er sich noch, nebst seinem wahren Namen, als Jean de Mailly, Seigneur de la Maillerie & Dubois aufführen.

  • Dubois, ein großer Schwätzer und Charlatan, fand bald Gelegenheit, den Zutritt zu Personen von Stande zu erhalten und erwarb sich bei vielen Zutrauen. Unter andern war dies auch der Fall beim Abbé Blondeau, Oheim von Madame de Chavigny-Bouthillier*. Dieser Abbé war beschränkt und leichtgläubig; er hielt Dubois für einen ausserordentlichen Mann, im Besitze großer Geheimnisse und vorzüglich in ihnen eingeweiht, um ohne Mühe Gold machen zu können. Der Abbé erbot sich ihn mit dem berüchtigten Pater Joseph bekannt zu machen. Dubois wollte sich jedoch nur unter der Bedingung verständigen, wenn ihm die "Graue Eminenz" Bürgschaft leiste, keine Untersuchungen über seinen frühern Lebenswandel anzustellen. Pater Joseph versprach alles was man von ihm begehrte, in der Hoffnung, seinem Beschützer, Kardinal Richelieu, einen Adepten zu verschaffen, der die Allmacht des Kardinals und die Schätze Frankreichs vermehren würde, damit dadurch das Volk von drückenden Abgaben befreit und in den Stand gesetzt, die verderblichen Kriege fortsetzen und noch mehr wie bisher, einer üppigen Verschwendung fröhnen zu können. Der Kardinal wurde daher von dem Pater Joseph unverzüglich von dieser glücklichen Entdeckung unterrichtet und da Letzterer alles bei Richelieu galt, so zweifelte dieser auch nicht im Geringsten an der Wahrheit seiner Aussagen. Man beschloß, daß der Goldmacher seine Kunst in Gegenwart des Königs und der Königin, des Kardinals, des Pater Joseph, des Abbé Blondeau, des Superintendanten der Finanzen und Anderer zeigen sollte, denen sehr viel daran liegen mußte, daß das "Große-Werk" gelänge. Der Tag dazu wurde anberaumt. [ca. Ende Juli 1636] Dubois begab sich in den Louvre, brachte Schmelztiegel und Pulverschaufel zu seinem Experiment mit, entzündete Feuer. Um allen Verdacht eines Betruges zu beseitigen, bat er um einen Gehülfen zu seinen Arbeiten. Ihm sey es gleich, wen man dazu bestimmen würde. Der König selbst wählte dazu einen Garde du Corps, mit Namen St.-Amour. Als alle Vorkehrungen getroffen waren, fragte Dubois den König mit lauter Stimme, ob: " ... Seine Majestät geruhen wollen zu befehlen, daß einer der Soldaten zehn oder zwölf bleierne Kugeln hergebe, um sie in Gold zu verwandeln." Dies geschah sehr feierlich, und mit mysteriösen Ceremonien. Die Kugeln wurden in den Schmelztiegel geworfen, das Feuer verstärkt um die so sehnlich gewünschte Wirkung hervorzubringen. Dubois schüttet nun - so daß es jeder sehen konnte - aus seiner Schaufel einen Gran von seinem Verwandlungspulver auf die Kugeln... bedeckte diese darauf mit Asche. Dieses Verfahren ist, seiner Angabe nach, unerläßlich, wenn