Ein weiblicher Musketier

  • @Aliénor: Glaub ich nicht, dass das die Wohnung in der rue Férou war, da wird nie Bezug drauf genommen. Das dürfte eine eigene Wohnung gewesen sein. Athos logiert, wenn ich mich richtig erinnere, im Hotel ...


    Ja, du erinnerst dich richtig! So habe ich es nämlich auch in Erinnerung - es war eine eigene Wohnung in der rue Férou. Athos hat in einem Hotel logiert. Ich versuche schon die ganze Zeit den Namen zu recherchieren, weil ich mir sicher bin, dass er genannt wurde aber ich finde leider keinerlei Hinweise. :(

  • Also, um auf das Thema "Weiblicher Musketier - möglich oder nicht?" zurückzukommen: Ich hab vor geraumer Zeit mal eine Reihe von Büchern zum Thema Frauen in Männerkleidern gewälzt (dieses Interesse beruht, ich gebs zu, auf eigenen Bedürfnissen in dieser Richtung - verschämt grins!) und was ich da gefunden hab, an historischen Recherchen, lässt den Schluss zu, dass es im Verlauf der Jahrhunderte von weiblichen Soldaten, die als Männer verkleidet waren, nur so gewimmelt haben muss - allerdings waren diese Frauen bez. Transvestitinnen meist aus ärmeren Schichten, die oft als weibliche Arbeitskraft keinen Job fanden oder so unterbezahlt waren, dass sie von ihrem Lohn als Spinnerin, Näherin etc. nicht leben konnten; oft waren es auch Waisenmädchen, die vor einem prügelnden Vormund, aus dem Waisenhaus etc. flohen, oder Mädchen, die einem Schicksal als Prostituierte entgehen wollten. (Kommt ja auch als Anspielung in einer Episode der engl. TVSerie "Blackadder"vor, die in der Renaissance spielt)
    Ein interessantes Buch zu diesem Thema ist beispielsweise "Frauen in Männerkleidern" von Rudolf Dekker /Lotte van der Pol, oder "Les guerrières" von Armand Charmain alias Colonel Romain, vollgestopft mit kriegerischen Frauen in Männerkleidern quer durch die Jahrhunderte, das aber sicher nur mehr antiquarisch erhältlich ist, wenn überhaupt. Dass es zu jeder Epoche Frauen gab, die reiten, schießen und fechten konnten, steht außer Zweifel, und dass sie dies auch oft unerkannt und in Männerkleidern taten, ist eine ebensolche Tatsache. Ich frag mich nur, was sie machten, wenn sie die Regel hatten - laut Tallement des Réaux täuschte Madame de Chevreuse, als sie in Männerkleidern nach Spaniern floh und "von ihrem Monatsfluss überrascht wurde", eine Duellverletzung vor -

  • Aramis


    Ich halte es auch durchaus für möglich, dass es Frauen gab, die als Männer verkleidet in ein Regiment eintraten, allerdings glaube ich nicht, dass dies bei den Musketieren möglich war. Diese waren ja ein Eliteregiment, und dort wurde genau geprüft, wer aufgenommen wurde, und meistens nahm man dort nur Abkömmlinge bestimmter Familien auf. Eine Duellverletzung vorzutäuschen wenn man die Regel hatte, war sicherlich ein kluger Schachzug, jedoch funktionierte das sicherlich nur einmal.
    In anderen Regimentern dürfte es allerdings möglich gewesen sein, da wurde fast jeder aufgenommen, vor allem während des dreißigjährigen Kriegs war man nicht wählerisch was die Rekruten anging. Und Frauen hatten damals manchmal wohl leider wirklich keine andere Wahl.
    Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass es in Deutschland damals Frauen gab, die sich als Männer verkleideten und Soldat wurden, um der damals wütenden Inquisition zu entkommen, es gab damals Städte, in denen wurden Hunderte von Frauen als vermeintliche Hexen hingerichtet.
    Im Film "Die Päpstin" bekommt Johanna im Kloster als Bruder Johannes auch die Regel, und soweit ich mich erinnere, sagte sie da, sie hätte sich bei der Gartenarbeit verletzt. Ich vermute, dass die Frauen, wenn die Zeit ihrer Regel kam, häufig schon vorsorglich Leinenbinden trugen, und besonders dunkle Kleidung wählten.
    Ich finde es ja interessant, wie häufig dieses Verkleidungsthema in historischen Romanen gewählt wird, in fast jedem zweiten Roman verkleidet die Heldin sich als Mann und schlittert von einer Gefahr in die andere

