Der Graf von Monte Christo / Die Bartholomäusnacht (Kürzungen)

  • Hallo,


    ich lese gerade den Grafen von Monte Christo in der Insel-Ausgabe. Mir war beim Kauf gar nicht bewusst, dass gekürzte Übersetzungen von Dumas' Romanen herumgeistern. Die Fischer-Ausgabe hat ca. 1500 Seiten, die Insel-Ausgabe 1200, sie ist aber klein und platzsparend gedruckt. Laut dem Impressum basiert sie auf einer alten Übersetzung aus dem Französischen (der ersten Übersetzung?) bearbeitet von M. Hasenbein. Kann mir jemand sagen, wie es genau um diese Übersetzung steht, und was evt. gekürzt wurde? Allgemein zu den Christo-Übersetzungen fand ich in einer Art Blog (http://www.andreasthieme.de/tagebuch_2006_01.html) eine interessante Anmerkung:



    Es scheint um die Übersetzungen also allgemein nicht so toll zu stehen? Auf de.rec.buecher allerdings las ich zu diesem Thema:



    Eine "gekürzte" Fassung muss also an sich noch nicht verkehrt sein.


    Wie steht es um die Kürzungen bei "Die Bartholomäusnacht"? Ich habe damals das Taschenbuch vom Aufbau-Verlag sehr gern gelesen, aber wieviel wurde denn da gekürzt?


    Liebe Grüße
    Zoltan

  • Ach ja, die lieben Übersetzungen... Ohne allzu gemein zu sein, würde ich behaupten, dass auf dem deutschen Buchmarkt mehr gekürzte als vollständige Fassungen von Dumas' Romanen umgehen. Die vom Fischer-Verlag sind aber recht ordentlich, bis auf den "Vicomte de Bragelonne".


    Das zweite Zitat über die "vollständigen Originalfassungen" ist auf jeden Fall zutreffend. Die Romane erschienen zuerst in Zeitungen und erst später als Buch, wenn sie beliebt waren. Für die ganz alten Übersetzungen aus den 1840er Jahren bedeutet das, dass oft aus den Zeitungen übersetzt wurde. Wenn dann im französischen Text noch Änderungen vorgenommen wurden, tauchen die in diesen deutschen Fassungen, die oft noch im 20. Jh. als Vorlage für Neuausgaben gedient haben, natürlich nicht auf. Das kann z. B. bei deiner Insel-Ausgabe vom "Monte Cristo" gut möglich sein.


    Was da im Einzelnen gekürzt und verändert wurde, kann ich leider nicht sagen, weil ich beide Übersetzungen nicht kenne... Sorry!

  • Ach ja, gekürzte Romane... das ist bei mir auch eine Quelle der Frustration! Ich habe als Kind schon angefangen, manche alte Klassiker zu lesen, die heute ja oft als Jugendbücher abgestempelt werden, so z.B. Sherlock Holmes oder eben auch die Musketiere... und jung wie ich damals war hab ich natürlich überhaupt nicht gemerkt, was für ein gekürztes und nacherzähltes Romanskelett ich da lese..... als ich älter war, hab ich mir dann die Originalausgaben bzw. eine vollständigere deutsche Ausgabe besorgt.
    Mich regt das unheimlich auf, wenn Verleger so - ja ich nenne es schamlos - in Klassikern herumkürzen, es wird doch wohl seine Gründe haben, dass das Buch so wie es ist ein Erfolg wurde, oder? Vor allem wenn man das als Leser erst nach dem Kauf merkt, fühle ich mich gelinde gesagt verarscht. Damit meine ich natürlich vor allem "mutwillige" Kürzungen, für Editionsschwierigkeiten habe ich ja noch Verständnis. Aber was diese Nacherzähler aus Sherlock Holmes z.B. gemacht haben *kopfschüttel*, ich frag mich wie ich das je gut finden konnte, jetzt wo ich das Original kenne.


