Die katholische Kirche einst und jetzt: Und sie bewegt sich immer noch nicht

  • @Astrid


    Mir gehts ganz genau wie dir, ich habe von den Lebensumständen der Calvinisten in der damaligen Zeit auch nicht so viel Ahnung.
    Das stimmt, Dumas hat sich da nur auf vage Andeutungen beschränkt.
    Du hast Recht, für Dumas war der Puritanismus nicht entscheidend, da das in Frankreich keine große Rolle spielte...und genau das Gleiche gilt für den dreißigjährigen Krieg, der im ganzen "Drei Musketiere" Roman nicht ein einziges Mal erwähnt wird, ich glaube, Frankreich war in diesen Krieg nie richtig verwickelt.
    Eigentlich schade, dass die Protestanten die Psalme nicht singen, da sich durch Musik doch alles gleich viel besser anhört, und dann die Texte der Psalmen auch bei den Menschen besser ankämen.

  • Im 17.Jh., in dieser Epoche sich wild bekämpfender Konfessionen, ist Holland, also die "Vereinigten Provinzen" der nördlichen Niederlande, zu bewundern: Das Land war eine Republik und sowas wie die Vorform eines säkularen Staates, der keine bevorzugte Staatsreligion vorschrieb, sondern alle vertretenen mehr oder weniger gleichwertig behandelte. Es gab Katholiken, Protestanten, Kollegianten, Socinianer etc. nebeneinander, die sich zwar gegenseitig massiv beschimpften, aber alle vor der weltlichen Staatsobrigkeit kuschen mussten, was sie natürlich nur widerwillig taten. René Descartes schlug, als ihm der Boden in Frankreich zu heiß wurde, hier nicht von ungefähr seinen Wohnsitz auf, denk ich mal. Außerdem gewährte die Republik den spanischen und portugiesischen Sepharden, die in ihren Heimatländern massiv von der Inquisition verfolgt wurden, Asyl und erlaubte ihnen auch, ihre jüdische Religion ungehindert auszuüben, eigene Schulen zu führen und Synagogen zu errichten. In Holland, vor allem in der Universitätsstadt Leyden, wurden u.a. auch Bücher verlegt, die in anderen Ländern verboten waren und auf dem Index standen.

  • Aramis


    Danke für die Info, das habe ich noch gar nicht gewusst, dass die einzelnen Religionen dank des Staates friedlich zusammenlebten. Vermutlich flohen damals viele Protestanten aus Frankreich und anderen Ländern in die Niederlande, war Descartes auch Protestant?
    Und dass sogar die Juden, die anderswo massiv eingeschränkt wurden, dort ihre Religion frei ausüben durften, ist auch bemerkenswert.
    Und wenn dort in Leyden sogar Bücher verlegt wurden, die anderswo auf dem Index standen, zeigt das schon, dass Holland damals für seine Zeit sehr fortschrittlich war.
    Ich überlege gerade, ob ich die Musketiere nicht mal in einer FF nach Holland schicke, um für den König in Leyden ein bestimmtes Buch zu besorgen....siehst du, bei mir reicht schon ein Post, um auf ne Neue FF Idee zu kommen. :)

  • @Alienor
    Ja, diese jüdischen Freiheiten haben den spanischen Inquisitoren gar nicht gefallen - sie haben die jüdische Gemeinde in Amsterdam auch offensichtlich, laut historischer Dokumente, über gewisse Mittelsmänner (spanische Reisende, Mönche, Schiffskapitäne oder Handelsleute, die mit den jüdischen Kaufleuten in geschäftlicher Verbindung standen) ausspioniert. Viele jüdische Einwanderer hatte ja Verwandte in Spanien und Portugal zurückgelassen - das war wiederum ein Druckmittel der Inquisition gegen die nach Holland emigrierten Juden. In Spanien betrachtete man die emigrierten Sepharden offenbar immer noch als Spanier und nicht als Holländer. Sie pflegten auch in Holland weiterhin ihre spanische bez. portugiesische Muttersprache und die Kultur ihres Heimatlandes. Obwohl sie keine Ghettos bewohnen mussten, zogen sie es dennoch vor, in besonderen Stadtvierteln unter sich zu sein und sich von den holländischen und den übrigen Gojim abzugrenzen. Die Holländer und ihre Regierung waren offenbar wirklich sehr tolerant -

