Louis XVI

  • Hallo zusammen,
    mich interessiert, ob Dumas ein seinen Werken in irgendeiner Weise Stellung zur Ermordung von Louis XVI bezieht. Klar war das vor seiner Zeit, aber da er sich so an der Julirevolution beteiligt hat und Hugo auch einiges dazu schrieb, halte ich es zumindest für möglich. Ich würde das gern in einer Hausarbeit verwenden, bin aber in seinen Werken kein bißchen firm. Ich würde mich freuen, wenn Euch was dazu einfällt.
    Danke fürs Überlegen schonmal :-)
    Doro

  • Da gibt es ein klasse Buch, den Chevalier de Maison Rouge, übrigens auch als Film von Barma, fast textgetreu. Er schildert allerdings weniger die Hinrichtung Louis XVI, als die Liebe besagten Chevaliers zu Marie-Antoinette und einem Komplott, ihr zu Hilfe zu kommen. Pikant wird das Ganze, weil sich ein junger Revolutionnär in die Frau des Mannes verliebt, der dem Komplott die Deckung gibt. Ich erinnere mich jetzt nicht mehr an die Namen der Protagonisten, aber es ist ganz sicher eines der besten Bücher Dumas´. Und der Film ist wirklich empfehlenswert!

    Wenn es morgens um sechs an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe (W. Churchill)

  • Super! Danke für die schnelle Antwort. Könntest Du mir auch noch sagen, ob es Stellen gibt, an denen er sich royalistisch oder liberal geäußert hat? Es geht mir auch weniger um den Prozess der Hinrichtung, eher um deren Gutheißung oder "Verpönung".
    Aber das ist jedenfalls schon mal ein super Tipp. Hab das Buch direkt finden können.

  • Nun, zumindest kann man sagen, daß im "Chevalier de Maison Rouge" die gesamte Hinrichtungspraxis nicht unbedingt positiv dargestellt wird (es erwischt ja am Ende fast alle, wenn ich mich recht entsinne), und daß der Leser zumindest gegen Schluß gefühlsmäßig eher auf der Seite der Hingerichteten steht.

  • Stimmt, blöderweise habe ich das Buch gerade jemandem ausgeliehen - und noch dummer ist, dass ich nicht mehr weiß wem - aber ich meine, Lorin (der Freund von Lindot, dem Revolutionnär, der sich in Geneviève verliebt) ist der einzige, der übrig bleibt. Aber das Thema ist ja an sich auch interessant, denn Dumas schreibt da immer ein wenig ambivalent, finde ich. Im Prinzip war er, glaube ich, nicht royalistisch eingestellt, aber seine Protagoisten sind sehr oft Adlige, die das Prinzip der Royauté hochhalten. Liegt das an seinem illustren adligen Vorfahren? ;-) Der im Widerstreit liegt mit dem schwarzen Anteil?
    Doro, im VdB zum Beispiel gibt es ja auch die Passage, in der Athos - Athos! - sich schlichtweg revolutionnär äußert, obgleich er ja immer royalistisch war. Er kündigt ja seinem König die Treue auf und mit welchen geharnischten Worten. Irgendwo gibt es dann noch eine Stelle, in der er von der Zukunft spricht, eine Zukunft, in der die Menschen gleich sein werden, wenn ich mich nicht täusche ... leider finde ich sie gerade nicht mehr, werde aber mal suchen.

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  • Zitat

    Original von kaloubet
    im VdB zum Beispiel gibt es ja auch die Passage, in der Athos - Athos! - sich schlichtweg revolutionnär äußert, obgleich er ja immer royalistisch war. Er kündigt ja seinem König die Treue auf und mit welchen geharnischten Worten.


    Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob das "revolutionär" gemeint war - oder ob Athos da nicht eher ein älteres, noch aus dem Mittelalter herrührendes Königs- und Adelsverständnis, bzw. auch Verständnis vom Verhältnis zwischen König und Untertan, zur Anwendung bringt, das im Gegensatz zur absolutistischen Herrschaftspraxis steht, aber nicht zur Königsherrschaft an sich.

  • Vielen Dank für die ganzen Antworten! Man merkt, dass hier Experten zugange sind, mit einigen Begriffen konnte ich gar nichts anfangen. Z.B. was ist der VdB? Wer Lorin und wer Geneviève? Aber ich hab mir jetzt mal den "chevalier de maison rouge" bestellt, der hört sich vielversprechend an. Vielen Dank nochmal für Eure Hilfe :-)

  • Hallo Doro,


    "VdB" ist die Abkürzung von "Vicomte de Bragelonne", der Fortsetzung von "die drei Musketiere".
    Die anderen Bücher kenne ich nicht, somit auch nicht diese Personen:-)