    Meine Musketier-Ausgabe ist vom Arena-Verlag, da ich es zwar nicht sicher sagen kann, aber den dringenden Verdacht habe, dass sie gekürzt ist (die von Zwanzig Jahre danach ist es nämlich auch) hab ich mir jetzt die von dtv bestellt, die sah ganz brauchbar aus. Hat sie jemand und kann mir sagen, ob sie vollständig ist? Wenn ja werde ich endlich wissen, was mir jahrelang entgangen ist.
    Was den Graf von Monte Christo angeht, die Fischer-Ausgabe ist wirklich seeeehr lang und wirkt zumindest vollständig.
    Entschuldigt mein Geschimpfe, aber das ist bei mir ein absolutes Reizthema.

    Never going to get to France
    Mary, Queen of Chance, will they find you?
    Never going to get to France
    Could a new romance ever bind you?


    ~ Mike Oldfield & Maggie Reilly

  • Kann ich voll verstehen.


    Ok, bei Per Anhalter durch die Galaxis z.B. können die Editoren nichts dafür, das liegt an der Art, wie das Ganze überhaupt entstanden ist, auch bei tolkien ist es schwierig, weil alle versionen Fehler enthalten, bei den Musketieren und dem Grafen scheint es ähnlich zu sein... hach, ich wünsch mir mal eine richtig vernünftige Neuausgabe, muss keine neue Übersetzung sein, wohlggemerkt, nur eine sinnvolle Edition für Erwachsene. am Besten mit entsprechendem Kommentar, warum so und nicht anders.


    Aber ich fürchte, gerade die 20 Jahre Danach und der Vicomte machen eben einfach nicht den Umsatz, dass sich das für die Verlage lohnt. Daher bleibts wohl beim wünschen... ist auch die Frage, ob jemand die Lizenzen dafür hat. Die Urheberrechte dürften schon ein Weilchen durch sein, aber wie ist das mit den Rechten für die Übersetzungen? weiß das jemand? Das könnte zum Teil eine Rollen spielen.


    zum teil, kann ich mir vorstellen kürzen Verlage eventuell deswegen knallhart, weil sie nicht mehr Seiten veranschlagen wollen oder budgetmäßig können. Da gibts zum Teil ganz krasse Sachen. aber das sollte nicht allegmein der Fall sein. Wahrscheinlich ist es zumeist eher eine Frage, welche übersetzung, was als Vorlage benutzt hat.


    Hab mir jetzt auch eine Version von "20 Jahre danach" bestellt. Sie heißt schonmal "20 Jahre nachher". Ich werd die mal mit meinem Leihexemplar von Rütten und Löening von 1976 vergleichen. (Titel "Die neuen Abenteuer der Musketiere") letztere ist definitiv gekürzt. (leider)


    Naja, solange niemand von uns das Buch zum Film kauft... dannwär uns nicht mehr zu helfen. :-D


    Oder wir müssen eben noch noch Französisch lernen... Ein Buch in der Übersetzung ist sowieso fast nie wirklich genauso wie das Original. Wenn man es so genau will, kommt man um die Originalsprache nicht drum rum. Ich merk das immer bei Shakespeare oder Kipling.

  • Eine gute Alternative könnten auch englische Übersetzungen sein. Der Graf von Monte Christo etwa wurde 1996 von Robin Buss komplett neu übersetzt, eine gute Ausgabe dieser Übersetzung ist z.B. die bei Penguin!

  • Zitat

    Original von Petalwing
    Aber ich fürchte, gerade die 20 Jahre Danach und der Vicomte machen eben einfach nicht den Umsatz, dass sich das für die Verlage lohnt. Daher bleibts wohl beim wünschen... ist auch die Frage, ob jemand die Lizenzen dafür hat. Die Urheberrechte dürften schon ein Weilchen durch sein, aber wie ist das mit den Rechten für die Übersetzungen? weiß das jemand? Das könnte zum Teil eine Rollen spielen.


    Das mit den Rechten für die Übersetzungen kann auch ganz schön knifflig sein.


