Ich denke, folgende Frage hat einen eigenen thread verdient: Warum, denkt ihr, hat Dumas in seinem Roman so viele Abweichungen 1. von seiner Vorlage "Ich, d'artagnan" sowie 2. von der Realität vorgenommen?
ich geh mal davon aus, dass ihr gaaanz viele theorien dazu aufstellen könnt
ich werd zwar in nächster zeit nich allzu häufig hier vorbeischauen können, aber euch auf jeden fall viel spaß
Dumas' Abweichungen
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Ich bin auch noch keine Expertin, weil ich erst seit diesem Jahr so musketierbegeistert bin, aber ich will mal versuchen, meine Meinung dazu zu schreiben.
Ich vermute, dass Dumas sich teilweise auch auf den älteren Bruder von d´Artagnan, Charles d´Artagnan, der 1608 geboren war, also in dem Jahr, in dem d´Artagnan im Roman geboren war. Es ist also durchaus möglich, dass Dumas nicht wusste, dass es zwei Brüder waren, und davon ausging, dass es sich dabei um ein und denselben Charles d´Artagnan handelte.
Ich d´Artagnan habe ich leider noch nicht gelesen, weil ich es nirgendwo auf Deutsch finden konnte, ich kenne es also nur vom Hörensagen.
Meiner Meinung nach hat Dumas, was heute noch viele Autoren historischer Romane tun, die Geschichte ein paar Jahre vordatiert, weil so viele Ereignisse, die für seinen Roman von entscheidender Bedeutung waren, wie die Ermordung Buckinghams, schon viel früher stattfanden.
Was mich betrifft, mich persönlich würde mal interessieren, wie er den Charakter der Mylady erschaffen hat, was ihm dafür als Inspiration/vorlage gedient hat.
Meiner Meinung nach könnte ihm ja diese Frau, über die er auch ein Essay geschrieben hat, als Vorlage für den Charakter der Mylady gedient haben.Madeleine Brinvilliers, Dumas Vorlage für Mylady?
Die Dame hat exakt genauso viele Morde begangen wie Mylady im Roman, und genau wie Mylady wurde sie im belgischen Grenzgebiet augegriffen, wo sie sich in ein Kloster geflüchtet hatte. Und gerade weil Dumas über diese Dame ein Essay geschrieben hat, ist zu vermuten, dass er einiges davon auch für seine Romanfigur der Mylady vewendet hat.
Hoffe, ich konnte dir ein wenig weiterhelfen.
Und hier gibts bestimmt auch einíge, die Ich, d´Artagnan gelesen haben, und dir diesbezüglich weiterhelfen können. -
Antwort:
Weil er Schriftsteller war. Das war sein Job.
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2Times
Schriftsteller sind meines Wissens nicht verpflichtet, die Geschichte zu "verbiegen". Romanautoren sind aber auch nicht verpflichtet historisch korrekte Abhandlungen abzuliefern!APAD
Also, ich finde das Thema der Abweichungen schon ziemlich spannend. Leider können wir Herr Dumas nicht fragen :), daher ist es ziemlich schwierig, seine Intention zu verstehen.Interessant ist sicher ein Vergleich, wo bewegt sich Dumas im historischen Kontext, wo weicht er davon ab? Und wie bewußt sind diese Abweichungen? Das sind aber auch wieder sehr komplexe Fragen, für die man sich in der Literatur-Geschichte auskennen müßte.Trotzdem, ein paar Überlegungen dazu:
- Dumas veröffentlichte Die drei Musketiere rund 200 Jahre nach den beschriebenen Ereignissen.
- Es gab nichts, was mit dem Internet vergleichbar wäre.
- Wieviel Recherche konnte Dumas durchführen, bzw. welche Veröffentlichungen waren verfügbar?
- Wie intensiv wollte Dumas recherchieren?Ich nehme an, dass Ich, d'Artagnan die Hauptinspiration war. Vermutlich war es auch damals keine schriftstellerische Tugend, Geschichten anderer Autoren zu klauen, damit durfte er sich nicht zu nahe daran bewegen. Die drei Musketiere erschienen als Fortsetzungsromane in Le siècle, das bedeutet, Dumas mußte sich den Gesetzmäßigkeiten dieser Literaturform des Fortsetzungsromanes unterwerfen. Dies beinhaltet auch, das das Kapitelende einen Cliffhanger haben sollte, der die Erwartung auf das nächste Kapitel weckt. Außerdem ist der Schriftsteller durch die regelmäßigen Erscheinungstermine auch unter einem gewissen Zeitdruck, wenn er nicht alles vorher fertig hat. Das war aber bei anderen Autoren von Kolportage-Romanen auch nicht der Fall.