  • @Alienor
    Ja, klar, in einem Eliteregiment, wo auch Protektion viel zählt, war es sicher kaum möglich, als Frau unerkannt unterzukommen; aber wie gesagt, die Möglichkeit Soldat oder Matrose (z.B.bei der holländischen OOC) zu werden, scheinen viele Frauen genutzt zu haben. Wobei die Akten und Berichte sich ja schließlich nur auf die beziehen, die man entdeckt hat -
    In der 2. Hälfte des 19.Jh. scheint sich das mit verkleideten Frauen in der Armee aufgehört zu haben, weil man die Rekruten da schon routinemäßig ärztlich untersuchte.

  • Aramis


    Und genau wie bei den Päpsten stellt sich da die Frage, warum man zu diesem Zeitpunkt die Männer routinemäßig zu untersuchen begann. Ich vermute, dass damals wohl eine Frau enttarnt wurde, und man in der Folge dann alle Rekruten vor der Aufnahme untersuchte.
    Genauso war es ja bei den Päpsten, die jahrhundertelang auf einem speziellen Stuhl, der unten ein großes Loch hatte, Platz nehmen mussten, damit dann jemand unter den Stuhl schauen und bestätigen konnte, dass es sich um einen Papst, und nicht um eine Päpstin handelte. Für mich ist das ein eindeutiger Belegt für die Existenz der Päpstin.
    Als Matrose anzuheuern war dabei sicherlich die gefährlichste Variante, wenn eine Frau da enttarnt wurde, dann bot sich ihr keine Möglichkeit zur Flucht, und man kann sich ungefähr denken, was die Matrosen dann mit ihr machten.
    Damals hatten die Frauen traurigerweise ja nicht viele Optionen, sie konnten nur Mutter und Ehefrau, Nonne oder Prostituierte werden, oder lästiges, lediges Anhängsel in den Familien ihrer Geschwister. Bei so wenigen Möglichkeiten ist es nur verständlich, dass es Frauen gab, die sich als Mann verkleideten, um selbst ihren Lebensweg bestimmen zu können. Ich könnte mir vorstellen, dass es auch einge weibliche Priester gab, die nicht entdeckt wurden, und ihre Rolle mit den Jahren immer besser spielten.
    Als Soldat zu bestehen war da schon schwieriger, denn wenn sie im Kampf verletzt wurden und ins Lazarett kamen, dann flog ihr wahres Geschlecht sofort auf, sie lebten also in ständiger Furcht vor Entdeckung.

  • @Alienor
    ja, du hast ganz recht, eine Verwundung im Kampf oder Krankheit waren die häufigste Ursache einer Enttarnung. Was die Vorgesetzen betraf, waren die Reaktionen sehr verschieden: von Verhaftung, Rausschmiss über Belobigung für besondere Tapferkeit und Beförderung bis zur (sozusagen) Zwangsverheiratung reichte die Palette, wenn man den historischen Recherchen glauben darf. Manchmal wurden einzelne Frauen auch hingerichtet, aber nicht wegen Transvestitentums, sondern weil sie Verbrechen begangen hatten, z.B. eine andere Frau geheiratet, damit schweren Betrug begangen und das Ehesakrament entweiht hatten, oder Räuberinnen, Piratinnen etc. waren. Oft sagten sie dann vor Gericht, sie wären schwanger, um einem Todesurteil zu entgehen (ich glaub, die Piratinnen Anne Bonney und Mary Read waren solche Fälle - da muss ich gleich an Deine Geschichte "Athos`Dämonen" denken!) Dass es die Päpstin wirklich gegeben hat, denke ich auch - das ist einfach zu gut, um erfunden zu sein!
    Die medizinische Untersuchung beim Militär sollte sicher auch klarstellen, dass mit dem Rekruten alles "stimmte".