  • Aramis


    Dass die Juden es auch in Amsterdam vorzogen, in eigenn Stadtvierteln unter sich zu sein, dürfte wohl daran liegen, dass sie von den Christen oft misstrauisch beäugt wurden, wenn sie in den anderen Stadtvierteln unterwegs waren.(Zumindest die jüdischen Männer sind ja an ihren Hüten und Locken zu erkennen).
    Ich erinnere mich, mal gelesen zu haben,dass es im toleranten Holland auch viele Beginengruppen gab, weil auch diese dort eher toleriert wurden als in anderen Ländern.
    Ich finde, die anderen Länder hätten sich in dieser Hinsicht ruhig ein Beispiel an Holland nehmen können, dann hätten sie sich vielleicht die Wirren des 3o jährigen Krieges erspart.
    Die spanischen Inquisitoren sollen ja noch radikaler gewesen sein als die in anderen Ländern, besonders schlimm im 15. und 16. Jahrhundert, in Spaninen wurde der Katholiszismus auch noch strenger gelebt als sonstwo, ich glaube, dort gehörten sogenannte Autodafés zum Alltag, und fanden jede Woche statt, und viele Juden und andere Religionen flohen von dort.

  • @Alienor
    Ja, die Autodafés in Spanien hatten wohl sowas wie Volksfestcharakter - einfach schrecklich!! Es ist mir überhaupt schleierhaft, wie die Leute in diesem Land damals psychisch überleben konnten, in dieser andauernden Lebensgefahr: Jeder konnte jeden denunzieren, wenn er einen missliebigen Nachbarn aus dem Weg räumen wollte, und wer einmal in die Mühlen der Inquisition geraten war, war so gut wie tot. Für Inquisitionsprozesse galten überdies eigene fiese Regeln, die von einem regulären Strafprozess empfindlich abwichen und es dem Angeklagten noch schwerer machten. Und dennoch, trotz dieser unfassbaren, alltäglichen kirchlichen Barbarei, hatte Spanien, darüber kann man nur staunen, im 17.Jh. höchstes kulturelles Niveau - berühmte Universitäten wie z.B. Salamanca, berühmte Künstler wie Velazquez, Murillo, Zurbarán, Dichter wie Cervantes oder Quevedo, das berühmte spanische Theater mit Lope de Vega, Tirso de Molina usw. - es ist mir echt ein Rätsel.

  • @Alienor, Aramis


    auch wenn das jetzt OT gerät, es erscheint doch ein wichtiger Aspekt und dazu auch Aktuell, dass sich homogene Stadtviertel bilden, z.B. nach Religion/Konfession oder Nationalität. Ich finde, diesen Effekt gibt es heute auch und ich meine, besorgniserregend stark. Ich denke, dass gerade das die Integration junger Migranten verhindert.


    Es ist ein verständlicher Effekt: In der Fremde sucht jeder das Bekannte also andere Menschen mit gleicher Sprache oder Religion. Bilden sich ganze Stadtviertel, dann wird die Auseinandersetzung mit den dort Einheimischen immer unnötiger. Vermutlich liegt es an der Menge der Zuwanderer: unter einem best. Anteil an der Gesamtbevölkerung besteht möglicherweise eine Art Integrationsdruck, der bei einem höheren Anteil nicht mehr gegeben ist, da es dann ja die Grundversorgung in der eigenen Sprache oder Kultur gibt (Läden, Ärzte,...)

    "Es heißt, jedermann soll seinen Preis haben, Gebieter. Manche dieser Preise sind jedoch zu hoch, als daß irgendwer sie zu entrichten vermöchte."
    "Und dein Preis ist so hoch?"
    "Hoch genug, daß niemand außer Euch ihn je zahlen könnte, mein König"

  • Aramis


    Ja, das habe ich auchmal gelesen, das finde ich schrecklich, dass das oft regelrecht als eine Art Volksfest inszeniert wurde, da gingen ganze Familien mit Essen und Trinken hin und schauten sich die Hinrichtungen an. Mir ist es auch ein Rätsel, wie die Menschen diesen massiven psychischen Druck aushalten konnten, sie mussten ja ständig damit rechnen, dass die Inquisition sie abholt und ermorden lässt. Dass Spanien im 17. Jahrhundert das höchste kulturelle Niveau hatte, das wusste ich gar nicht, ich denke mal, das ist so zu erklären, dass viele Menschen sich bei all diesen Schrecken der Inquisition in ihre Kunst flüchteten, ganz gleich ob das Theaterspielen, Malen, Musik oder Schreiben war. Aber vermutlich hatte die Inquisition auch auf Künstler ein besonders scharfes Auge, und sie konnten ihre Ideen nicht ganz so umsetzen wie sie wollten.



