Weiter geht's.
Das Beste kommt am Schluss:
Wie ist das mit den Anreden?
Siezen sich die Musketiere untereinander, oder duzen sie sich?
Ungereimtheiten bei den Musketieren
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- [Anregung]
- admiral
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In der Bouquins_Ausgabe, die normalerweise alle Abweichungen vom Original kommentiert, sagt auch Aramis den Satz. In der Online-Ausgabe von Dumaspère sagt ihn Athos Was die Anrede angeht: Vous, außer in bestimmten Momenten, da ist mir bis jetzt keine Abweichung aufgefallen.
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In der Bouquins_Ausgabe, die normalerweise alle Abweichungen vom Original kommentiert, sagt auch Aramis den Satz. In der Online-Ausgabe von Dumaspère sagt ihn Athos
Und?
Ist es als Abweichung kommentiert?Was die Anrede angeht: Vous, außer in bestimmten Momenten, da ist mir bis jetzt keine Abweichung aufgefallen.
Dann schau doch bitte mal in das Kapitel "Le conseil des mousquetaires"
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Nein, deswegen gehe ich mal davon aus, dass im Original Aramis den Satz sagt. Aber es ist tatsächlich seltsam, wie kommt´s dass ihn plötzlich Athos sagt? Und stimmt, am Anfang des ´conseils´ duzen Porthos & d´Artagnan Athos - hallo, wo bleibt der Respekt?
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Und stimmt, am Anfang des ´conseils´ duzen Porthos & d´Artagnan Athos - hallo, wo bleibt der Respekt?
Es ist nicht nur in diesem Kapitel, es kommt im ganzen Buch sporadisch vor.Ich spreche kein Französisch, aber ich habe mal in der Originalausgabe von 1844 nach "tu" suchen lassen und es kommen 168 Treffer. Gut, ein Teil davon ist sicher an die Bediensteten gerichten, aber das ist das Pronom nur im Nominativ. Ich glaube, Du hattest eine andere französische Ausgabe, Du kannst ja mal in Deiner suchen lassen, wäre interessant.
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Ich hab´s mal gemacht, da gibt es tatsächlich mehrere Stellen, an denen sie sich duzen. Aber Dumas hat das im Kapitel le vin d´Anjou durchaus ´legitimisiert´:
D'Artagnan pâlit, et un tremblement convulsif secoua tous ses membres.
- Tu m'effraies, dit Athos, qui ne le tutoyait que dans les grandes occasions, qu'est-il donc arrivé ?
D´Artagnan erbleichte und zitterte am ganzen Körper
- Du erschreckst mich, sagte Athos, der ihn nur bei wichtigten Anlässen duzte, was ist denn passiert? (das ist jetzt meine Übersetzung )In Vingt Ans Après duzt d´Artagnan Athos :
Athos porta la main à son poignard.
Mais d'Artagnan arrêta cette main, et d'une voix rauque :
- Attends ! dit-il.
Jamais d'Artagnan n'avait tutoyé ni Athos ni le comte de La Fère.
Athos s'arrêta.
Athos grif nach seinem Dolch.
Aber d´Artagnan hielt diese Hand zurück und mit rauer Stimme:
Warte!, sagte er.
Noch nie hatte d´Artagnan weder Athos noch den Comte de la Fère geduzt.
Athos hielt inne.eine herrliche Szene
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Ich hatte immer den Eindruck, dass die Musketiere, wenn sie "normal" miteinander verkehren, per "Ihr" sind, aber in besonderen Situationen zum "Du" wechseln. Das "Du" ist etwas sehr Intimes, es wirkt auf mich wie ein Beweis besonderen Vertrauens zwischen ihnen.
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... aber in besonderen Situationen zum "Du" wechseln.
Naja, eigentlich ist der Roman und seine Fortsetzungen eine ununterbrochen Anreihung "besonderer Situationen". Ist in der Action-Literatur halt so.
Aber die Fälle in denen sie sich duzen sind viele.Das "Du" ist etwas sehr Intimes, es wirkt auf mich wie ein Beweis besonderen Vertrauens zwischen ihnen.
