Uniformen

  • Hallo,


    hätte da mal eine Frage...


    Die Musketiere trugen ja sicherlich nicht die Uniformen aus den Filmen (diese blauen mit dem Kreuz), aber was hatten sie denn wirklich an?


    Bin mal gespannt, ob ihr euch bei dieser "Flaute" gerade zum Leben erwecken lasst ;-) .
    Seid ihr eingefroren? Wäre zur Zeit ja durchaus möglich... :-)


    Tschüss und viele Grüße!

  • Hallo Bergfee,


    folgendes steht bei Jaurgain über die Uniform der Musketiere:


    Zitat

    Ils n'eurent dans l'origine que la casaque d'uniforme, et, depuis son rétablissement, la première compagnie resta quelque temps sans avoir d'autre habit d'ordonnance. Lorsque le roi voulait passer une revue avac éclat, il faisait connaître à l'ordre la manière dont il désirait que ses mousquetaires fussent habillés. Une fois, ayant ordonné que la compagnie prît une tenue de buffle, les plus riches mousquetaires mirent une quantité de diamants sur leurs manches; une autre fois, il leur prescrivit de se vêtir de velours noir.


    Was daraus, verkürzt paraphrasiert, hervorgeht, ist, daß die "casaque", also der Überwurf, wie man ihn auch in den Filmen sieht, zunächst einmal den einzigen Uniformbestandteil der Truppe bildete, selbst nach der Auflösung und Wiederherstellung, daß aber der König (und hier könnte man annehmen, daß vielleicht schon Louis XIV gemeint ist, aber warum hätte es Louis XIII sehr anders halten sollen) für besondere Anlässe eine bestimmte "Kleiderordnung" anordnen konnte, die nichts mit der normalen Uniform zu tun hatte - in den hier zitierten Beispielen handelte es sich um Kleidung aus Leder, bzw. schwarzem Samt.


    Eine Reisebeschreibung von 1657, die Jaurgain ebenfalls zitiert, beschreibt dann die Art von Uniform, wie sie in den Filmen auftaucht:


    Zitat

    Chacun a une casaque bleue avec de grandes croix d'argent à flammes d'or qui finissent en fleurs de lis.


    Also genau der blaue Überwurf mit dem Lilienkreuz, den man mit den Musketieren gemeinhin assoziiert.


    Allerdings ist damit noch nicht eindeutig geklärt, welche Art von Uniform die Musketiere vor ihrer Auflösung hatten, also in der Zeit, in die uns der erste Roman führt. Es könnte sein, daß es, wie Jaurgain, leider ohne Quellen anzugeben, annimmt, schon die gleiche oder eine gleichartige war - vielleicht gab es auch zunächst einmal gar keine "richtige" Uniform, denn so weit her ist es mit Uniformen im heutigen Sinne in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts noch nicht.


    Was das Aussehen der Musketiersuniformen betrifft, müßte Silvia ein Bild von einer von Ende des 17. oder Anfang des 18. Jhs. haben (sie hat, wenn ich mich recht erinnere, ein zeitgenössisches Bild in Versailles photographiert, auf dem ein Musketier auftauchte). Bis zu einem gewissen Grade halte ich auch die Illustrationen von Maurice Leloir für relativ zuverlässig; Leloir war nicht nur Künstler, sondern auch ein anerkannter Kostümhistoriker, dessen Erkenntnisse zu einem großen Teil bis heute Gültigkeit haben, und da er auch in anderen Dingen auf seinen Illustrationen relativ genau gearbeitet hat (z.B., was die Topographie von Paris angeht), könnte ich mir vorstellen, daß die Musketiere bei ihm noch am Ehesten "richtig" gekleidet sind.


    Mehr fällt mir im Moment zum Thema nicht ein. ;-)


    Viele Grüße


    Maike

  • *Mit blau gefrorenen Fingern vor einem eisüberzogenen PC sitzend* Grüße aus dem kalten Süden ;-) Ich weiß auch nichts Genaues über die Uniformen ... Maike, wie heißt denn der Buchtitel, aus dem du zitierst?
    Aber im Musée des Armées in Paris gibt es ein erhaltenes Kreuz, das wohl einmal einen solche blauen Überwurf geziert haben muss. Es ist klein und silbern, in sich eher rund, als viereckig, denn die Arme des Kreuzes sind in etwa genauso lang, wie die Flammen zwischen den Balken. Wenn ich die Beschreibung richtig im Kopf habe, muss das aus der Zeit Louis XIII stammen, jedenfalls war daneben die Belagerung von LA Rochelle erklärt.