    1844 gab es noch keine geregelte Vergabe der Übersetzungsrechte, deshalb existieren von den "Drei Musketieren" ca. ein Dutzend Übersetzungen aus dieser Zeit. Die meisten davon sind in der Versenkung verschwunden: z. T. sind sie nur in Zeitungen abgedruckt worden und nie als Buch erschienen, z. T. nie mehr neu aufgelegt worden etc. Manche dieser alten Übersetzungen, z. B. die von August Zoller (die von sehr ordentlicher Qualität ist!), werden dann heute nachgedruckt, und zwar, da die Urheberrechte daran mittlerweile auch ausgelaufen sind, von allen möglichen Verlagen.


    Heute sieht es so aus, dass die Rechte an der Übersetzung bei dem Verlag liegen, der sie in Auftrag gegeben und den Übersetzer bezahlt hat. Der Verlag hat auch das Recht, z. B. die Übersetzung nachzudrucken, als Taschenbuch herauszugeben, und er kann damit ggf. auch einen anderen Verlag betrauen. Deshalb ist z. B. die "Musketier"-Übersetzung von H. Bräuning seit ihrer Entstehung in mehreren Verlagen erschienen. Umgekehrt werden die schönen (aber nicht ungekürzten!) Fischer-Neuübersetzungen von 1993/94, die mittlerweile vergriffen sind, solange nicht nachgedruckt, wie Fischer es nicht tut... und dafür gilt vermutlich Petalwings Annahme, dass sich das für die Verlage umsatzmäßig nicht lohnt. ;-(

  • Ich habe "Der Graf von Monte Christo" vom Insel-Verlag gelesen.
    Ich habe erst am Schluß mitbekommen, dass es sich um eine gekürtzte Fassung handelt, obwohl ich vorher schriftlich beim Verlag nachgefragt hatte, ob diese Ausgabe ungekürzt ist. Die Antwort war ja.
    Anschliessend habe ich die Weltbildausgabe von ca.1991 in die Hände bekommen und beide Ausgaben ein wenig miteinander verglichen. Die Weltbildausgabe ist ca. 300 Seiten umfangreicher und hat mehr (andere) Illustrationen. Kleinigkeiten sind beim Insel-Verlag weggelassen worden, die nichts mit der Haupthandlung zu tun haben, jedenfalls aus meiner Sicht. Die Insel-Ausgabe ist Kürzungen hin oder her in einem Deutsch verfasst, dass man sich gut in die damalige Zeit hinversetzt gefühlt hat und damit meines Erachtens von der alten deutschen Sprache besser zu lesen als die Weltbildausgabe, weil man ja auch das Empfinden für die damalige Zeit spüren möchte. Aber trotzdem werde ich die als ungekürzt gekennzeichnete Ausgabe vom Weltbildverlag auf jeden Fall auch noch einmal lesen um mir dann ein genaues Bild über die Unterschiede machen zu können.


    Obwohl die Insel-Ausgabe leicht gekürzt ist, hat sie mir sehr gut gefallen.

  • Ich habe nochmals den Verlag kontaktiert und als Antwort erhalten, dass die Insel-Taschenbuchausgabe auf der französischen ungekürzten Originalbuchausgabe - Erstausgabe (Buchedition), die 1845-1846 in Paris erschien beruht und nicht auf der im "Journal des Dèbats" (ab 28.8.1844) publizierten Fortsetzung als Feuilletonausgabe.

  • Zitat

    Original von exurlauber
    Ich habe nochmals den Verlag kontaktiert und als Antwort erhalten, dass die Insel-Taschenbuchausgabe auf der französischen ungekürzten Originalbuchausgabe - Erstausgabe (Buchedition), die 1845-1846 in Paris erschien beruht und nicht auf der im "Journal des Dèbats" (ab 28.8.1844) publizierten Fortsetzung als Feuilletonausgabe.


    Das wundert mich nicht... die Zeitungsversion dürfte nach mehr als 150 Jahren kaum noch vollständig zu rekonstruieren sein.