    Gruß,
    Aline

  • @ Doro: Oh, tschudlige, ich dachte, du hättest den Chevalier schon gelesen - Die Namen sind einfach die der Protagonisten in dem Roman, Lorin und Lindot sind Freunde, Revolutionnäre, Geneviève ist die Frau eines Mannes, der den Chevalier de Maison Rouge unterstützt, also Royalistin. Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, ist sie auch eine ´ci-devant´.
    @ Maike: Stimmt, im Prinzip sehe ich Athos auch eher als Grandseigneur, der das Prinzip des Königtums gutheißt, aber nicht die Unterwerfung unter einen absoluten Herrscher. Trotzdem meine ich, es gebe irgendwo eine Stelle, in der er über spätere Zeiten spricht, in der all das nicht mehr gelten wird. Nur finde ich sie nicht. Aber du hast Recht, die Lossagung von Louis entspricht mehr dem Selbstverständnis eines Grandseigneurs. Wie ja auch die Rede von d´Artagnan, der sich dann unterwirft ... Aber ich suche weiter ;-)

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  • Ah, ich hab´s gefunden. Im VdB, kurz vor dem Besuch von Aramis und Porthos, auf Bragelonne: ´quand, passant deux siècles avec la rapidité d´un oiseau qui traverse un détroit pour aller d´un monde à l´autre, Raoul en venait à prédire le temps où les rois sembleraient plus petits que les hommes, Athos lui dit de sa voix sereine et persuasive: Vous avez raison, Raoul ; tout ce que vous dites arrivera : les rois perdront leur prestige, comme perdent leurs clartés les étoiles qui ont fait leur temps.
    Raoul sagt, dass in späterer Zeit die Könige kleiner sein werden als die Menschen und sein Vater gibt ihm Recht ...

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  • Ja, das tut er; ich bin mir nur nicht sicher, ob er sich selbst als Revolutionär sieht, der das Ganze befördern muß. Er sagt, daß es geschehen wird, aber nicht, daß er sich selbst daran beteiligen wird, diesen Prozeß in Gang zu bringen. Und was man bei dem ganzen Thema vielleicht nicht vergessen darf, ist die Hinrichtung von Karl I. in "Vingt ans après" und Athos' Haltung da. Er weiß sehr genau, daß es mit Königen leicht abwärts gehen kann, aber ob er die Entwicklung unbedingt fördernswert findet, weiß ich nicht.

  • Stimmt, Athos als Revolutionnär zu bezeichnen war nicht sehr geschickt. Aber ich finde seine Haltung interessant in bezug auf Dumas´ Überzeugungen. Einerseits weiß er (Athos), dass er auf verlorenem Posten steht, aber er sieht nicht unbedingt negativ in die (weit entfernte) Zukunft, meine ich. Er erscheint mir ein wenig wie ein Mensch, dem der Boden unter den Füßen bröckelt, der merkt, dass er einem verlorenen Stand angehört, der versucht, den Prozeß aufzuhalten und es nicht schafft - und der dennoch erkennt, dass eben die Zeit sich ändert. Sind nicht allein sein Scheitern und sein Zerbrechen an dem absoluten Königtum Beweise für die Meinung Dumas´?

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  • In gewisser Weise schon, besonders, wenn du eben die unaufgeregte Bewertung der Zukunft, die du zitiert hast, mit hinzuziehst. Das

    Zitat

    Scheitern und sein Zerbrechen an dem absoluten Königtum

    ,
    wie du es nennst, ist ja letztlich von Anfang an in den Büchern ein Thema, und ich glaube, man muß sehen, daß diese Zeit des Absolutismus für das 19. Jh. fast aus jeglicher Perspektive eine negative Epoche war. Nimm z.B. Alfred de Vigny dazu, den ich nicht gerade als typischen Revolutionär sehen würde - bei ihm kommt z.B. Richelieu als Vorbereiter des Absolutismus ganz übel weg. Abgesehen von persönlichen Ansichten denke ich also, daß ein generell zeittypisches "Feindbild" bei Dumas mit hineinspielen könnte.

  • Nicht zuletzt ja auch bei dem Thema der eisernen Maske. Die in der Revolution zu einem Sinnbild des Despotismus wurde ... Dazu auch ein schönes Zitat, das ich zufällig gerade gefunden habe: Als Aramis und Porthos sich von Athos das letzte Mal verabschieden, bitte Aramis um Athos´ Absolution (er, der Priester ...) für seinen Versuch, le masque de fer auf den Thron zu bringen (wodurch er ja Porthos ins Verderben stürzt). Alors, donnez moi deux choses, Athos : votre absolution ...
    - Oh ! je vous la donne, si vous avez réellement voulu venger le faible et l´opprimé contre l´oppresseur
    Wenn er wirklich den Unterdrückten und Schwachen rächen wollte ... wollte er das? Der arme General errötet ein wenig ;-)

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  • Super, das kann ich wunderbar verwenden. Eure Hilfe istn Traum! Der chevalier ist noch auf dem Weg von Frankreich nach hier, hab in der Zeit "Das Halsband der Königin" begonnen, um der Dumas-Materie überhaupt etwas näher zu kommen.
    Mit dem "Vicomte de Bragelonne" werde ich mich dann auch noch intensiver beschäftigen.
    Also vielen Dank nochmal :-)

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