d'Artagnans Tochter

  • Hallo ihr,


    wer von euch hat denn diesen Film schon gesehen? Und was haltet ihr davon?
    Während meines Urlaubs in Südfrankreich wurde er dort im Freiluftkino gezeigt; ich wollte ihn mir ansehen, hat dann aber nicht geklappt... Ich hoffe, er kommt auch mal hier im Fernsehen.
    Findet ihr ihn gut, schlecht, weicht er zu sehr vom Buch ab oder überhaupt nicht (bis auf die Existenz einer Tochter;-) ), was ist mit den Schauspielern...


    Gruß
    Aline

  • Hallo Aline,


    Du solltest Dir "La fille de d'Artagnan"/"D'Artagnans Tochter" unbedingt ansehen - es ist meiner Ansicht nach mit der beste Musketier-Film, den es gibt, wenn auch alles andere als eine Verfilmung irgendeines Musketier-Buchs. Das mag etwas widersprüchlich klingen, aber ich werde mich bemühen, zu erklären, wie ich zu dem Urteil gelange.


    Die Handlung ist in der Jugend Ludwigs XIV., zur Zeit, als die Regierungsgeschäfte noch größtenteils von Mazarin geführt werden, angesiedelt, doch folgt sie ganz und gar nicht den Ereignissen in Vingt ans après oder im Vicomte de Bragelonne, sondern hat im Weitesten Sinne eine Verschwörung gegen den König, der d'Artagnans im Kloster aufgewachsene Tochter und die alternden Musketiere auf Umwegen auf die Spur kommen, zum Inhalt. Diese Zusammenfassung wird dem Film aber in keinster Weise gerecht, denn die Handlung ist eher mittel zum Zweck als sonst irgend etwas - und der Zweck ist eine unaufdringliche, höchst intelligente Parodie nicht allein auf gängige Musketierfilme, das ganze Mantel-und-Degen-Genre und auf die französische Geschichte, oder vielleicht fast eher Pastiche als Parodie - es ist schwer zu entscheiden, da der Humor recht subtil ist und bei aller gelegentlichen Überzeichnung doch immer ein ernsthafter Kern bleibt.


    Die Schauspieler sind durchweg gut und auch sehr passend für die jeweiligen Rollen besetzt (einzig bei Athos könnte man sich streiten, da sein Charakter gegenüber den Büchern aber recht stark abgewandelt ist, finde ich aber durchaus, daß die Besetzung für die vom Drehbuch vorgegebene Rolle gut gewählt ist) - vor allem Philippe Noiret. Er ist für mich die Verkörperung des alternden d'Artagnan mit allen Vorzügen und Schattenseiten (weitaus treffender und in diesem Sinne "näher am Buch" als die romantisierte Version, die Gabriel Byrne im "Mann mit der Eisernen Maske" abliefert), und wie sich Dumas' d'Artagnan (der, anders als der historische, ja keine Kinder hat) wohl als Vater ausnehmen würde, ist durchaus schlüssig beleuchtet.
    Gleich an zweiter Stelle ist Aramis zu nennen, bei dem man die ganze Zeit über nicht weiß, ob man sich totlachen oder wild nickend "Ja, ja, das ist Aramis!" rufen soll.
    Mazarin und der König schlagen dann ohnehin alles. ;-)


    Ein weiterer Pluspunkt ist die sehr schöne Ausstattung - die Kostüme, etc. passen recht gut in die Zeit, statt nur vage "irgendwie alt" auszusehen, wie man es leider viel zu häufig findet (unrühmlicher Gipfel ist da vielleicht die Disney-Verfilmung von 1993). Auch die Musik - schwungvoller Pseudo-Barock von Philippe Sarde, mit viel Verständnis für die Epoche - ist sehr schön und trägt zur Atmosphäre bei.


    Und alles, was man in einem Musketierfilm sonst noch so erwartet - ordentliche Kämpfe, Ritte durch die Landschaft, Hofintrigen, Kletterpartien, Liebe - gibt es noch gratis obendrauf (wobei ich vielleicht darauf hinweisen sollte, daß der Liebhaber, der d'Artagnans Tochter sich erwählt, herrlich ist - eine verkrachte Existenz von Dichter, quasi das Pendant zur wunderbar nutzlosen schönen Dame, die sich der klassische Abenteuerheld i.d.R. aussucht).


    Aber - natürlich muß es ein "Aber" geben: Man sollte entweder die Musketier-Romane (vielleicht auch ein, zwei "typische" Verfilmungen) sehr gut kennen, oder aber viel Ahnung von französischer Geschichte haben, um den Film wirklich voll und ganz zu genießen. Ich habe mit einigen Leuten gesprochen, auf die beides nicht zutraf, und deren Urteil lief in der Regel auf "eher mäßiger Abenteuerfilm, ganz nett" hinaus. Dagegen hat sich z.B. meine Mutter - kein Musketier-Fan, aber in allem Frankreichkundlichen sehr beschlagen - göttlich amüsiert.


    Viel Glück dabei, den Film zu finden!


