Nach langer Zeit mal wieder eine Filmkritik von mir. Bin gespannt, wie ihr die Serie seht!
Kritik zu „Musketeers BBC“:
Ich brauchte zwei Anläufe, um die Serie zu mögen.
Beim ersten Anlauf, als Staffel 1 im Fernsehen
ausgestrahlt wurde, hatte ich den Anspruch, daß sich diese Serie doch bitte eng
an die Romanvorlage halten sollte…seufz!
Beim zweiten Anlauf, Jahre später über Netflix, konnte
ich mich schon schneller dafür erwärmen. Man nehme unsere bekannten Helden und
lasse sie einfach andere, neue Abenteuer erleben, ggfs. mit dezenten Verweisen
auf die literarische Vorlage.
D’Artagnan ist hier tatsächlich mal ein dunkler Typ,
dem man den Gascogner abnimmt. Allerdings wird dauernd erwähnt, daß er ein
Bauer gewesen wäre. Was ja definitiv nicht stimmt, da er dem Landadel
angehörte. Außer der Trauer um seinen Vater und dem Wunsch, Musketier zu
werden, gibt es allerdings wenig Charakterentwicklung bei ihm. Und daß seine
Ehe nach der Hochzeit mit Constance sooooo abkühlt, nehme ich ihm auch nicht
ab.
Aramis ist gut betroffen, vielleicht etwas zu
maskulin, aber welche Verfilmung traut sich schon, seine feminine Seite
darzustellen, ohne ihn direkt schwul aussehen zu lassen. Bei Aramis findet
tatsächlich Charakterentwicklung statt, obwohl die Sache mit Anna von
Österreich….. nun ja, das Thema „Ergebenheit“ hatten wir ja schon mal bei einem
Review über den „Mann in der Eisernen Maske“. „Ich habe mit der einsamsten Frau
von Paris geschlafen!“ Aber natürlich, da muß sich ein Musketier natürlich opfern,
wenn der König es nicht tut…..
Athos ist mal wieder ein Grenzfall für mich. Einerseits
stellt der Schauspieler das Düstere und Wilde in seinem Charakter gut dar,
andererseits vermisse ich den Edelmann. Bisher hat für mich noch kein
Athos-Darsteller dieses edle Flair des Buch-Athos gehabt. Und bitte, wieso hat
Athos eine Narbe von einer Hasenscharten-OP (sieht für mich als Mediziner so
aus….)? Und daß er am Ende eine Farbige schwängert („Huch, wie konnte das
passieren?“), den Dienst quittiert und ohne Gepäck nur zu Pferd mit der
Geliebten Paris verläßt, ist alles andere als glaubwürdig. Sein Gut hat er auch
nicht mehr (wurde zwischendurch weggeschenkt). Der literarische Athos hätte
wenigstens Verantwortung übernommen und der Frau ein Heim geboten, damit sie
nicht irgendwo im Wald niederkommt.
Porthos ist Sohn einer farbigen Sklavin und eines
französischen Adligen. Obwohl der Darsteller wirklich Porthos „liefert“, mußte
ich mich an ihn sehr gewöhnen. Nun gut, er ist mit diesem extravaganten
Aussehen offenbar eine Hommage an Dumas selbst, der ja auch Mulatte war. Dieser
Porthos hier wuchs im Elend auf („Hof der Wunder“, hier wird das Ganze
zirzensisch bis grotesk), fand aber über Treville den Weg zu den Musketieren.
Nachdem das Rätsel seiner Herkunft gelöst wurde, dümpelt auch dieser Charakter
vor sich hin.
Treville ist ein wahrer Lichtblick. Er ist wirklich
Anführer und Vater seiner Musketiere. Ein sehr starker Charakter. Endlich ein
Treville, der sich lohnt anzuschauen.
Constance ist ziemlich tough und hat moderne Ansichten
(da fragt man sich, was sie wohl zu sich genommen hat, um so jung Bonacieux zu
heiraten, den sie nicht liebt). Sie begegnet d’Artagnan auf Augenhöhe. Leider
durfte sie nicht dramatisch das Zeitliche segnen, was Anlaß zu einer großartigen
Charakterzeichnung d‘Artagnans gewesen wäre, sondern nach dem Ableben ihres
Gatten den Gascogner heiraten. Danach hat sie zwar coole Klamotten an, ist aber
lediglich die „Mutti der Garnison“ mit einem merkwürdig leidenschaftslosen
Verhältnis zu ihrem Mann. In Staffel 1 und 2 konnten die beiden kaum die Finger
voneinander lassen und dann das?
Das Königspaar ist sehr gut besetzt und erhält viel
Raum für Persönlichkeitsentfaltung. Die Königin ist liebreizend, sanft, gütig.
Das sieht aber offenbar nur Aramis. Warum mag das Volk sie nicht? Diese Pariser
müssen blöd sein.
Die Bösewichte:
Jede Staffel hat einen besonderen Bösewicht, der Widersacher
der Musketiere ist.
Richelieu: Für mich der Beste! Er hat Stil, Charisma,
Eleganz und eine unterschwellige Gefährlichkeit, die gut zu ihm paßt!
Mylady: Mal wieder nicht blond. Als ob das so schwer
ist. Aber recht gut gespielt. Allerdings funkt es mir zwischen ihr und Athos
ein wenig zu viel. Er wollte sogar seine Freunde für sie verlassen und heimlich
außer Landes gehen? Paßt nicht zu ihm.
Rochefort: Igitt, zu blond! Schlangenäugig, aalglatt,
blond, pervers, das Hemd immer zu weit offen (will er mit seinem gut
trainierten Brustmuskel ein Dekolletee nachstellen??)….. dieser Rochefort hat
für mich überhaupt nichts mit dem dunklen Edelmann aus dem Buch gemein. Der „richtige“
Rochefort hat wesentlich mehr Würde und Adel.
Gaston von Orleans und Fouquet: Infant terrible und böswilliger
Krüppel. So weit so gut, da hätte man mehr draus machen können.
Lucien Grimaud: Grimaud bekommt sogar einen Vornamen
und eine eigene Geschichte. Warum ist Grimaud hier böse? Und reich? Allerdings
ist der Darsteller sehr hübsch anzuschauen. Man wartet leider vergeblich auf
die Enthüllung, woher Athos ihn kennt, ein Wiedersehen mit seiner Mutter wäre
spannend gewesen, immerhin haben die Musketiere ja schon Zugang zu ihr
gefunden. Sein Ende war leider enttäuschend. Von Athos nach einer Prügelei ertränkt….
Naja, immerhin hat er ihn dann am Beckenrand des Bassins „aufgebahrt“.
Tja, was soll ich sagen: Diese Serie ist perfekt als
leichte Unterhaltung, die vier Freunde sehen in ihren Lederklamotten einfach
nur geil, äh gut aus (kein Anspruch auf historische Korrektheit, erlaubt ist,
was der Kostümbildnerin gefällt), es werden überwiegend Friesen geritten, die
dann in eiligem Trab oder Galopp dramatisch durch die Gegend puscheln – nicht schnell,
aber immerhin imposant! Das war es dann auch schon. Wenig Tiefgang aber ich
fühlte mich gut unterhalten.
Und in meinem Kopf sehen die Helden des Buches
gaaaaanz anders aus!
LG, euer
Percy