kommt drauf an, was du unter einem funktionierenden Rechtssystem verstehst.
Vermutlich bestanden noch Strukturen aus dem Mittelalter bzgl. der Rechte des Adels und der Rechsstädte. Dann ist Graf ja ein relativ hoher Rang, gleich hinter dem Herzog und dürfte daher weitreichende Rechte besessen haben. Es könnte aber auch sein, dass Dumas mittelalterliche Strukturen ins 17. Jhdt übertragen hat.
Auf jeden Fall gibt's aus dem Mittelalter die Begriffe der niederen Gerichtsbarkeitund der hohen Gerichtsbarkeit. Unter Gerichtsherrschaft steht in Wikipedia noch:
Zitat
Die öffentlichen Gerichte unterstanden einem Grafen und waren über Niedergerichtsbarkeit hinaus für die Hoch- oder Blutgerichtsbarkeit, also für die größeren Fälle, zuständig.
Ich glaube nicht, dass Grafen und Herzöge persönlich das Richteramt ausgeübt haben, außer in besonderen Fällen. Und Athos war ja auch nicht in seiner Grafschaft präsent.
Also, ein Todesurteil "durfte" Athos vermutlich aussprechen, allerdings halte ich die Reaktion beim Hängen seiner Frau doch für überzogen. Ich meine, für was wurde sie denn verurteilt? Dafür, dass sie ihr Brandmal verschwiegen hat? Nachvollziehbar wäre das für mich nur in einem ziemlich schrägen Sinn, nämlich, wenn Anne de Breuil durch die Heirat mit dem Grafen de la Fère gewisse Rechte und Privilegien erworben hätte, die ihr nicht mehr genommen werden können. Z.B., aber wie gesagt, das halte ich für eher unwahrscheinlich, wenn ihre Nachkommen, egal ob ehelich oder unehelich, damit auch Erben von Athos wurden. Oder wenn Anne Athos betrogen hätte, im Sinne von Fremdgehen oder beklaut, aber davon wird nichts gesagt. Oder hat Athos sie quasi nochmals für die Tat bestraft für die sie das Brandmal bekam?
Die Geschichte mit dem Henker sieht anders aus, denn nach Lage der Dinge hat sie die ihr vorgeworfenen Taten größtenteils so vollbracht und in Constanzes Fall ist es eindeutig. Allerdings, befand er sich in seiner Grafschaft? Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das Recht der hohen Gerichtsbarkeit außerhalb seiner Grafschaft ausüben konnte. Was zu der Frage führt, wie kam er ausgerechnet zum Henker von Lille? Wußte Athos von dessen Bekanntschaft mit Anne?
Was den Freibrief des Kardinals angeht, kirchliche Herren waren den weltlichen in vielen Dingen gleichgestellt. Zudem hatte Richelieu auch weltliche Macht, da er gleichzeitig ein Herzog war. Als 1. Minister hätte ihn vermutlich eh kein Richter umgehen können.
Und das mit Straftaten decken, na ja Berlusconi macht das doch auch? Na ja, Morde nicht grade .
Eigenartig ist, dass der Kardinal den Freibrief gelten läßt und d'Artagnan zum Leutnant befördert, statt ihn zu bestrafen. Denn bei wem könnte d'Artagnan sich wegen Willkür von des Kardinals Seite beschweren?