Nun, nicht unbedingt. Im Kapitel 4 sieht d'Artagnan ein Taschentuch unter den Fuss von Aramis und hebt es auf. Daraufhin gibt es ein Wortwechsel zwischen Aramis und seine beiden Gesprächspartner, hier Ausschnitte davon.»Ah! ah!« rief einer von den Umstehenden; »wirst Du noch behaupten. Du stehest schlecht mit Frau von Bois-Tracy, da diese anmuthige Dame die Gefälligkeit hat, Dir ihre Taschentücher zu leihen?«
»Wenn es so wäre, wie du behauptest, mein lieber Aramis, so würde ich mich genöthigt sehen, es von Dir zurückzufordern, denn Bois-Tracy ist, wie Du weißt, einer von meinen innigsten Freunden, und man soll keine Trophäen aus dem Eigenthum seiner Gattin machen.«
»Du stellst Dein Verlangen nicht auf die geeignete Weise,« erwiederte Aramis, »und während ich die Gerechtigkeit Deiner Forderung im Grunde würdige, müßte ich sie der Form wegen zurückweisen.«
»Ueberdies, mein lieber Herzensfreund, bei Bois-Tracy fällt mir gerade ein, daß ich selbst ein nicht weniger zärtlicher Freund von ihm bin, als Du sein kannst, so daß dieses Tuch eben so wohl aus Deiner Tasche, als aus der meinigen gefallen sein kann.«
»Du schwörst bei Deiner Ehre und ich bei meinem Worte, und dabei muß nun nothwendig einer von uns beiden lügen. Halt, es ist das Gescheiteste, Montaran, es nimmt jeder von uns die Hälfte davon.«
»Vortrefflich,« riefen die zwei Andern. »Das Urtheil des Salomo. Aramis, Du bist in der That ein weiser Mann.«
usw.
Hier duzen sie sich konsequent.
Aramis ist mit den zwei eventuell befreundet, nach dem saloppen Ton zu urteilen, steht ihnen aber kaum so nahe wie zu Porthos und Athos. Also keineswegs intim.Ich verstehe das nicht. Eigentlich sollte die Anrede "Sie" bzw "Ihr" (Vous) eine Art Abgrenzung zum Nichtadel signalisieren.
Oder wie seht ihr das? -
Aramis ist mit den zwei eventuell befreundet, nach dem saloppen Ton zu urteilen
Für mich wirkt das "Du" in diesem Fall wie eine Beleidigung, d. h. ein bewusstes Eindringen in die Intimsphäre, eine Grenzüberschreitung, die einzig und allein nur sehr guten Freunden (eben Athos und Porthos) erlaubt ist. D`Artagnan wird Zeuge dieser Regelverletzung, daher reagiert Aramis auch so sauer auf den Gascogner. Das ist jetzt allerdings meine persönliche Interpretation...
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Falls es eine Regelverletzung ist, so begeht sie auch Aramis:
»Du stellst Dein Verlangen nicht auf die geeignete Weise,« erwiederte Aramis, »und während ich die Gerechtigkeit Deiner Forderung im Grunde würdige, müßte ich sie der Form wegen zurückweisen.«
Falls die 3M von einem Autorenkollektiv geschrieben sind, tippe ich eher auf eine Folge der hastigen Manufaktur-Arbeit.
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— Tu demandes cela mal, répondit Aramis, et tout en reconnaissant la justesse de ta réclamation quant au fond, je refuserais à cause de la forme.
Genau, der Form wegen. Aramis führt seinem Gesprächspartner die Regelverletzung vor Augen, indem er ihn duzt.
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Na gut, das könnte ma so gelten lassen.
Aber im nächsten Kapitel wird es nicht besser:»Doch sage mir, warum schlägst Du Dich, Athos?« fragte Aramis. – »Meiner Treu', ich weiß es nicht, er hat mir an der Schulter wehe gethan; und Du, Porthos?« – »Meiner Treu', ich schlage mich, weil ich mich schlage,« antwortete Porthos erröthend.
Athos, dem nichts entging, sah, wie sich ein feines Lächeln über die Lippen des Gascogners hinzog.
»Wir haben einen Toilettenstreit gehabt,« sagte der junge Mann.
»Und Du, Aramis?« fragte Athos. -
Das ist jetzt interessant: In der französischen Ausgabe von 1849 sind die Musketiere nicht mehr per Du sondern per Ihr:
— Mais à propos de quoi vous battez-vous, Athos ? demanda Aramis.