    Troja stand in Flammen. Alles war im A**** (Homer, Ilias, 1. Versuch)

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  • Aramis


    Erstaunlich, es gab wirklich Vorgesetzte, die, nachdem die Frauen enttarnt waren, ihnen eine Belobigung für ihre Tapferkeit und eine Beförderung gaben?
    Das würde auf jeden Fall zeigen, dass es damals auch Männer gab, die nicht ganz und gar vom patriarchalischen Weltbild geprägt waren.
    Ich finde es schlimm, dass man manche der Frauen zwangsverheiratete, was damals beinahe so schlimm war wie der Tod, diese Frauen waren dann für den Rest ihres Lebens in einer lieblosen, trostlosen Ehe gefangen.
    Wow, prima, du hast mich gerade auf eine bestimmte Idee für meine FF gebracht, indem du diese Piratinnen und ihr Vorgehen, der Todesstrafe durch das Vortäuschen einer Schwangerschaft zu entgehen, geschildert hast. Ich denke, das werde ich aufgreifen, und irgendwas mit Maribel in dieser Richtung machen.
    Ja, und in Rom gibt es immer noch einen Altar mit Blumen an der Stelle, an der die Päpstin laut Legende ums Leben gekommen sein soll. Ich persönlich vermute, dass man ihren Namen nicht aus den Kirchenbüchern gelöscht hat, sondern sie als Papst Johannes stehen ließ, und nur ihre Todesart wegließ.
    Und was ich erschreckend finde, ist, dass die katholische Kirche noch heute Frauen vom Priesteramt ausschließt, und das im 21. Jahrhundert, meiner Meinung nach ein Armutszeugnis.
    Aber ich wollte jetzt natürlich nicht zu weit vom Thema abweichen.

  • @Alienor
    Wie ist die Päpstin gestorben? Bitte entschuldige meine Ignoranz, was dieses Thema angeht!
    Es freut mich, dich auf eine Idee gebracht zu haben, was Maribel betrifft! In Bezug auf katholische Kirche kann ich nur sagen, dass ich diesen Verein mittlerweile bloß mitleidig belächle - ein Haufen maskuliner Popanze, die da glauben, sie wären immer noch im finsteren Mittelalter. Äh, Pardon, falls ich da jetzt deiner Meinung nach über die Stränge geschlagen habe -

  • Aramis


    Die Päpstin war schwanger von einem Ritter namens Gerold, und dann bekam sie ausgerechnet bei der Osterprozession durch Rom ihre Wehen, und als den Menschen klar wurde, dass ihr Papst ein Kind gebar, merkten sie, dass es eine Frau war, und töteten Johanna durch Steinwürfe.
    Das hat mit Ignoranz nichts zu tun, ich weiss es auch nur, weil ich mich schon viel mit der Päpstin beschäftigt habe, ich habe den Roman gut viermal gelesen, und früher auch FFs dazu geschrieben.
    Deine Meinung ist ähnlich wie meine, ich denke auch, dass die katholische Kirche irgendwo im finstersten Mittelalter steckengeblieben ist, und nicht bereit ist, sich durch Reformen an die neue Zeit anzupassen.

  • @Alienor
    Oh, vielen Dank für die Aufklärung! Das ist ja ganz grauslich! Ist der Tod der Päpstin in der Verfilmung auch so rübergekommen? Das war ja praktisch eine Steinigung!
    Diese Idioten, die jemanden umbringen, nur weil dieser Mensch nicht ins dumme, zumeist von den männlichen Schwachköpfen auf diesem Planeten erzeugten Genderschema passt! Das kann mich echt aufregen!