Ich nehme nicht an, dass Dumas sich einfach geirrt hat, obwohl das auch sein könnte. Ich nehme eher an, dass ihn gewisse Ereignisse, Gerüchte und (Pseudo-) Memoiren interessiert haben und er das alles in seinem Roman verarbeitet hat. So riesig sind die Abweichungen nun auch nicht!
Die Gründung der Musketiere erfolgte 1622
La Rochelle wurde von 1627-1628 belagert
In Twenty Years After habe ich ja den Hinweis auf ein Gedicht gefunden, das die Beziehung zwischen Königin Anna und Herzog von Buckingham zum Inhalt haben soll (Ich finde es etwas schwierig, das aus den Versen abzulesen). Möglicherweise gab es ja Gerüchte, über eine solche Beziehung. Und solche Gerüchte bieten ja einen sehr spannenden Hintergrund für Romane.
Hätte Dumas d'Artagnans Biographie stärker gewichtet, dann hätte er nur über Mazarin und Königin Anna schreiben können, was er in zwanzig Jahre nachher ja auch tat.Ich kann euch eigentlich nur empfehlen, euch mal selbst an einer kurzen Musketier-Geschichte zu versuchen. Dabei werdet ihr sicher interessante Erkenntnisse zu diesem Thema gewinnen.
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Ich finds ganz in Ordnung, wenn Romanautoren die Geschichte ein wenig durcheinanderbringen und Ereignisse vor oder nachverlegen. Allerdings nur, wenn sie es nicht übertreiben. Ich habe mal einen Roman gelesen "Die Ritterin des Königs"; in dem der Autor die Ereignisse eines Jahrhunderts einfach mal eben so in zwei Jahrhunderte packte, so dass sich die Liebesgeschichte von Abelard und Heloise zur gleichen Zeit ereignete wie der Kinderkreuzzug und der Tod von Richard Löwenherz. Für mich als Leser war das doch sehr verwirrend...denn in dem Roman war Löwenherz Mutter noch mit ihrem ersten Mann König Louis VII von Frankreich verheiratet, während ihr Sohn aus zweiter Ehe bereits verstarb...solche Pannen dürften Autoren eigentlich nicht passieren. Dass Dumas das Ganze fünfzehn Jahre vordatiert hat ist nicht weiter tragisch, es tut der Qualität des Romans keinen Abbruch. Zeitliche Schwankungen sind also möglich, wenn der Autor oder die Autorin darauf achtet, dass dadurch keine kuriosen zeitlichen Überschneidungen entstehen.
Und Dumas blieb ja auch nicht in allem historisch korrekt, der historische Athos beispielsweise starb schon mit 26 Jahren bei einem Duell, während der Romanathos 65 Jahre alt wurde, und Raoul de Bragélonne, (den es übrigens wirklich gab, und der sich aus Liebeskummer wegen Louise de La Valiere das Leben nahm) als Sohn bekam.
Der historische Raoul war weder der Sohn von Athos noch der der Chevreuse, auch da hatte sich Dumas ein wenig schriftstellerische Freiheit, die ich in diesem Fall sehr gelungen finde, herausgenommen. Das einzige was ich da zu bemängeln habe war das tragische Ende von Athos und Raoul, aber Athos war wohl von Dumas von Anfang an als tragische Figur angelegt. Dumas ist das gelungen, womit sich heute so mancher Autor schwer tut, er hat geschickt Historie mit Fiktion vermischt.
Was ich jedem nur empfehlen kann, sind Romane von Rebecca Gable, ihr gelingt es ebenfalls sehr gut, Fiktion mit Historie zu vermischen. -
@Astrid: Über Buckingham und Anna gab es anscheinend mehr als nur Gerüchte, die beiden haben sich in einem Park, dessen Namen mir entfallen ist, von der Gesellschaft zurückgezogen und Anna hat einen Schrei ausgestoßen. Zumindest nach den Augenzeugenberichten. Daraufhin kehrte sie wohl etwas derangiert zur Gesellschaft zurück. Was genau passiert ist, wird wohl niemand mehr herausfinden, aber anscheinend mochten sich die beiden. Zumindest so sehr, dass sie sich gemeinsam zurückzogen, was auch immer das heißen mag. Kann ja auch Zufall gewesen sein und eine Maus, Ratte, Elefant?? lief ihnen über den Weg .