    @Astrid


    Das stimmt, dass es solche Stadtviertel gibt, ist wirklich bedenklich. Ich wohne in einer Stadt mit 100.000 Einwohnern, da gibt es solche ausländischen Viertel nicht, aber in größeren Städten wie Köln und Berlin gibt es ganze Viertel, in denen beispielsweise die Türken in ihrer eigenen Welt leben, in diesen Vierteln gibt es nur türkische Geschäfte, es wird nur türkisch gesprochen, etc...und kaum ein Deutscher wagt sich dorthin, wenn ihm sein Leben lieb ist. Dort leben unzählige Einwanderer, die unsere Sprache gar nicht sprechen, und sie auch nicht lernen wollen...ich finde, wenn man in ein Land auswandert, sollte man sich auch mit der dortigen Kultur auseinandersetzen und versuchen, die Sprache zu lernen. Manche dieser Viertel sind ein regelrechtes Klein-Türkei, und da ist es nicht verwunderlich, dass es gar nicht erst zur Integration kommt.
    Ausländer, die in einem gemischten STadtviertel wohnen, integrieren sich dort automatisch besser.

  • Ich wollte vorhin nicht behaupten, dass die Spanier das höchste kulturelle Niveau im Europa des 17.Jh. hatten, aber sie hatten ein erstaunlich hohes künstlerisches Niveau, das ist offensichtlich - allein die Dramen von Calderón - :love: !
    Ob das auf die religiösen Repressalien der Santa Hermandad zurückzuführen ist, wage ich allerdings nicht, zu beurteilen -

  • @Alienor


    wir können kaum von Türken verlangen, dass sie sich in Deutschland integrieren, wenn deutsche Rentner in die Türkei oder nach Südspanien ziehen, möglichst in deutsche Enklaven und sich eben auch nicht integrieren in die dortige Gesellschaft. Zumindest kam es in einigen Reportagen so rüber.


    Aramis


    es kam glaube ich schon öfter vor, dass in einer stark unterdrückten Gesellschaft Gesellschaftskritik kreativ in erlaubtem versteckt wurde, also z.B. in Bildern, oder Romanen.

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  • @Astrid


    Nun ja, das stimmt schon, aber die deutschen Rentner verhalten sich im Ausland ja auch friedlich und überfallen keine Passanten, während unter den Türken in Deutschland eine besonders hohe Kriminalitätsrate zu beobachten ist. In einer Doku wurden neulich türkische Jugendliche gezeigt, die schon kriminell geworden waren, und sich beschwerten, in Deutschland nicht integriert zu sein. Aber sie blieben auch in ihren Vierteln und hingen auf der Straße ab, anstatt für die Schule zu lernen, und so ist eine Integration natürlich nicht möglich. Ich finde es einfach traurig, dass es in deutschen Städten Viertel gibt, die von den Ausländern regelrecht terrorisiert werden, solche Leute sollte man zurückschicken. Ich habe ja nichts gegen Ausländer, aber ich finde es nicht in Ordnung, wenn sie kriminell werden und beispielsweise Passanten überfallen.


    Aramis


    Das stimmt, das kulturelle Niveau in Spanien erscheint mir auch sehr hoch, es war wohl ungefähr mit dem Niveau in Italien vergleichbar.
    In beiden Ländern gab es zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert ja eine bedeutende Entwicklung, was das kulturelle Niveau anging.

  • In Mathematik und Astronomie stammt vieles aus dem alten Arabien. Leider ist von dieser kulturellen Blüte auch nicht mehr viel zu sehen.

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  • @Astrid


    Das stimmt, unsere heutigen Zahlen stammen ja von den Arabern, im Mittelalter benutzte man bei uns ausschließlich die römischen Ziffern, und es dauerte lange, bis hier die arabischen Zahlen eingeführt wurden.
    Leider ist in den orientalischen Ländern heute nicht mehr viel von dem einst so fortschrittlichen Denken, was Medizin, Astronomie und Mathematik betraf, nicht mehr viel übrig. Im Mittelalter waren diese Länder uns weit voraus, aber heute haben sie leider einen großen Schritt zurück in die falsche Richtung gemacht.