sein Werk gelingen solle;... ohne Zweifel aber, um dadurch seine Spiegelfechterei desto besser zu verbergen. Die bestimmte Zeit war verflossen, wo sich der Erfolg seiner Kunst bewähren sollte. Unter dem Vorwande, den Schmelztiegel vom Feuer zu nehmen, brachte er, ohne daß es jemand gewahr wurde, Gold unter die Asche, wie er nachmals selbst eingestanden hat. Als ihm dies geglückt war, bat er den König unterthänigst, er möchte höchstselbst die Güte haben, nach und nach die Asche mit einem Blasebalg fortzuschaffen, oder einem Andern, nach seinem gnädigen Ermessen, den Auftrag dazu geben. Der König, ungeduldig, die erste Probe von den Schätzen zu sehen die man ihm versprochen hatte, unternahm selbst das Geschäfte die Asche wegzuräumen. Er handhabte den Blasebalg so eifrig und hastig, dass alle Umstehenden (nicht minder neugierig und gespannt) - die Augen nur auf den Schmelztiegel geheftet - mit Asche bedeckt wurden. Selbst die Königin blieb nicht verschont. Als jedoch Gold zum Vorschein kam, ertönte ein einstimmiger Freudenruf. Eine freudige Überraschung bemeisterte sich Aller. Der König und der Kardinal umarmten Dubois, bezeugten ihm ihre volle Zufriedenheit und äusserten lebhaftesten Dank. Der König in seinem Enthusiasmus erhob den Goldmacher in den Adelstand, ernannte ihn zum Ritter und zugleich zum Großschatzmeister von Frankreich. Auch verlieh er ihm das Recht, seinem Gefallen nach, jagen zu dürfen. Der Kardinal war der Meinung, man müsse nun alle Auflagen - sie möchten Namen haben wie sie wollten - einstellen. Der König brauche sich nur die Einkünfte seiner Domänen, einige Verpachtungen und Rechte, als einen Beweis der Souveränität und der Oberherrschaft, vorzubehalten. Er versprach sich schon die Erneuerung des goldenen Zeitalters, dass Frankreich dadurch das Übergewicht aller Mächte Europas erlangen müsse. Er gab Pater Joseph das Versprechen, daß ihm der Kardinalshut zu Theil werden solle. Abbé Blondeau wurde zum Staatsrath ernannt, erhielt schon nämlichen Tages die ausgefertigte Bestallung darüber, mit dem Versprechen, dass ihm das erste freiwerdende Bisthum verliehen werden solle. Der Garde du Corps St.Amour bekam achttausend Franken für seine beim ersten Versuch geleistete Hülfe. Der ganze Hof war trunken vor Freude über ein so unerwartetes, glückliches Ereignis. Dubois machte eine neue Probe. Da er dabei die nämlichen Kunstgriffe anwandte wurden alle Zuschauer in ihrem Glauben bestärkt und ihr Enthusiasmns gesteigert. Der König zog den Schmelztiegel selbst mit einer Zange aus der Gluth. Der Anblick des Goldes erneuerte die erste Freude, obgleich es geringer an Werth war, als das erstemal. Bei dem ersten Versuche hatte es neun Unzen gewogen, jetzt wog es nur vier. Es