    Viele Grüße


    Maike

  • Hallo - also, ich muss jetzt mal Maike voll und ganz zustimmen, der Film ist einfach klasse. Wenn ich einen Lieblingsfilm benennen müsste, dann wäre er sicher ganz weit oben in der Rangliste, wenn nicht gar ganz oben.
    Die Pferdeszenen sind übrigens vom Allerfeinsten, natürlich von Luraschi, der macht fast alle Kaskaden in französischen Filmen, aber selbst Luraschi macht selten so gelungene Kaskaden. So springen die Musketiere z.B. von einem Steg auf ein Boot, das schon abgelegt hat! Zu Pferd versteht sich. Oder d´Artagnans Tochter (Sophie Marceau) springt durch eine Fensterscheibe. Das ist wirklich sehenswert. Und die Sprüche sind auch toll. Z.B. d´Artagnan, der auf Athos´Grab sitzt und sich beklagt, sagt im Aufstehen ´oh, entschuldigt, jetzt saß ich womöglich auf Eurem Gesicht´- frei übersetzt. Oder Porthos´ das Gute am Rheumatismus ist, dass man die Hämorroiden nicht so sehr spürt´ oder umgekehrt, nach einem langen Ritt. Wenn irgend möglich sollte man ihn aber auf Französisch sehen ...
    Auf Priceminister gibt´s ihn als K7.
    Grüße

    Wenn es morgens um sechs an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe (W. Churchill)

  • Zitat

    Athos´Grab


    Och nein, soll das etwa heißen, er ist tot?
    Wer überlebt denn den Film? Sonst muss ich mir nochmal überlegen, ob ich ihn wirklich sehen will...
    Kleine Anekdote: Meine Mutter als Winnetou-Fan hat alle Filme unzählige Male angeschaut - bis auf Winnetou III: einmal und nie wieder...;-)


    Gruß
    Aline

  • Jetzt habt ihr mich aber auch neugierig gemacht. Ich würde sehr gerne wissen, was es mit Athos`Grab auf sich hat...

    Ich wünsch dir einen Regenbogen, der Hoffnung gibt und Brücken schlägt. Der dich mit sanften Farben durch den grauen Alltag trägt!

  • Also, Athos ist nicht tot, aber er hat schon mal ein Grab. Oder wie soll ich das verstehen?


    Ich hab den Film leider auch noch nicht gesehen, sonst würde ich euch ja weiterhelfen...

  • Genau, Athos ist nicht tot, aber er hat ein Grab und seltsamerweise glaubt d´Artagnan, er läge wirklich da drin. Das hat was mit der Umwandlung seines Charakters zu tun, er tritt nämlich in Mazarins Dienste- Athos meine ich. Aber viel mehr darf nicht verraten werden, sonst braucht ihr ja den Film nicht mehr anzuschauen. Und ich kann nur nochmal sagen, es ist echt einer der besten!!!!

    Wenn es morgens um sechs an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe (W. Churchill)

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  • Also ich habe diesen Film heute zum ersten Mal gesehen, da er ja leider auf DVD nicht mehr erhältlich war, und war begeistert. Der Humor in dem Film kam den von Dumas wirklich sehr nahe..ich fand beispielsweise die Stelle, an der der Kardinal den Liebesbrief für einen geheimen Code hielt, und versuchte, ihn mit Hilfe seiner Leute zu entziffern, wirklich witzig.
    Was Athos betrifft, irgendwie wusste ich gleich, dass er der Einäugige ist..ich weiss auch nicht warum..vermutlich, weil dieser Einäugige irgendwie geheimnisvoll wirkte, brachte ich ihn gleich mit Athos in Verbindung. Allerdings hätte Dumas Athos wohl niemals seinen Tod vorgetäuscht...doch ansonsten fand ich den Film gut gemacht, vor allem wegen des Humors. Und genau wie bei Dumas wurde vieles offen gelassen, so dass der Zuschauer eigene Vermutungen anstellen kann...

  • Ich hab mir "D´Artagnans Tochter" gestern erstmals reingezogen und kann mich eurer Meinung nur anschließen - ein sehr guter Film mit intelligenten, witzigen Dialogen, ansprechenden Kostümen und guten Schauspielern. Allen voran Philippe Noiret als alternder D´Artagnan, und Sami Frey als Aramis - die beiden sind echt gut in ihrer Rolle, da bleibt kein Auge trocken! Auch Porthos hat mir gefallen; mit Athos konnte ich eher weniger anfangen, gefühlsmäßig. Claude Rich find ich auch gut, in der Schurkenrolle - bloß die beiden Damen nervten ein wenig, aber nur ganz wenig. Liegt wahrscheinlich daran, dass ich diese Mannequin-Gesichter in Filmen nicht mag - ich möcht mal einen Film sehen mit einer echten Charakterfrau, nicht bloß Puppenglupschaugen, Schmollmund und lange Beine *gähn*. Aber ansonsten wirklich sehenswert.

  • Aramis


    Athos war im Film auch etwas anders als der Romanathos...Athos als Spion für Kardinal Mazarin, das fand ich doch sehr ungewöhnlich.
    Und am Anfang wunderte ich mich, wieso Athos nur ein Auge hatte..bis später aufgelöst wurde, dass er unter der Augenbinde noch ein gesundes Auge hatte.
    Aber witzig fand ich die Szene, in der d´Artagnan an Athos Grab sitzt, das ist echt genialer Humor. :thumbsup:
    Engladine Rochefort ging mir auch etwas über die Nerven, ich denke auch, dass man diese Rolle besser hätte besetzen können.

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