Mordaunt und Mylady

  • Wenn ich nacheinander die Musketiere und den VAA lese, fällt mir immer wieder auf, wie viele Parallelen es zwischen den Schicksalen von Mylady und Mordaunt gibt.


    Bei Mylady können wir davon ausgehen, dass sie in einem Kloster aufgezogen wurde, nämlich dem von Templemar. Mordaunt wurde von einem Mönch erzogen, der sich seiner annahm, als er mit fünf Jahren ganz alleine auf den Landstraßen ums Überleben kämpfte.
    Mylady arbeitete als Agentin für den Kardinal, und nutzte diesen außerdem für ihre eigenen Mordpläne...genau das gleiche tat Mordaunt, er war Leutnant unter Cromwell und nutzte diesen ebenfalls für seine Rachepläne.
    Mylady ist im Roman für den Tod Buckinghams verantwortlich, während Mordaunt den Henker bei der Hinrichtung des Königs macht.
    Mylady vergiftet ihren Ehemann Lord Winter, während Mordaunt im VAA seinen Onkel im Kampf tötet.
    Mylady vergiftet Constance, Mordaunt tötet den Henker von Bethune mit einem Dolch.


    In beiden Romanen steigert sich die Dramatik, und genau wie Mylady treibt Mordaunt es schließlich auf die Spitze und muss deswegen am Ende sterben. Beide wollen die Musketiere vernichten und steigern sich in ihre Rachsucht hinein, die am Ende tödlich für sie endet. Während Mylady vom Henker von Lille hingerichtet wird, wird ihr Sohn im VAA von Athos in Notwehr erdolcht.
    Beide enden namenlos, von der Welt vergessen, in einem nassen Grab...Mylady in der Lys, Mordaunt im Meer.


    Ich habe mich immer schon gefragt, ob Dumas das von Anfang an so geplant hat, diese Parrallelen zwischen Mutter und Sohn, dieses dramatische Ende bei beiden, oder ob sich das wohl erst beim Schreiben ergeben hat. Mordaunt mordet mit den typischen Mitteln eines Mannes, während Mylady, wie damals bei Frauen üblich durch Gift mordet.


    Die Schicksale der beiden ähneln sich sehr, und Mordaunt begeht genau die gleichen Fehler wie seine Mutter zwanzig Jahre zuvor, es ist ihm nicht möglich, für sich einen anderen Weg als den der Rache zu finden.


    Besonders tragisch finde ich die Tatsache, dass Mordaunt nicht einmal am Ende, als Athos ihn zu retten versuchte, die Wahrheit erkannte, und erneut versuchte ihn zu ermorden. Und durch diese Notwehr wurde Athos Gewissen noch weiter belastet, obwohl er für diesen Tod gar nichts konnte.
    Meiner Meinung nach hätte Mylady da ganz anders reagiert..sie hätte sich zunächst ins Boot ziehen lassen und dann den richtigen Moment abgewartet um sich zu rächen...Mordaunt dagegen wollte Rache um jeden Preis, selbst um den des eigenen Lebens.


    Wie seht ihr das...sind euch beim Lesen der Romane auch die Parallelen der beiden Schicksale aufgefallen? Ob das wohl von Dumas so gewollt war, oder sich erst beim Schreiben so ergeben hat?

  • Ja, der Apfel fällt offenbar nicht weit vom Stamm. Woher diese Ähnlichkeiten kommen, darüber kann man wohl bloß spekulieren - vielleicht wollte sich Maquet, der hauptsächlich an den VAA arbeitete, nicht allzusehr von der Vorgabe des 1. Teils der Trilogie wegbewegen und verwendete daher (in Absprache mit Dumas oder auch nicht) ähnliche Motive? Vielleicht wollte man den Appetit der Leser mit einer ähnlichen Bösewicht-Figur befriedigen? Das nasse Grab im Fluss bez. im Meer unterstreicht noch die Bösartigkeit der Charaktere, jedes christliche Begräbnis ist ihnen verwehrt. Allerdings gibt es doch einen geringfügigen Unterschied zwischen Mylady und Mordaunt: Sie ist schön wie ein Engel, Mordaunt dagegen scheint die verführerische Schönheit seiner Mutter nicht sonderlich geerbt zu haben, laut seiner körperlichen Beschreibung in den VAA -und er macht auch einen extrem irren, verrückten Eindruck, im Gegensatz zu seiner Mutter, die in jeder Situation (außer vielleicht, als sie d`Artagnan mit einem Dolch attackiert), genau weiß, was sie tut. Aber er hat ja auch ein Kindheitstrauma zu bewältigen und seine tote Mutter zu rächen - das ist doch was anderes als Myladys Ausgangssituation damals.

  • Aramis


    Stimmt, es könnte durchaus sein, dassdamit der Appetit der Leser nach einer weiteren Bösewichtfigur befriedigit werden sollte. Vielleicht dachte Dumas (und auch Maquet) das das was im ersten Roman gut ankam, genauso gut im zweiten ankomnen könnte. Und du hast Recht, durch das nasse Grab ist ihnen jedes christliche Begräbnis verwehrt, vielleicht sollte damit die Bösartigkeit der beiden noch betont werden.
    Du hast Recht, Mylady ist bildschön wie ein Engel, während Mordaunt äußerlich alles andere als anziehend war. Und Mordaunt machte wirklich, im Gegensatz zu ihr, einen sehr verrückten Eindruck. Im VAA gibts ja auch diese Stelle, wo er Raoul eisig kalte Schauder über den Rücken jagte. Und sein Kindheitsdrame könnte wirklich ein Grund für seine schlimmen Taten gewesen sein. Es ist schon tragisch, dass er nicht wissen konnte wie seine Mutter wirklich war und sie so verklärte. MIr schien es beim Lesen auch oft so, als ob Mordaunt zu keinem klaren Gedanken mehr fähig war und auf mich wirkte er auch an manchen Stellen sehr verrückt, während Mylady meistens sehr bedacht handelte und alles was sie tat genau plante.

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