wurde ein Goldschmidt herbeigerufen den Gehalt des Goldes zu prüfen. Er erklärte: das Gold, welches bei den beiden Versuchen zu Tage gefördert worden, hätten nur den Gehalt des Pistolengoldes inne, der zweiundzwanzigkarätig sey. Dubois befürchtete die genaue Übereinstimmung seines gemachten Goldes mit dem der cursirenden Goldmünzen Argwohn erregt. Deswegen erklärte er, daß er bei solchen Proben nur zweiundzwanzigkarätiges herstelle. Wenn er aber im "Großen Stile" arbeite, so sey vierundzwanzigkarätig wohl möglich. Alle Anwesenden - durch ihre Verblendung glücklich - beruhigten sich über dieser Erklärung, mit Ausnahme des Goldschmidts, dem sie sehr verdächtig vorkam. Die Experimente waren abgeschlossen und ließen nichts zu wünschen übrig. Richelieu ließ sich mit Dubois, zu vertraulichen Mittheilungen unter vier Augen herab. Er machte ihm bekannt, wieviel Gold er in der Folge fortdauernd machen müsse, und erklärte ihm: "Der König bedarf - in der Regel - wöchentlich sechsmal-hunderttausend Franken." Ohne Bedenken versprach Dubois diese Summe herbeizuschaffen, wenn man ihm denn nur zehn Tage Zeit vergönnte,... auch um Zeit zu gewinnen, dem Verwandlungspulver den vollständigen Grad erforderlicher Wirksamkeit zukommen zu lassen, weil es - durch unvorherzusehenden unglücklichen Vorfall - unreif geblieben sey; dann setzte er hinzu, " ... ich muß es noch stark läutern, wenn ich damit reines Gold hervorbringen will." Der Kardinal hatte nichts dawider, sondern äußerte sich gegen Dubois, wie er ihm statt der zehn, recht gern auch zwanzig bewillige, wenn er solche zu seinen Vorkehrungen nöthig haben sollte. Dubois nahm diese Vergünstigung dankbar an. Aber, statt sich mit einer Arbeit zu beschäftigen (deren Nutzlosigkeit er am besten wußte) ging er auf die Jagd, lebte herrlich und in Freuden, bewirthete alle ihm bekannten Goldmacher bei sich auf das Köstlichste und prahlte von seinen Geheimnissen und den großen Fortschritten, die er in der Alchymie gemacht hätte. Er wurde überall für einen ausserordentlichen Menschen gehalten, ja fast vergöttert. Die ihm bewilligte Frist war nun vorüber, aber Dubois traf keine Anstalten, sein Versprechen zu erfüllen. Der Kardinal schickte Pater Joseph zum Goldmacher, um ihn anzutreiben, sich endlich ans Werk zu machen. Er bat dennoch um einige Tage Aufschub - die man ihm auch zugestand - die er aber in der gleichen Weise verbrachte wie die frühern. Der König wurde sehr ungeduldig, die großen Goldklumpen zu sehen - wodurch er wöchentlich sechsmalhunderttausend Franken erhalten sollte - die ihm Dubois so bestimmt versprochen hatte. Da man nichts davon zu sehen bekam, schöpfte man endlich Verdacht, und fürchtete, gefoppt zu seyn. Diese Furcht war nur zu begründet.