    Unter den zahlreichen deutschsprachigen Versionen von Dumas' Romanen finden sich durchaus einige, die recht ordentlich sind, was ihren Stil angeht... allerdings bleiben die Kürzungen ein großes Ärgernis, vor allem, wenn der Roman dann als "ungekürzte Ausgabe" oder ähnliches deklariert wird. Meist fehlen dann nicht ganze Kapitel oder Nebenstränge der Handlung, sondern es wird hier mal ein Dialog gerafft, dort eine Beschreibung gestrichen... Für gewöhnlich merkt der Leser das nicht, es sei denn, er hat eine andere Fassung oder am besten natürlich das Original daneben liegen.

  • Ich hoffe nicht! Ich weiß gar nicht, ob in Frankreich - wie es z. B. in Deutschland der Fall ist - die Rechte an einem Text nach soundsoviel Jahren frei werden, so dass jeder Verlag ihn nachdrucken darf. Ich nehme aber an, dass dieses Recht dann auch die Pflicht einschließt, den Text in seiner Originalfassung zu reproduzieren... d. h. Verlag X macht einen Nachdruck, muss vorne hineinschreiben "Nachdruck der Ausgabe Y von 1845" und steht damit dann auch dafür gerade, dass der Nachdruck auch tatsächlich der Ausgabe Y von 1845 entspricht.


    Wohl aber gibt es auch in Frankreich bearbeitete Fassungen, die aber dann als solche deklariert sind... ich hab z. B. mal eine Bilderbuchausgabe gesehen, in der dann stand "D'après le roman d'Alexandre Dumas" etc.


    Bei Übersetzungen liegt die Sache leider anders, eine Übersetzung ist eben immer eine Bearbeitung, und wie genau sie dem Originaltext entspricht, liegt oft im Ermessen des Übersetzers oder des Lektors. Während bei einem Nachdruck Rechtsmittel eingelegt werden können, wenn er die Originalfassung verfälscht, ist das bei einer Übersetzung nicht möglich. Dann könnte ja jeder pingelige Leser den Übersetzer und den Verlag wegen einer falschen Präposition verklagen... was das für absurde Blüten treiben würde, kann man sich leicht vorstellen.

  • Ja, das wäre schön... allerdings ist es ja wirklich oft so, dass die Leser einfach nicht merken, dass eine Übersetzung gekürzt oder sonst irgendwie verändert wurde. Dazu muss man ja entweder das Original oder eine andere Übersetzung sehr gut kennen bzw. die beiden Fassungen dann wirklich nebeneinanderlegen und vergleichen. Und seien wir ehrlich, wie viele Leser tun das schon?


    Wir tun es hier bei Dumas' Romanen, aber ich fürchte, ich habe schon einen ganzen Stapel Bücher gelesen, die auch gekürzt oder "bearbeitet" waren und bei denen mir das nicht aufgefallen ist... :rolleyes:


    Ein interessanter Fall sind in diesem Zusammenhang die Harry-Potter-Romane, die ja wirklich von sehr vielen Leuten im deutschsprachigen Raum auch im Original gelesen wurden, bevor die Übersetzungen erschienen sind. Ich kenne sie nicht gut genug, um es wirklich definitiv sagen zu können, aber ich glaube, dass der Verlag sich bei den deutschsprachigen Fassungen nicht viele Änderungen erlaubt hat, weil es in diesem Fall wirklich aufgefallen wäre... und aufgrund der Beliebtheit der Bücher für entsprechenden Unmut bei den Lesern gesorgt hätte...

  • Meiner Meinung nach handelt es sich um das gleiche Buch, beide sind vom
    Insel-Verlag und haben 1200 Seiten. Es wird sogar derselbe Übersetzer
    angegeben. Ab und zu ändert der Verlag das Aussehen eines Buches.
    Genaueres kannst du sicherlich direkt beim Verlag erfragen.
    Ich habe selber schon den Insel-Verlag angeschrieben und auch Antworten
    erhalten.


    Hierzu habe ich mich einge Postings zuvor schon positiv geäußert.
    Übrigens habe ich das Buch, vom ersten Link gelesen.


    Also viel Spaß beim lesen. :)

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