Die dunklen Facetten des VdB

A propos Spezialeffekte, mich würd ja interessieren, wie diese Szene im VdB, in der Louis in der Versenkung verschwindet, in einem Film rüberkommt:

Puis il lui sembla, peu à peu, que le dôme fuyait, échappant à sa vue, et que les figures et les attributs peints par Le Brun s’obscurcissaient dans un éloignement progressif. Un mouvement doux, égal, cadencé, comme celui d’un vaisseau qui plonge sous la vague, avait succédé à l’immobilité du lit. Le roi faisait un rêve sans doute, et, dans ce rêve, la couronne d’or qui attachait les rideaux s’éloignait comme le dôme auquel elle restait suspendue, de sorte que le génie ailé, qui, des deux mains, soutenait cette couronne, semblait appeler vainement le roi, qui disparaissait loin d’elle. Le lit s’enfonçait toujours. Louis, les yeux ouverts, se laissait décevoir par cette cruelle hallucination.

Mir fällt keine Szene in den 3 Romanen ein, die so seltsam unwirklich wirkt wie diese. Warum springt der König nicht auf? Glaubt er tatsächlich, er träume nur?

Hm, auch so ein seltsames Phänomen, im VdB: Louis müsste eigentlich ziemlich betrunken gewesen sein, um da nicht sofort Alarm zu schlagen. Aber ich kann mich nicht erinnern, bei Dumas etwas Entsprechendes gelesen zu haben. Außerdem redet er ohne zu lallen, als er sich den beiden maskierten Gestalten gegenübersieht.

Ich glaub, meine erste Reaktion wär: Huch!! Ein Erdbeben!! Nichts wie raus hier!!

Was mir auch seltsam vorkam, beim Lesen, ist die Tatsache, dass Louis` Bett offenbar direkt unter der Kuppel des Schlosses steht. Schläft der König etwa in der Eingangshalle???

Zitat von Aramis

Puis il lui sembla, peu à peu, que le dôme fuyait, échappant à sa vue...

Ich hab das aus dieser Stelle rausgelesen. Irgendwie werde ich bei dieser ganzen Szene mit der Entführung des Königs aus Porthos nicht schlau. Er sagt beinhart zum König: Si vous faites le mutin, mon jeune ami, je vous enlèverai, je vous roulerai dans un manteau, et, si vous y étouffez, ma foi ! ce sera tant pis pour vous. Ist das nicht ein bissl dick aufgetragen? Denkt er, gegen den unrechtmäßigen König darf er sich das erlauben?

Ich weiß jetzt leider nicht, was genau Aramis Porthos erzählt hat, das müsste ich auch recherchieren...aber wie dem auch sei, ob rechtmäßiger König oder nicht, mich verblüfft diese Drohung, die Porthos da ausspricht. So brutal kann ich ihn mir einfach nicht vorstellen. Wollte er Louis bloß einschüchtern, damit der Ruhe gibt und sich widerstandslos entführen lässt? Auch Louis` Verhalten ist irgendwie seltsam. Ist er zu stolz oder zu ängstlich, um um Hilfe zu rufen?

Zitat von kaloubet

mir scheint, Porthos´spricht da die Sprache eines Abenteurers, eines Wegelagerers fast

Ja, das Ganze hat irgendwie einen räuberischen Anstrich, und mich verblüfft, dass ausgerechnet Porthos da so ohne weiteres mitmacht. Er scheint zu glauben, dass er Aramis blind vertrauen könne/müsse, und als Lohn dafür winke ihm das Herzogtum.

Was Aramis betrifft, so hatte er zuerst gar nicht vor, Athos auf seiner Flucht aufzusuchen, das Fehlen der Postpferde, die der Duc de Beaufort okkupiert hat, hindert ihn und Porthos an der Weiterreise. Und daher sucht er gezwungenermaßen Athos auf. Dieses Motiv gefällt mir auch überhaupt nicht. Was bedeutet ihm sein alter Freund? Schlicht gar nichts? Oder wollte er Athos` Haus bewusst meiden, um diesen nicht in seinen Untergang mit reinzuziehen?

Der VdB ist ein einziges riesiges Kompendium der enttäuschten Hoffnungen, des Aneinandervorbeiredens und -handelns, des gegenseitigen Ausspionierens, Hintergehens und Betrügens und hat so gar nix mehr von der idealistischen Denkungsart der ersten beiden Romane in sich. Irgendwie halt ich das nicht aus

Bezüglich Louise hab ich eine interessante Stelle gefunden: D`Artagnan erklärt im Gespräch mit Raoul auf Sainte- Marguerite, dass Louise den König liebe. Sie sei une honnête fille. Und weiter sagt er:

"Et vous, vous qu’elle abandonne, elle vous aime plus que le roi peut-être, mais d’une autre façon."

Darauf Raoul: "D’Artagnan, croyez-vous bien qu’elle aime le roi ?"

D`Artagnan: "Elle l’aime à l’idolâtrie."

kaloubet Das passt doch irgendwie gut zu unserer Interpretation, nicht wahr?

Zitat von kaloubet

Dumas schien zu glauben, dass im Alter alle idealistischen oder romantischen Verhaltensweisen passé seien,

Was für ein Schmarrn! Ich bin der lebende Gegenbeweis! Romantik und Idealismus sind beileibe nicht an die Jugend gebunden.

Was Aramis` neuerliche Menschwerdung betrifft: Allerdings! *schluchz* aber darüber hab ich mich eh schon zur Genüge ausgelassen...

Ja, wir haben den VdB ein wenig umgemodelt - in unserer Version ist er für mich wesentlich leichter verdaubar.