  • Der Kardinal befahl hierauf, den Charlatan genau zu beobachten, und ihn nicht aus den Augen zu verlieren, damit er nicht heimlich davon schleichen konnte, was er tatsächlich beabsichtigte. Richelieu ließ ihn endlich in einem seiner Karossen abholen. Als Dubois in Ruel (heute: Rueil / Landsitz von Richelieu) angekommen war, wollte ihn der Kardinal weder sehen noch sprechen, sondern ordnete an, ihn einzusperren, um seine versprochene Arbeit aufzunehmen. Dubois machte zum Schein mehrere Versuche, aber ohne Erfolg. Er wurde darauf nach dem Château de Vincennes (Gefängnis) gebracht, und nachdem er auch dort viele vergebliche Proben ausführte, blieb kein weiterer Zweifel, daß er ein grober Betrüger sey. Ein Sieur de la Fermas mußte sich hierauf mit Dubois in einen Wagen setzen und Letztern in der Bastille (Gefängnis) abliefern. Richelieu war wüthend, weil er ihn öffentlich und so auffallend vorgeführt hatte. Er ernannte eine Commission, um dem Gold-Betrüger den Prozeß zu machen und um sich vor der Welt seiner Leichtgläubigkeit wegen zu rechtfertigen. Er bestand darauf, daß man Dubois der Magie und des Bündnis' mit dem Teufel beschuldigen solle, denn in diesem Fall sey Seine Eminenz durch eine übernatürliche Weise getäuscht worden, wo alle menschliche Klugheit keinen Schutz vor Verirrungen gewährt. Ehe der Prozeß instruiert wurde, ließ der Kopf der Untersuchungs-Commission (De La Fermas) alle Werkzeuge und Gerätschaften des Alchymisten in Beschlag nehmen. Zuvor las er mehrere Schriften über die Goldmacherkunst, um sich von der thörichsten aller Künste einige Kenntnisse zu verschaffen; darauf schritt er zum Verhör mit Dubois. Er befragte ihn sehr ausführlich (sogar in der Kunstsprache der Adepten) über Hermetik und Magie und auch über das "Beschneiden von Goldmünzen" - das Dubois, als betrügerischen Erwerbzweig, meisterhaft verstand - obzwar er es anfänglich nicht einräumen wollte. Nach zehn Verhören wurde er zur Folter verurtheilt, um die Wahrheit zu bekennen und einzugestehen: dass er die Absicht gehabt habe, König und Kardinal zu betrügen. Dubois behauptete fest das Gegentheil.... und erbot sich (um zu beweisen, daß er weit davon entfernt sey, sich eines solchen Frevels zu Schulden kommen zu lassen) zu neuen Versuchen, bei welchen er wirklich Gold zu machen versprach. Die Sache war zu erheblich, um nicht darauf einzugehen; man ließ ihn daher los und da man das, was man wünscht, nur gar zu leicht glaubt, so mußte er am folgenden Tage alle Vorkehrungen zu seinen alchymistischen Künststücken treffen. Es wurden ihm jedoch zwei der geschicktesten und praktischen Goldschmiede aus Paris zugesellt seiner Arbeit beizuwohnen,.... dabei ihm genau auf die Finger zu sehen, damit er keine Taschenspielerkunststücke mache. Dubois zündete wieder wie gewohnt ein Feuer an. Fremde Menschen mussten alles pünktlich befolgen, was er anordnet; er berührte fast nichts mit eigenen Händen - immer von beiden Goldschmieden scharf ins Auge gefasst. Da es ihm überdies Goldpulver fehlt, welches er sich im Gefängnisaufenthalt nicht hatte verschaffen können, so zog er seine Experimente dermassen in die Länge, bis die Nacht einbrach. Jetzt erklärte er, dass er nicht weiter arbeiten möchte, denn er sey nicht frei und nicht Willens, sein Geheimnis Leuten zu lehren, die er nicht kenne. Da er aber sah, dass man Anstalten traf, ihn aufs neue zur Folter zu führen, so versprach er, alle seine Betrügereien offen zu bekennen und er gestand die Art und Weise, wie er den König, den Kardinal und die Übrigen getäuscht hatte. Als er dies Erstverbrechen bekannt hatte, verhörte man ihn auch über weitere Zauberkünste, deren man ihm Schuld gab, und an die man damals noch steif und fest glaubte. Man behauptete er sey ihrer überwiesen worden und habe sie selbst eingestanden. Der Grund zu dieser Inquisition schöpfte man aus einem angeblichen Ereignisse, das sich in Ruel mit einem Wache stehenden Soldaten im Schloss des Kardinals in der Nacht zugetragen hatte. Dieser Soldat solle zwei Stunden nach Mitternacht