Was Dumas angeht, da gibt es ja das berühmte Zitat mit der Geschichte und den Kindern, das finde ich aussagekräftig. Ich glaube, dass es ihm zuerst einmal um die Story ging, die musste gut sein, und im zweiten um die Geschichte, die er halt mehr oder weniger passend machte. Aber zu sehr mochte er sie auch nicht vergewaltigen, die großen Linien stimmen ja. -
kaloubet
Das ist doch unwiderstehlich: Anna und Buckingham, dazu die Belagerung von La Rochelle und die Memoiren eines Soldaten aus dem Umfeld des Königs. Da mußte Dumas ja einen Roman draus machen. Bzw. einen Fortsetzungsroman. Es ist schließlich ein Roman, da darf der Autor die Geschichte "verbiegen". -
2Times
Schriftsteller sind meines Wissens nicht verpflichtet, die Geschichte zu "verbiegen". Romanautoren sind aber auch nicht verpflichtet historisch korrekte Abhandlungen abzuliefern!
Eben! Er kann mit einer Vorlage machen was er will. Und wenn er Außerirdische mit reinschreibt.Wenn es besser zu seim Plot passt, dann wird ein Autor das immer machen.
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Siehe Dan Brown beim Da Vinci Code. Da finde ich es bedenklich, dass er auf der Wahrheit beharrt und es auch so darstelllt, als sei seine Version die richtige, zumindest im Roman. Er beruft sich ja auf die schriftstellerische Freiheit, aber doch ziemlich unterschwellig. Dumas war da offener und gab eindeutig zu, die Geschichte zu verbiegen. Außerirdische? Hätte was
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Hm...das wäre vielleicht auch mal Stoff für ne FF...Porthos, Athos, Aramis, d´Artagnan und eine Begegnung der dritten Art..stell ich mir ganz witzig vor
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Ist vielleicht was für die Fortsetzung des neuesten Musketierfilms. Ob nun fliegende Untertassen oder fliegende Schiffe...
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Da hat mich bei "Der Mann mit der eisernen Maske" mit Leonardo di Caprio der Abspann so gestört, weil die Ami's es so hingestellt haben, als wäre der Austausch tatsächlich erfolgreich gewesen. Und das ist nicht der Einzige Film, wo die das so treiben.
Beim Da vinci code fand ich das auch ärgerlich. Bei einem Bericht, der die tatsächliche Bedeutung der Symbole auf dem Dollar-Schein erläutert hatte, mußte ich dann Grinsen, was man da so alles hineininterpretieren kann . Dabei ist es so einfach: die dreizehn Stufen der Pyramide stehen für die Gründungsstaaten (wie auch die Streifen auf der Flagge), das hatten wir in der Schule!
Manchmal frage ich mich schon, was die Ami's in der Schule lernen.
Außerirdische? Klingt nach 'ner Geschichte für eine Stargate oder Enterprise-Episode. Tja, scheint so, dass die das auch verwurstet haben:
ZitatDie drei Musketiere ist ein Holoroman von Lieutenant Barclay.
Anfang 2375 unterhalten sich Worf und Chief O'Brien über alte Zeiten und sprechen auch über das Holodeckprogramm Die drei Musketiere von Barclay. (DS9: Das Gesicht im Sand) -
@Astrid
Naja, in dem Film wareren ja auch noch mehr Fehler..wie zum Beispiel die Affaire von d´Artagnan und Königin Anna.
Ich hab den Film damals mit vierzehn gesehen, und danach fast dreizehn Jahre lang geglaubt, dass das im Roman auch so war, und als ich dieses Jahr "Die drei Musketiere" gelesen habe, hab ich mich immer gefragt, wann d´Artagnans und Annas Affaire wohl beginnen wird.
Und beim "Eiserne Maske" Roman war ich auch überrascht, als der Austausch misslang, denn ich hätte das gleiche Ende wie im Film erwartet.