— Ma foi, je ne sais pas trop, il m’a fait mal à l’épaule ; et vous, Porthos ?
— Ma foi, je me bats parce que je me bats, répondit Porthos en rougissant.
Athos, qui ne perdait rien, vit passer un fin sourire sur les lèvres du Gascon.
— Nous avons eu une discussion sur la toilette, dit le jeune homme.
— Et vous, Aramis ? demanda Athos.
In meiner französischen texte intégral-Ausgabe duzen sie sich dagegen, das scheint mir die ursprüngliche Fassung gewesen zu sein. Die historischen Musketiere waren laut Courtilz miteinander verwandt (Athos und Aramis waren Brüder, wenn ich nicht irre), daher hier wohl das intime "Du", das man in der späteren Version (vermutlich wegen d`Artagnans Anwesenheit in dieser Szene) nicht mehr passend fand. -
Das ist jetzt interessant: In der französischen Ausgabe von 1849 sind die Musketiere nicht mehr per Du sondern per Ihr:
Da hat jemand korrigiert?
Egal.Weiter geht's:
Hier noch mal im gleichen Kapitel der Zoller Übersetzung:»Wir werden sammt dem Verwundeten nur unser drei sein, denn diesen Jungen können wir nicht rechnen, und dennoch wird es heißen, wir seien vier Mann hoch gewesen.«
»Ja, aber zurückweichen!« entgegnete Porthos. – »Das ist schwierig,« sagte Athos. – »Es ist unmöglich,« bemerkte Aramis.Schaut doch mal in euren französischen Ausgaben nach diesem Absatz. Ich finde in allen meinen anderen Übersetzungen (englisch, russisch) das nur einer auf die Replik von Porthos antwortet. Hat der Zoller etwas dazugedichtet?
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Französische Fassung von 1849:
— Nous ne serions que trois, dont un blessé, plus un enfant, reprit Athos, et l’on n’en dira pas moins que nous étions quatre hommes.
— Oui, mais reculer ! dit Porthos.
— C’est difficile, reprit Athos.
Der Satz von Aramis fehlt. Auch in meiner französischen texte intégral-Fassung ist er nicht vorhanden. Und in der deutschen Hagenau-Übersetzung fehlt er ebenfalls. Anscheinend wollte Zoller die Unausweichlichkeit des Duells mit den Kardinalisten unterstreichen...
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Alo erneut die Frage: was darf sich ein Übersetzer erlauben?
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Das geht zu weit, finde ich. Er muss den Wortlaut des Originals respektieren, auch wenn dieses Ungereimtheiten aufweist - die vllt gar keine sind, siehe die Diskussion über das Duzen. Ich finde, Sätze dazu zu erfinden, geht eindeutig zu weit - oder er macht es eindeutig per Fußnote kenntlich, wie die Bouquins-Ausgabe, die Dumas´ originale Manuskripte plus die Korrespondenz mit Maquet eingebaut hat. Die Manuskripte weichen an manchen Stellen von der Siècle-Ausgabe ab - und auch von der Originalausgabe, weil diese eben auch zensiert wurde - aber das wurde dementsprechend kommentiert.
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er macht es eindeutig per Fußnote kenntlich
Ja, das sollte eigentlich selbstverständlich sein, oder? Selbst wenn der Übersetzter meint, einen Irrtum des Autors ausbessern zu müssen, so müsste er das entsprechend kennzeichnen.
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Selbst wenn der Übersetzter meint, einen Irrtum des Autors ausbessern zu müssen, so müsste er das entsprechend kennzeichnen.
Da gäbe es bei den 3M aber sehr viele Anmerkungen...
Wenn man einen Roman liest, mochte man glatt lesen. Zu viele Anmerkungen mitten im Text wirken da wie Stolpersteine.
Indexierte Erläuterungen am Ende sind eher zu akzeptieren.
Aber an meisten würde ich mich über ein ausgiebiges Vor-, oder Nachwort vom Übersetzers freuen. -
Er muss den Wortlaut des Originals respektieren
Wobei sich bei den Übersetzungen aus dem 19. Jh. noch die Frage nach der Zensur stellt. Ich glaube nicht, dass die damaligen Zensurbestimmungen in Frankreich und Deutschland dieselben waren...aber ich kenn mich auf diesem Gebiet zu wenig aus.
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