Anna und Mazarin

  • Weiß man eigentlich was genaues darüber, ob die beiden eine Affäre hatten oder nicht?


    Ich hab mal was von "zweifellos ja" gelesen, es stand dann aber nicht mehr dabei. :rolleyes: Und ein nicht genauer erläutertes "zweifellos" ist mir irgendwie zu wenig...


    Existieren Beweise (Briefe, Memoiren(?), Schriftliches etc.)?

  • Hallo,


    ich kann nicht zuviel zu der Sache sagen. Aber in Biographie "Königinnen auf Zeit" von Anke Muhlstein, bezeichnet die Autorin diese Beziehung als Legende, die wahrscheinlich erst recht spät entstand.
    Allerdings hab ich bisher nicht die Zeit gehabt andere Quellen zu überprüfen.


    Tec

  • Genaues weiß ich auch nicht, aber Merle behauptet ebenfalls, es handle sich dabei um eine Legende ... Aber nahe gestanden hätten sie sich schon, nur eben vor allem politisch. Wobei ich finde, dass man da Merle mit Vorsicht genießen muss, denn er beschreibt Anne zuerst als geistloses Wesen, das nur an das eigene Vergnügen denkt und sich ohne zu überlegen in die Buckingham-Affäre stürzt, und dann, ab der Régence, als bedachte Regentin, die klug zu handeln versteht. Da ist meiner Ansicht nach ein Bruch drin ...

    Wenn es morgens um sechs an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe (W. Churchill)

  • Was Anna und Mazarin angeht, bin ich schon auf die meiner Meinung nach nicht unschlüssige Theorie gestoßen, daß man im Habsburgischen Lager etwas enttäuscht von Annas (Außen-)Politik als Regentin, die ja eher der unter Richelieu vorgezeichneten Linie treu blieb, war und daß man daraus schnell machte, sie handle lediglich unter dem unguten Einfluß Mazarins. Daraus habe sich - so die These - natürlich leicht das Gerücht ableiten lassen, daß dieser Einfluß nicht rein politisch gewesen sei, sondern seine Begründung in einer intimen Beziehung bis hin zu sexueller Hörigkeit gehabt habe - und was interessant klingt, wird gerne weitergetragen und behalten.


    Außerdem soll es wohl zeitgenössisch die Ansicht gegeben haben, Mazarin sei äußerlich vom Typ her Buckingham recht nahegekommen, also die Art von Mann gewesen, die Anna attraktiv gefunden hätte, so daß deshalb getuschelt worden sei - aber diese letzte Information stammt aus einem der populärwissenschaftlichen Bücher von Thea Leitner, die notorisch gern irgendwelche unzuverlässigen bis halbwahren Nachrichten mit einfließen läßt, wenn sie spannend klingen, ist also mit Vorsicht zu genießen.


    Zitat

    Original von kaloubet
    Wobei ich finde, dass man da Merle mit Vorsicht genießen muss, denn er beschreibt Anne zuerst als geistloses Wesen, das nur an das eigene Vergnügen denkt und sich ohne zu überlegen in die Buckingham-Affäre stürzt, und dann, ab der Régence, als bedachte Regentin, die klug zu handeln versteht. Da ist meiner Ansicht nach ein Bruch drin ...


    Das findet man bei Merle aber in der Bewertung und Zeichnung vieler Personen (siehe z.B. auch Bassompierre); es könnte daran liegen, daß Merle seinen jeweiligen Erzähler immer sehr stark auf die Linie des Herrschers, der gerade am Ruder ist, einschwenken läßt und aus der Perspektive heraus die Bewertung bestimmter Gestalten ändert. Aber Du hast recht - bei Anna ist da auch ein gewisser Bruch.

  • Das Buch von Thea Leitner, "Habsburgs verkaufte Töchter", habe ich auch gelesen. Darin wurde ja von einer Liebesbeziehung Annas und Mazarins ausgegangen - aber wie (un)glaubwürdig das Buch ist, wusste ich bisher nicht. Irgendwo (kann sein, dass es Leitners Buch war), habe ich auch gelesen, dass Anna als Regetin ihre Außenpolitik der Linie Richelieus anpasste, weil nach Geburt ihres Sohnes ihre Loyalität zu ihm, dem zukünftigen König Frankreichs, größer war als zu Spanien und ihrer Familie.

    Never going to get to France
    Mary, Queen of Chance, will they find you?
    Never going to get to France
    Could a new romance ever bind you?


    ~ Mike Oldfield & Maggie Reilly

  • Zitat

    Original von Amber
    Das Buch von Thea Leitner, "Habsburgs verkaufte Töchter", habe ich auch gelesen. Darin wurde ja von einer Liebesbeziehung Annas und Mazarins ausgegangen - aber wie (un)glaubwürdig das Buch ist, wusste ich bisher nicht.


    Ich möchte bestimmt nicht generell etwas gegen Frau Leitners Bücher sagen oder anzweifeln, daß sie nach bestem Wissen und Gewissen arbeitet - aber in "Habsburgs verkaufte Töchter", gerade in dem Anna-Kapitel, kolportiert sie einige gängige Vorurteile über das 17. Jh., die teils in der Propaganda im Umkreis der frz. Revolution, teils bei gegen das Ancien Régime gerichteten Historikern des 19. Jhs. ihren Ursprung haben. Bestes Beispiel - das angebliche "Fehlen jeglicher Toilettenanlagen" (Leitner, S. 144 der Ueberreuter-Ausgabe von 1987) auf frz. Schlössern, das so nicht nachweisbar, sondern eine Legende des 19. Jhs. ist.


    Außerdem ist sie in ihren Wertungen parteiischer, als eine seriöse Historikerin es eigentlich sein sollte - was auch immer man von Mme de Chevreuse halten mag, in einem seriösen Buch sollte man sie nicht unbedingt als "Luderchen" (ebd., S. 145) bezeichnen. Und daran, daß für die Hinrichtung des Duc de Montmorency größtenteils gekränkte Eitelkeit und männliche Eifersucht von Seiten des Königs und des Kardinals (ebd., S. 149 f.) verantwortlich gewesen sei, vage ich auch ein bißchen zu zweifeln.

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