    Wenn es morgens um sechs an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe (W. Churchill)

  • Hier das Foto des Musketier-Gemäldes, das Maike bereits angesprochen hat. ;-) Es ist leider ziemlich unscharf geworden, weil es im Raum sehr dunkel war und man natürlich nicht blitzen durfte. Aber das Kreuz selbst ist ganz gut zu erkennen.
    [Blockierte Grafik: http://www.artagnan.de/download/musketier_uniform.jpg]

    [Blockierte Grafik: http://www.artagnan.de/images/athos.gif]
    Je reviens de mon gré aux doulx lacqs qui me serrent.
    Meine Fotos | Mein Livejournal
    Fiaskofalke des St. Athos (Maike am 8.2.2005)
    "Wir sind die Germanisten. Widerstand ist zwecklos. Sie werden korrigiert." (Maike, ebenfalls am 8.2.2005)
    "Es trinkt der Mensch, es säuft das Pferd, bei Athos ist es umgekehrt." - Porthos, bei den Volksschauspielen Ötigheim am 24.7.2005
    Altjümpferliches Tupfi

  • Zitat

    Original von kaloubet
      Maike, wie heißt denn der Buchtitel, aus dem du zitierst?


    Jean de Jaurgain: Troisvilles, d'Artagnan et les Trois Mousquetaires. Etudes biographiques et héraldiques. Paris 1910.


    Jaurgain ist leider kein eigentlicher Historiker, sondern eher Heraldiker und Genealoge, und das merkt man dem Buch an, besonders, sobald es um die einzelnen Personen geht - er reiht sehr viele Quellenzitate und -erwähnungen, ohne dabei einen sonderlich lesbaren Text zustandezubringen (man ist irgendwann frustriert, jede urkundliche Erwähnung von noch so unbekannten Großonkeln Trévilles zusammengetragen zu sehen, ohne daß es den Forschungsgegenstand viel weiterbringt), und übernimmt z.T. auch sehr unkritisch aus der Memoiren- und Pseudo-Memoiren-Literatur des 17. Jhs.

  • @ Maike: Danke, aber das macht nun nicht soo wahnsinnig Lust, das Buch zu lesen ;-)
    Ich suche nach einem Buch, das erstens Sitten und Gebräuche - und zwar einfachster Art, das heißt, was aßen sie? wie, wann? - zusammenfasst und andererseits - aber das wäre dann sicher ein anderes Buch ;-), eine Übersicht über die Entstehung der Regimenter und die in ihnen herrschende Ordnung gibt. Natürlich vor allem für die Zeit Louis XIII. Ich habe mir den Buchvorschlag von Merle angeschafft, ´la vie quotidienne au temps de Louis XIII´, aber das ist nicht wirklich erhellend, weil Merle selbst im Prinzip darüber hinausgeht. Es geht darin vor allem um die Beschreibung des Hausstandes (wieviele Leintücher wer hatte usw. - aber nicht, was sie in ebendiesen Tüchern taten *g*).
    Silvia: Das Bild ist später zu datieren, anscheinend hat sich das Kreuz im Laufe der Zeit ein bisschen denfalls sieht es auf dem Bild anders aus, als das, was sie im Musée haben ...

    Wenn es morgens um sechs an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe (W. Churchill)

  • Wo wir schon bei Uniformen sind wollt ich doch auch mal eine frage loswerden:


    ist es möglich dass zwei Länder die gleiche Farbe an uniform haben?


    Ich bin ein bisschen in der Zeit vorgerutscht und zwar war es doch meines wissens nach bei Napoleon so aufgeteilt:


    Frankreich: blauweißrot (wie sollte es anders sein)
    Österreich: weiß?
    Russland: grün
    Preußen: schwarz
    England: rot


    Aber wenn nun Russland schon grün ist, was ist dann Italien, oder ist es wie bei den heutigen Fußballtrikots, dass man da auch mal die gleichen hat, oder die Zusammensetzung zählt (oder etwa je nach dem, gegen wen man kämpft??? :-P)

  • Napoleon: Phhh...Gute Frage, ich weiss es auch nicht. Aber die Antwort würd mich interessieren. Behalts bloss nicht für dich, wenn du was rausgekriegt hast!