Ausserdem war ich auch sehr verwundert, dass Athos im Roman starb und mit Raoul zusammen beerdigt wurde, auch da hatte ich geglaubt, er würde, genau wie im Film seinen Freunden bei dem Austausch helfen, und später Philippes Ersatzvater werden.
Der Film ist nicht schlecht, aber man hätte mehr rausholen können, wenn man sich an die Vorlage gehalten hätte. Und bis heute frag ich mich wieso aus Louise de La Valiere eine Christine Belfour gemacht wurde, die am Ende Selbstmord beging, obwohl es im Roman ja Raoul war, der aus Liebeskummer in den Tod ging.Leute, die die Romane nicht gelesen haben, merken das natürlich gar nicht, aber wenn man die Romane kennt, fallen einem schon die Fehler auf.
Was mich immer wieder wundert, ist, dass es unzählige "Die drei Musketiere" und "Der Mann in der Eisernen Maske" Verfilmungen gibt, sich aber irgendwie keiner an "20 Jahre später" heranwagen will, obwohl das auch Potenzial hätte.
Es gab zwar mal "Die Rückkehr der Musketiere"; ein Film, der einige Elemente aus "20 Jahre später" enthielt, aber da machte man Mordaunt dann einfach zu einer Justine, und Raoul eben mal zehn Jahre älter, und Athos war noch ein Trinker.
Ich würde mich freuen, wenn Hollywood irgendwann mal "20 Jahre später" entsprechend der Buchvorlage verfilmen würde. -
@ alienor:
Ich d´Artagnan habe ich leider noch nicht gelesen, weil ich es nirgendwo auf Deutsch finden konnte, ich kenne es also nur vom Hörensagen.
guck mal hier: http://www.amazon.de/gp/offer-…ed?ie=UTF8&condition=used - da hab ich meins auch her die bücher sind zwar gebraucht, aber ich glaub komplett neu bekommst du es nirgendwo mehr.... -
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Meine Mutter hat schon immer gesagt: Wenn du das Buch kennst, dann ist der Film dazu meistens schlecht.
Leider trifft das häufig zu.
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@Astrid
Stimmt, da hatte deine Mutter wohl Recht. Die meisten Buchverfilmungen reichten nicht mal annähernd an den Roman heran (die einzige Buchverfilmung, die ich besser fand als die Romane waren die Herr der Ringe Filme)
Was mich auch immer sehr verwirrt, ist, wenn ich Romanverfilmungen sehe, und den Roman dazu nicht kenne, diese Woche gabs beispielsweise zweimal eine Romanverfilmung zu "Die Katze", und die erste Verfilmung endete mit dem Tod des Ehepaares, die zweite damit, dass die Frau zum stummen Pflegefall wurde.
Da weiss man gar nicht, welche Version denn nun dem Roman entspricht, oder ob der vielleicht nochmal ganz anders ist, aber immerhin animiert einen das dann, den Roman mal zu lesen, das ist das einzig Gute daran.Nun, ich glaube, "Die drei Musketiere", "20 Jahre später" und "Der Vicomte de Bragelonne" sind so gute Romane, dass da keine Verfilmung heranreichen könnte...
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in ich, d'Artagnan steht aber kaum was zu richelieu... das heißt dumas hätte sich einfach an den damaligen stereotyp richelieu halten können - stattdessen stellt er richelieu dynamisch & relativ jung (^^) dar, also eigtl das komplette ggteil des üblichen bildes. fällt euch ein grund dafür ein?! oder denkt ihr, dumas verfolgte damit keine bestimmte absicht & hat mal wieder von seinem recht der schriftstellerischen freiheit gebrauch gemacht?
euch allen nen schönen sonntag
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@Astrid
Stimmt, da hatte deine Mutter wohl Recht. Die meisten Buchverfilmungen reichten nicht mal annähernd an den Roman heran (die einzige Buchverfilmung, die ich besser fand als die Romane waren die Herr der Ringe Filme)
Ja, ich habe noch keine Romanverfilmung gesehen die so nahe am Buch war! Das war und ist wahnsinn!
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du darfst nicht vergessen, dass d'Artagnan's Zeit bei den Musketieren deutlich später begann, als bei Dumas. D'Artagnan kam erst 1640 nach Paris, zwei Jahre später starb bereits Kardinal Richelieu. D'Artagnans Kontakte dürften sich daher mit aufsteigender Soldatenlaufbahn eher auf Mazarin und Ludwig XIV bezogen haben.
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