

























Herrlich, einfach herrlich, ich liebe deine Filmkritiken! Und nein, ich habe nichts zu bekritteln, du hast mit allem Recht, das ist das Schlimme dran.
Dennoch finde ich den Film nicht schlecht und jetzt komme ich in Erklärungsnot
- versuchen wir es mal. Also, da waren keine Luftschiffe. Doch, echt, das ist ein wichtiger Punkt, der Regisseur blieb auf dem - teilweise unter dem - Boden der Tatsachen, nichts war amerikanisch extrem, keine Kutschen, die mit Pulversätzen in die Luft flogen oder ähnlicher Mist. Die Stuntszenen beschränkten sich auf die Verfolgungsjagd zu Pferd (die ich wirklich gut fand, Luraschi sei Dank) und die Kampfszenen, die allerdings ausgebaut gehört hätten.
In Sachen Kostüme bin ich nicht anspruchsvoll, muss ich gestehen, mir reicht es, wenn es keine Föhnfrisuren hat, die nach dem x-ten Durchschwimmen des Ärmelkanals noch immer perfekt liegen. Oder weiße Hemden, die nach der Kneipenschlägerei immer noch blütenweiß sind, sowas regt mich auf. Dreck scheint in heutigen Filmen, die vor dem 19. Jahrhundert spielen, einfach dazuzugehören, so nach dem Motto: Die Menschen sind dreckig, sie haben keine Zähne mehr und Ratten hat´s auch, also sind wir wann? Ganz genau, Mittelalter oder frühe Neuzeit. Aber ich fand es in diesem Film jetzt nicht ganz so schlimm, was aber zugegebenermaßen daran liegen kann, dass die Farben eh alle ins Dunkle abtauchten und man Details nicht so wahrnahm. Oder vielleicht sollte ich mir eine Brille zulegen, keine Ahnung
Was war noch in Ordnung? Hm, also die Herren selber fand ich ansehnlich. Doch, durchaus, auch Aramis, ich fand, er hatte was, ist vielleicht die weibliche Sicht
. An ein, zwei Stellen kam tatsächlich seine Ambivalenz ein wenig rüber, so ein Hauch, ich könnte allerdings seine Replik jetzt nicht zitieren, dazu müsste ich den Film nochmal sehen. Athos ist zu alt, das hast du gesagt, aber nicht unansehnlich und - er ist KEIN TRUNKENBOLD! Das allein ist schon ein Lichtblick, man denke nur an den unsäglichen Lesterfilm (der viele Qualitäten hat, aber Athos hat er abgebügelt). Hier darf er tatsächlich ein melancholischer Mann sein, dem die Vergangenheit auf der Seele liegt. Und er darf seinen ganzen, historischen Namen nennen, was ich allerdings nicht so ganz verstanden habe. Denn der historische Athos wäre ja gleich nach dem ersten Duell tot gewesen, warum verwendet man seinen Namen? Und warum nennt er ihn? Doch das ist nicht schlimm, auch die Idee, er habe einen Bruder und dieser sei Hugenotte, fand ich interessant. Dass seine Familie dies auch sei ... dazu ist mir der Athos aus dem Buch zu gut katholisch und zu gläubig, er verliert seinen Glauben ja erst im VdB und auch da nicht wirklich. Aber egal, es tun sich in dieser Hinsicht spannende Möglichkeiten auf, mal sehen, was dem zweiten Teil dazu einfällt. Was ich im Hinblick auf Athos aber eindeutig ooc fand: Er hat seine Frau dem Gericht übergeben. Nein. Das passt nicht. Er ist keine Krämerseele, er hat sie gehenkt, ein Mord, jawoll! Er ist ein Mörder, aber das haben sie reingewaschen (so wie Madame Bonacieux) und das ist schade. Immerhin durfte er sagen, dass er sie auch hätte vergewaltigen können ...
Porthos kommt bis jetzt zu kurz, da hast du Recht. Insgesamt empfinde ich die Charaktere als zu bruchstückhaft, es fühlt sich an, als würde man nur Ausschnitte sehen, der Zusammenhang, die Entwicklung fehlen völlig. Und d´Artagnan am Ende des ersten Abschnitts gleich Lieutenant??? Hallo?? Er war kein Musketier! Doch da habe ich auch ein ABER - nämlich: ABER der Film war zuerst als Trilogie angelegt. Er soll ja als Miniserie auf Disney+ erscheinen, heißt es. Meine Theorie: Sie haben zu viel geschnitten und nur die wichtigsten Szenen aneinandergereiht. Mal gucken, ob ich Recht habe und ob die Serie (so sie denn erscheint) schlüssiger ist.
Hm, was fand ich gut? Richtig gut? Dass sie den Konflikt um La Rochelle und die Hugenotten in den Mittelpunkt stellen. Naja, das klingt jetzt zu hochwertig, nein, im Moment ist das Ganze nur angelegt, aber ich hege die Hoffnung, dass genau das im zweiten Teil wichtig werden wird. Und da hoffe ich dann auf eine schlüssigere Geschichte um Benjamin herum. Vermutlich wird da auch Richelieu mehr zu sagen haben, der im ersten Teil seltsam blass, fast inexistent rüberkommt. Auf jeden Fall nicht wie der erste Minister Frankreichs. Und die Königin wirkt wirklich wie eine Schülerin, meine Güte, ein wenig hübscher hätten sie sie schon schminken können und eine bessere Frisur hätte ich ihr auch gegönnt. Öhm. Was will Buckingham von ihr? Und was will sie von ihm? Aber das ist eine Frage, die ich mir auch im Buch gestellt habe, was will jemand von einem arroganten, oberflächlichen, narzisstischen Schönling wie Buckingham?
Ok, also, so richtig retten kann ich den Film nicht, ich fand ich einfach nur ´nicht schlecht´. Sprich, angenehm zu gucken, nichts, worüber ich mich so richtig aufrege. Aber auch nichts, was mitreißt, und das macht mir Sorgen. Denn immerhin wollten sie die ganzen drei Bücher verfilmen, wenn dieser hier gut liefe, die Leute auf Belle Ile freuen sich schon ... hmja, ich befürchte, sie freuen sich zu früh. Der Russische hat, bei allen Schwächen, zehnmal mehr Drive und ist um Längen dichter bei den Charakteren. Aber wie gesagt, vielleicht liegt es einfach daran, dass wir hier nur einen Ausschnitt zu sehen bekommen. Vielleicht - hoffentlich - reißt es die Serie (oder die extendet Version) noch raus? Wobei manche Szenen schon peinlich sind, der eingegrabene d´Artagnan hätte nicht sein müssen
. Aber so im Großen und Ganzen kann man den Film gucken, er reiht sich nicht bei den besten ein, aber bei den durchaus ansehnlichen. Doch das ist ein mageres Zeugnis für einen Film, der wirklich gute Schauspieler und eine Menge Geld verbraten hat. Man möchte sich mit dem Regisseur hinsetzen und sagen, ´Komm, lass uns mal ein richtig gutes Buch lesen. Kennst du das? Wurde von Dumas geschrieben ...`