  • Aramis


    In der Verfilmung war das eine total traurige Szene, bei der mir wirklich die Tränen kamen ;(
    Gerold, der Mann, den die Päpstin liebte, und der der Vater des ungeborenen Kindes war, war von ihr zum Hauptmann ihrer Leibgarde ernannt worden, doch weil Unruhe herrschte, und er ein paar Ruhestörer verfolgte, war er nicht an ihrer Seite, als die Wehen losgingen, und zur gleichen Zeit, in der sie von den Leuten gemeuchelt wurde, wurde auch er von einem Angreifer getötet.
    In dem neuen Film war es auch keine Steinigung, ich glaube, das stürzte sich ein wilder Mob auf sie, soweit ich das in Erinnerung habe, und schlug sie zu Tode.
    Eine Steinigung war ihr Tod dagegen in dem Film aus den 70er Jahren, in diesem Film war sie schwanger vom Enkelsohn des Kaisers Lothar, dem jungen König Ludwig. Den Film kann ich dir, falls du ihn noch nicht kennst, nur empfehlen. In dem Film ist Johannas Vater ein gütiger Mann, der seine Tochter zum Lesen anregt, also ganz anders als in dem neueren Film, und als der Vater stirbt, wird es aber traurig, weil sie von Glaubensbrüdern ihres Vaters vergewaltigt wird. In dem Film ist sie als Nonne in einem Kloster, und wird erst später zu Bruder Johannes, als sie nach einem Normannenüberall als einzige überlebende Nonne fliehen kann.
    Ja, ich finde das auch tragisch, das könnte mich auch aufregen. Die Legende besagt nämlich, dass Johanna alias Johannes sich als Papst wirklich um das Wohl der Menschen gekümmert haben soll, was viele ihrer männlichen Kollegen nicht taten.
    Hast du eigentlich auch den Roman gelesen? Er ist neben den Musketieren und der Löwin von Aquitanien einer meiner Lieblingsromane.
    Ich fand es auch gut, dass Johannas Schülerin Arnalda später Bischof wurde, und somit deutlich wird, dass die Päpstin ein Vermächtnis hinterlassen hat, dass es noch andere wie sie gab.

  • @Alienor,
    Na, das Buch wär eine gute Pflichtlektüre für angehende und schon im Amt seiende Priester, damit einmal was weitergeht, in dieser stumpfsinnigen, schon ewige Zeiten dauernden Weiblichepriesterinnendiskussion! Danke jedenfalls für Deine ausführliche Info! Mit dem Mittelalter steh ich nicht so gut, daher ist mir diese ganze Geschichte mit der Päpstin auch nur am Rande bekannt.

  • Aramis


    Ja, der Meinung bin ich auch, denn ich bin entsetzt, wie viele Priester heute noch gegen Frauen in Priesterämtern sind, was man schon als Diskriminierung sehen könnte.
    Meiner Meinung nach ist die Kirche wirklich im Mittelalter stecken geblieben, und hat sich kaum der heutigen Zeit angepasst.
    Aber das wäre jetzt wohl zuviel OT für dieses Thema, wenn ich das noch weiter ausführe.
    Für das Mittelalter interessiere ich mich sehr, vor allem für die starken Frauen die damals lebten wie Päpstin Johnanna, Alienor von Aquitanien, Christine Pizan, und so viele andere, die sich in einer von Männern dominierten Zeit bereits zu behaupten wussten.

  • @ Liebe Alienor,
    ich glaube, für "Die katholische Kirche einst und jetzt: Und sie bewegt sich immer noch nicht!" würde ein neuer Thread sehr passend sein. Allerdings ist das ein heikles Thema. Du bist hier ja schon quasi eine Institution - möchtest du ihn nicht eröffnen?

  • Aramis


    Eine gute Idee, ich mach das Thema einfach mal auf, es ist zwar heikel, aber auch sehr interessant, und ich denke, dass es ja irgendwie auch zu den Musketieren passt, weil Aramis ja ein Geistlicher war.


    So, Thread ist eröffnet:


    Die katholische Kirche einst und jetzt: Und sie bewegt sich immer noch nicht

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