gewaltsam misshandelt worden seyn, ohne dass er denjenigen, der ihn geschlagen, weder sehen noch erfassen konnte. Es hiess der Teufel selbst sey es gewesen. Dubois habe solchen dem Soldaten auf den Hals geschickt, um sich wegen schlechter Behandlung zu rächen. Diese Thatsache und ähnliches wurden im Prozeß wider Dubois niedergerschrieben, um ihn der Zauberei zu beschuldigen. De La Fermas befragte ihn über diese Zaubereien, aber man fand seine Vertheidigung keineswegs genügend. Man fragte ihn: warum er denn die Teufel, die ihm zu Gebote standen, nicht dazu benutzt hätte, ihn aus dem Gefängnis zu entführen, oder ihn das köstliche Geheimnis "Gold zu machen" zu lehren, dessen er sich doch dreist gerühmt habe? Dies wären zwei Dinge, die in seiner jetzigen Lage für ihn den größten Vortheil hätten haben müssen. Er schwieg auf diese Fragen, die er auch - unter der Voraussetzung, daß er Zauberer sey, der mit dem Teufel im Bündnisse stehe - nicht beantworten konnte. Nach dieser Anklage gegen ihn, ging man zu einer dritten über, die allerdings mehr für sich hatte. Sie betraf Falschmünzerei und das Beschneiden von Goldmünzen. Man hatte bei Dubois etliche zu solchem Zweck erforderliche Werkzeuge gefunden, die wider ihn zeugten. Sein Goldpulver bestand nämlich nur aus abgefeiltem Golde von Münzen; es war die Lockspeise, die dieser schlaue Betrüger dazu anwendete, um Leichtgläubige in sein Netz zu ziehen. Denn aus dem Werthe von 8 oder 10 Pistolen (Goldmünzen) machte er kleine Goldklumpen, die bei seinen Proben zum Vorschein kamen und zum Beweise dienen sollten, was er bei Arbeiten im Großen zu leisten im Stande wäre. So hatte er Menschen, denen er dadurch Vertrauen eingeflößt, sechs, sieben bis achthundert Thaler abgenommen. Abbé Blondeau, den er ganz für sich eingenommen, hatte ihm bereits achttausend Franken geliehen, ehe er ihn mit Pater Joseph bekannt gemacht. Dubois hatte auch ein kleines Buch geschrieben, in welchem er das Geheimnis, wie man Gold machen könne, ausführlich erklärt haben wollte. Er verkaufte diese Handschrift wohlfeiler oder theurer, je nachdem er leichtgläubige oder geldgierige Käufer dazu fand. Er hatte sogar Anhänger, die ihm vollen Glauben schenkten und zu seinem Besten, seiner Handschrift Abnehmer zu verschaffen suchten. Zu diesen gehörte ein Maître des Comptes zu Nantes, mit Namen De La Jaille.
    Dubois, so mancher todbewirkenden Strafen überwiesen und geständig, wurde von einer Commission gerichtet und zum Strange verurtheilt. Er behauptete nun auf's neue, daß er wirklich Gold gemacht, und ihn nur die Folter ein dieser Behauptung widersprechendes Geständis erpreßt habe. Aber diesmal wurde solches nicht weiter beachtet. Als man ihn zum Tode führte, bestürmt ihn der Geistliche, der ihn begleitete, ein Carmeliter, seine Verbrechen einzugestehen. Er wurde daher zu einem Notarius geführt. Dort gestand er - da im Begriff hingerichtet zu werden und von dem Richterstuhl Gottes zu erscheinen - dass er den König, die Königin und den Kardinal durch seine vorgebliche Goldmacherkunst absichtlich betrogen habe, und er sie deshalb um Verzeihung bäte. Alles, was er gemacht, sey reine Spiegelfechterei gewesen; er hätte nie jemand gekannt noch gesehen der Gold hätte machen können. Alle, die sich dessen gerühmt, wären Betrüger gewesen. Er hätte diese Vorspiegelungen dazu benutzt, um ein angenehmes Leben zu führen, denn dies sey, wegen der thörichten Leichtgläubigkeit der meisten Menschen, sehr leicht. Diese Aussage wurde zu Protokoll genommen, er unterschrieb sie in Gegenwart des Chefs der Untersuchungs-Commission, De La Fermas. Er bestieg wieder den Karren, wurde direkt zum Richtplatz gefahren und aufgeknüpft. Man schrieb den 25. Juno - anno 1637.
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    * "Abbé Blondeau, dem Oheim einer Frau von Chavigny-Bouthillier"
    ==> Claude Blondeau, Abbé der Abtei von Origny - Onkel von: Anne Phélypeaux (1613-1694),
    Frau von Léon Bouthillier- Comte de Chavigny - erster Sekretär des Kardinals von Richelieu.

