Ich möchte an dieser Stelle mal ein kleines Werk von Dumas vorstellen, das wahrscheinlich zu den weniger bekannten gehört; das ich aber als sehr charmant empfand und zu seinen besseren Werken zählen würde. Es handelt sich dabei um den Roman „Die Taube“, den ich in der Übersetzung von August Zoller in der Ausgabe von 1851 aus der Franckh’schen Verlagsbuchhandlung gelesen habe. Es gibt aber auch noch eine Ausgabe aus dem gleichen Jahr aus dem Kollmann-Verlag in Leipzig und außerdem taucht er auch im 5. Band in der von mir nur sehr wenig geschätzten Werksausgabe des Gutenberg-Verlags in Hamburg auf. Und auch wenn ich von dieser letztgenannten Werksausgabe nichts halte, da die enthaltenen Texte, aufgrund der jeweiligen Umfänge der Bände, mehrheitlich massiv gekürzt zu sein scheinen, dürfte zumindest der genannte Text in diesem Fall vollständig sein; wenigstens konnte ich bei einem oberflächlichen Vergleich mit meiner Zoller-Ausgabe, keine Fehlstellen feststellen. Und im Gegensatz zu den beiden erstgenannten Ausgaben sind die Ausgaben des Gutenberg-Verlags in der Regel äußerst preiswert; oft schon weniger als zehn Euro pro Band.
Der Roman selbst ist nicht sehr umfangreich und lässt sich locker mal an einem verregneten Nachmittag lesen. Es handelt sich dabei um einen fiktiven Briefroman, dessen Helden aber reale Personen der französischen Geschichte waren. Ich möchte die Namen hier jetzt nicht nennen, da sie vielleicht schon zu viel über die Geschichte verraten könnten; will aber zumindest so viel sagen, dass sie eine alte Legende aufgreift, nach der einer der beiden Hauptakteure, der eigentlich 1632 in einer Schlacht getötet wurde, diese überlebt hat und fortan ein Leben als Einsiedler führte. Die Geschichte beginnt nun im Mai des Jahres 1637 und schildert, wie dieser Einsiedler eines Tages eine Taube sieht, die von einem Sperber verfolgt wird. Das verletzte Tier sucht instinktiv bei ihm Schutz und er nimmt sich ihrer an. Der Sperber wartet mehrere Tage vor der Zelle des Einsiedlers, um der Taube doch noch habhaft zu werden, verliert dann aber doch die Geduld und entfernt sich für immer. Der Einsiedler indessen möchte die Taube gerne behalten, doch sie möchte, nachdem die Gefahr vorüber ist, in die Freiheit zurück. Der Einsiedler vermutet also, dass sie jemanden gehört und er lässt sie schweren Herzens wieder frei, bindet ihr aber einen Zettel ans Bein, um dem oder der Besitzerin des Tieres mitzuteilen, dass die Taube nicht freiwillig verschwunden war. Bereits einen Tag später kehrt die Taube zu ihm zurück und bringt ihm ein Antwortschreiben auf seinen ersten Brief, aus dem er erfährt, dass die Taube Iris heißt und die einzige Gefährtin einer Novizin ist. Infolge dieser Antwort entwickelt sich zwischen den beiden ein reger Briefverkehr, mit der Taube als Botin, bei dem sie immer mehr über sich preisgeben und wo den beiden langsam mehr und mehr bewusst wird, dass sie einander aus ihrem früheren Leben kennen. Die Novizin setzt nun alles daran, den Einsiedler ausfindig zu machen und zu ihm zu gelangen. Sie lässt sich dafür sogar von ihrem Gelübde entbinden und begibt sich auf die nicht ungefährliche Suche nach dem Einsiedler. Während eines kurzen Aufenthalts in Reuil begegnet sie dabei einer Person, die den Lesern der „Drei Musketiere“ nicht unbekannt sein dürfte, spielt sie doch in der dortigen Handlung eine gewisse, nicht unbedeutende Rolle. Doch ich möchte hier nicht verraten, um wen es sich handelt und ich möchte auch offen lassen, wie die Geschichte ausgeht, aber ich kann versprechen, dass die Handlung von Brief zu Brief an Dramatik gewinnt und man mit wachsender Spannung verfolgt, wie sich die Handlung weiter entwickelt.