    8-) Ich habe mein ganzes Genie in mein Leben getan; in mein Werk nur mein Talent. 8-) Oscar Wilde

  • Die Uniformen unterschieden sich in nichts von der Zivilkleidung. meist wurden Armbinden oder Schärpen zur Unterscheiden von "Freund und Feind" verwendet. Der erste - und wichtigste - Schritt bestand darin, daß die Aufschläge eine einheitliche Farbe erhielten. Später ging man dazu über, auch die Knöpfe und Aufschläge für jedes Regiment zu vereinheitlichen.


    Der erste bekannt gewordene Erlaß aus Frankreich, in der die Kleidung der Soldaten festgelegt wurde, stammt aus dem Jahr 1729....
    Selbst die sechs "alten" Infanterie-Regimenter (darunter auch die "Gardes-francais", die in Paris Polizeidienste leistete), besaßen damals keine einheitlichen Uniformen.


    Die ersten (einheitlichen) Uniformen kammen aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, als die Schweden ihre Regimenter einheitlich kleideten (daher auch der Name des "Blauen" bzw. "gelden Regiments").



    Musketiere der Garde
    (Angaben aus Funcken: Historische Uniformen 18. Jahrhundert)


    Die Musketiere taten Dienst zu Fuß und zu Pferd, sie begleiteten den König, wenn er den Palast verließ, betraten jedoch niemals seine Gemächer. Deshalb trugen sie weite Stulpenstiefel, während die Gardes du Corps beim täglichen Dienst kleine Schuhe mit Absätzen trugen.


    Eine weitere Kompanie war zur Bewachung des Kardinals von Richelieu gebildet worden. Sie übernahm später die Bewachung des Kardinals Mazarin und wurde bei dessen Tod 1660 unter der Bezeichnung 2. Kompanie der Musketiere in die königlichen Haustruppen übernommen.


    Die erste Kompanie ritt graue oder weiße Pferde (also Apfelschimmel oder Schimmel) und die zweite schwarze Pferde (also Rappen), weshalb man sie manchmal »graue Musketiere« und »schwarze Musketiere« nannte.


    Noch ein Name findet sich in den Texten der damaligen Zeit, den man beiden Kompanien gab: »rote Haustruppen des Königs«. Er bezog sich aber nur auf die Kleidung der Musketiere. Rock und Hose waren aus scharlachrotem Tuch. Beides mußten die Musketiere aus eigener Tasche bezahlen, während der König ihnen die für ihre Truppe charakteristischen Kasaks und Oberwärmser lieferte.

  • ich kenne mich halt mit der "napoleonischen Epoche" sehr gut aus (habe auch diverse Bücher geschreiben).


    Der Dreißigjährige Krieg und die Zeit von Ludwig XIII. / Kardinal Richelieu ist da gewissermaßen ein "Nebenprodukt".

  • jetzt mache ich mal Eigenwerbung:


    www.vrz.de


    u.a.
    aus der Serie "Die napoleonischen Kriege":

    Frankreichs Seekriege gegen England 1793-1815
    Die Schlachten von Oporto und Talavera 1809
    Die Schlacht bei Albuera 1811
    Die Schlacht bei La Coruna 1809
    Napoleon und die Belagerung von Toulon 1793
    Napoleon im Land der Pyramiden
    Marschall Macdonald - Herzog von Tarent
    Unter der Fahne des Schwarzen Herzogs


    und natürlich (z.Zt. in Vorbereitung)
    Waterloo (Band I - III)

  • Eine interessante Seite! Da möchte man einfach nur kaufen - du wirst sagen, tu das ;-) Ich suche nun aber nicht nach Infos über Napoleon - zumindest nicht derzeit - aber über Hygiene, Körperlichkeit, Alltagsleben im 17. Jahrhundert in Frankreich. Kulturgeschichte, kurz gesagt, aber irgendwie gibts da nicht viel - und wenn, dann nur Bücher, die zwar Geistesideen beschreiben, was ja auch interessant ist, aber nicht, was man im 17. Jahrhundert zum Frühstück trank ... Ausgehendes 17. war glaube ich, Schokolade und KAffee schon ein Thema, aber davor?
    So, ich bin hier aber weg vom Thema, sorry. Aber deswegen einen eigenen Threat? Lohnt sich das?

    Wenn es morgens um sechs an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe (W. Churchill)

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