  • Ich hab die Geschichte vom Goldmacher Dubois, der es schaffte, sogar Richelieu für kurze Zeit hinters Licht zu führen ( :S wofür er dann der Schwarzen Magie angeklagt wurde, weil es für den Kardinal zu peinlich war, einem gewöhnlichen Betrüger aufgesessen zu sein) in Hermann Schreibers Geschichte der Alchimie gelesen und war schon am Überlegen, ob man die nicht in eine FF einbauen könnte ;) - vor allem, weil auch die königlichen Musketiere darin involviert waren...


    Schreiber erwähnt in seiner Darstellung der Dubois-Affäre u.a. auch eine Bekanntschaft des Goldmachers mit Richelieus Nichte, der Duchesse d`Aiguillon. Dubois hatte sie mit seiner Kunst tief beeindruckt, und sie trug die Gewehrkugel, die er in Gold "verwandelt" hatte, an einer Goldkette um den Hals. Man erzählte, das Goldkügelchen begann "alljährlich sanft mahnend zu glühen, wenn sich der Hinrichtungstag des unglücklichen Alchimisten jährte". (Schreiber, a.a.O. S.351 )

  • Danke für die vielen Infos, das ist ähnlich unglaublich wie die Halsband-Affäre. Die Menschen sehen, was sie sehen wollen, das ist immer wieder erstaunlich. Von einem Mann wie Richelieu noch mehr, denn er als gestandener Politiker müsste doch die Abgründe der Menschheit kennen. Zum einen macht ihn das sympathisch, weil er tatsächlich Ammenmärchen glaubt, zum anderen aber auch wieder nicht, denn er sollte die Größe haben, seinen Irrtum einzugestehen und nicht mit überirdischen Mächten argumentieren. Aber es war halt eine andere Zeit :rolleyes:

    Wenn es morgens um sechs an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe (W. Churchill)

  • Ich glaube, Richelieu durfte sich das Eingeständnis, auf diesen Schwindler hereingefallen zu sein, politisch einfach nicht leisten. Immerhin waren Pater Joseph und er selbst dafür verantwortlich, dass Dubois vorm König seine Künste zeigen durfte! Außerdem hatte der Kardinal, wie immer, politische Feinde (das geplante Attentat auf Richelieu in Amiens lag erst ein Jahr zurück), und ein solch eklatantes Versagen des Ersten Ministers wäre reichlich Wasser auf die Mühlen seiner Gegner. Geld war für den Staatshaushalt eminent wichtig, man erhoffte sich von den Künsten des Goldmachers Reichtum und Steuerentlastung des Volkes, und Richelieu fürchtete daher sicher, dass Louis XIII ihm nun, da er in einer so wichtigen Sache versagt hatte, sein Vertrauen entziehen würde. Daher brachte er das Argument vor, Dubois hätte ihn mit Hilfe Schwarzer Magie getäuscht. Dagegen war selbst der König machtlos.

  • Dennoch erscheint das Glauben an Magie und an Goldmacherei aus heutiger Sicht etwas naiv. Aber gut, wir glauben an andere Dinge :rolleyes:

    Wenn es morgens um sechs an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe (W. Churchill)

  • :whistling: Ok, über das Gute im Menschen will ich jetzt lieber nicht diskutieren, Rousseau liegt mir nicht so...aber ich muss sagen, ich kann den damaligen Hang zu Alchimie und Magie nachfühlen. Es handelt sich schlicht um den menschlichen Forschungsdrang, der manchmal bei Wunschvorstellungen Zuflucht sucht und alles daran setzt, diese zu verwirklichen. Menschliches Fliegen via Flugzeug funktioniert, Goldmachen leider nicht, aber der Forschergeist dahinter ist der gleiche (oder zumindest ähnlich). Magie war eigentlich alles, was über das banale Alltagskönnen und -empfinden hinausging. Die Esoteriker heutzutage gehen ja ebenfalls "magische" Wege der Wahrheitsfindung, und mit der sogenannten Schulweisheit lässt sich nicht immer alles erklären..

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