  • Aramis


    Mir ist das auch unheimlich, aber es wird wohl immer so sein, der Mensch kann anscheinend nicht anders.
    Wen nur das hohe kulturelle Niveau und nicht die Barbarei existieren würde, wäre sicherlich vieles leichter. Aber es wird wohl, ganz gleich wie lange die Menschheit noch existiert, immer so bleiben.

  • Es gibt ja immer noch Menschen, die glauben, dass unter Druck am besten gearbeitet wird. ?(


    wenn ein Abgestellter nicht spurt, dann macht man halt Rabatz beim Chef.


    Aus meiner Erfahrung leisten motivierte Menschen am Meisten. Unter Druck sind die Leute sehr kreativ, in der Umgehung von Regeln und Vorschriften.


    Z.b. bei den Fluchtversuchen aus der DDR.

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  • AstridB
    Ja, das ist auch meine Erfahrung, dass mit positiver Motivation bei den Leuten am meisten erreichbar ist. Ich seh das tagtäglich in der Schule. Die Schüler tun viel lieber das, was sie tun sollen, wenn man sie für ihr Wohlverhalten lobt und ihnen, wie jedem Menschen, grundsätzlich mit Respekt begegnet. Wenn man zu diesem Respekt nicht bereit ist, darf man sich nicht wundern, wenn man selbst von anderer Seite her auch keinen bekommt. Wie du mir, so ich dir. Dieses Prinzip ist auf alle menschlichen Beziehungen übertragbar.

  • Aramis @Astrid


    Ich bin da ganz eurer Meinung, ich denke auch, dass positive Motivation mehr bewirken kann als massiver Druck.
    Unter Druck arbeitet es sich nicht gut, das weiss ich aus eigener Erfahrung. Ist man dagegen motiviert und kann Ehrgeiz entwickeln, wird die Arbeit viel besser als ohne Motivation.


    Aramis


    Ich hatte früher Lehrer, die niemals ihre Schüler gelobt haben, und entsprechend lustlos waren dann auch die Schüler. Es gibt ja auch Lehrer, die nehmen jede gute Leistung ihrer Schüler für selbstverständlich, und kämen nie auf die Idee, ein Lob auszusprechen. Ich hatte einmal einen Religonslehrer, der fünfzehn und sechzehnjährige Schüler noch in die Ecke stellte und eine Stunde mit dem Gesicht zur Wand stehen ließ, nur weil er das in seiner eigenen Schulzeit so erlebt hatte. Und diesem Mann konnte ich nie mit Respekt begegnen, der behandelte seine Schüler wie Straftäter.

  • @Alienor
    Was du hier sagst, spricht mir aus der Seele! Ich hatte auch solche Lehrer, wie du sie beschreibst - allerdings Gott sei Dank nicht so extrem wie dieser Religionslehrer!
    Das hat mich damals als Kind in der Schule und in der Pfarre total verblüfft und seelisch fertig gemacht, wenn ich bemerken musste, wie weit salbungsvolle Worte über christliche Nächstenliebe, Mitleid, Verständnis usw. und wirkliches Verhalten (z.B. Kindern gegenüber) auseinanderklafften. Ich hab mir gedacht, bitte, das gibts doch nicht! Da reden diese Kapläne, Pastoralhelfer, Jungschargruppenführer etc. dauernd alle von Gott und benehmen sich zugleich biestig wie die kompletten A...! X(

  • Aramis


    Das stimmt, es ist schon merkwürdig, wie solche Lehrer etwas von Mitleid, Verständnis und Nächstenliebe predigten, dann aber mit ihren Schülern so mies umgehen. Das passt doch irgendwie nicht zusammen.
    Solche Lehrer scheint es wohl überall zu geben, wenn du auch solche hattest...gut, dass du es heute als Lehrerin anders machst. Ich hatte mal einen Lehrer, der hat seinen Lieblingsschülern erlaubt ihn zu duzen und zu denen war er immer freundlich, die anderen, die er nicht mochte, hat er mies behandelt.
    Ich finde ja, dass Lehrer neutral sein und alle Kinder gleich behandeln sollten.

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