• Schwer zu sagen, ob Athos denn nun wirklich jemals darüber hinweggekommen ist..immerhin hatte er nach der tragischen Geschichte mit Mylady nie mehr eine richtige Beziehung mit einer Frau, die eine Nacht mit der Chevreuse, der Raoul sein Leben zu verdanken hat, war Athos einziger Kontakt zu einer Frau für den Rest seines Lebens.
    So richtig hinweggekommen ist er über seine zerstörte Liebe also wohl nie. Er war nur deswegen so glücklich, weil er einen Sohn hatte, letztendlich war RAoul der einzige Grund, warum er seine Vergangenheit hinter sich lassen konnte, ob er darüber aber wirklich jemals hinweggekommen ist, halte ich für fraglich.

  • Naja, mit Marie de Chevreuse agiert er sehr charmant. Ich finde, da wirkt er gar nicht wie jemand, der schlechte Erfahrungen gemacht hat. Allerdings ist die Szene (leider) sehr kurz und hat, abgesehen von ihrem Besuch außerhalb des Buchs, keine Folgeszenen, also kann man da schlecht generalisieren. Im VdB denkt er kaum noch an Mylady, mir wäre grad keine Szene parat, in der ihre Erinnerung heraufbeschworen wird. Höchstens indirekt via Raoul. Also denke ich, dass er zwar nicht vergessen hat, aber die Erinnerung ein wenig verdrängen konnte.

    Wenn es morgens um sechs an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe (W. Churchill)

  • Irgendwo im VAA war eine Szene, in der Athos und d´Artagnan darüber redeten, ich muss sie mal raussuchen..und da sagte Athos auch etwas, dass sie damals falsch gehandelt hätten, aber sonst wird die Geschichte mit Mylady im Roman an keiner Stelle erwähnt.
    Er konnte die Erinnerungen an Mylady wohl tatsächlich verdrängen, und aus der Chevreuse und Athos hätte Dumas auch mehr machen könnten. Im VdB wird nicht mal erwähnt, dass sie Raouls Mutter ist, da hat sie nur eine kurze Nebenrolle.

  • In VAA ist es da, als d´Artagnan Athos besucht und Athos fragt, ob er noch an Mylady denke. Ich glaube jetzt mal, es war Athos, der fragte. Außerdem reden sie beim ´Diner d´autrefois´ darüber, als Porthos erklärt, er habe da so ein scharfes Schwert gehabt und hätte sie eigenhändig köpfen können (in etwa). Athos erbleicht da ziemlich, weil Porthos sagt: Erinnert Ihr Euch? Sie saß da, wo Ihr jetzt sitzt. ^^

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  • Dieses Kapitel scheint bei mir leider ganz zu fehlen, ich hab mal nachgeschaut und konnte die Stelle nirgends finden. Nichtmal in der Oxford Ausgabe scheint sie drin zu sein.
    Ich vermute mal, dass es für Athos, wie diese von dir genannte Stelle auch zeigt, zeitlebens ein wunder Punkt war, und er sich sehr unwohl fühlte, wenn jemand Mylady erwähnte.
    sie saß da, wo ihr jetzt sitzt..die Stelle hat ja schon fast was Schauriges.

  • Das ist ein geniales Kapitel, ich kann´s kaum glauben, dass das fehlen sollte. Es ist das, wo am Ende Grimaud hereinkommt und allen von dem Mönch und Raoul berichtet. Ist ja für die Handlung wichtig ... Hier findest du´s auf Französisch, zum Drüberlesen.
    Athos sagt da zum Beispiel auch, dass er den Tod Raouls als Buße ansehen würde, sollte ihm was passieren ...

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  • @Kalou


    Danke für den Link, das ist wirklich sehr interessant zu lesen, es gibt wirklich kein anderes Kapitel, in dem die vier Freunde so offen über ihr dunkles Geheimnis sprechen.
    ABer eine Stelle hab ich vermutlich falsch übersetzt...als Athos sagte, dass er es als Buße betrachten würde, wenn Raoul im Krieg in Flandern irgendein Unglück zustieße..den das wäre doch sehr seltsam, wenn Athos so denkt.
    Auf jeden Fall wurde beim Lesen deutlich, dass Aramis, Porthos und d´Artagnan nicht so sehr unter ihren Schuldgefühlen leiden wie Athos.
    Interessant fand ich auch, dass d´Artagnan offen sagte, dass Constance für ihn nur noch eine vage Erinnerung sei, das wird in der gekürzten Version nicht so deutlich, da hat man eher den Eindruck, dass er auch nach zwanzig Jahren noch unter ihrem Tod leidet.
    Auf jeden Fall ist es gut, dass es diese Kapitel im Internet gibt, da diese Kapitel sogar in der Oxford Ausgabe fehlen.

  • Das mit der Buße stimmt. Aber d´Artagnan sagt, dass er, wenn er zurück denkt, vor allem den kalten Leib Mme Bonacieux vor sich sehe, nicht Mylady. Die Zeit hat seine Erinnerungen nicht verblassen lassen.

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  • Das hätte ich jetzt nicht gedacht, dass ich das mit der Buße richtig verstanden habe, ich finde Athos Ansichten da doch etwas krass..das zeigt, dass er noch immer große Schuldgefühle hatte, wenn er sogar den Tod seines Sohnes, der ja sein ganzes Leben war, als Buße wegen der Geschichte mit Mylady betrachtet hätte.
    Was d´Artagnan betrifft, das ist schon tragisch, dass er Constance nicht vergessen konnte und somit niemals über ihren Tod hinwegkam, auch nach so langer Zeit nicht, er hat sie nach ihrem Tod wohl immer mehr idealisiert.

  • Ja, aber andererseits spricht er ansonsten nicht sehr viel von ihr. Weniger, als man vermuten könnte. Die Tatsache, dass er kein wirklich neues Verhältnis zu einer Frau begann, mag ein Hinweis sein, dass er nie über diese Geschichte wegkam, aber wirklich thematisiert wird das nicht. Sein Verhältnis zu Madeleine ist ja eher rationeller Art ;)

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  • Das stimmt, das mit Madeleine war für ihn einfach ein bequemes Arrangement...so hatte er eine Wirtin, die ihm Essen kochte, seine Wäsche machte, und nur wenig Miete nahm..das steht auch irgendwo im VAA. Leider wird da nicht erwähnt, ob er im VdB immer noch im Haus von Madeleine wohnte..zumindest in der gekürzten Version wird sie nicht mehr erwähnt.

  • Ich glaub das hatten wir schon mal, aber unser Leutnant führte oft ein reines Soldatenleben mit Feldzügen ect. Kein Geld, kein Eigentum. Welche Frau sucht so einen Mann? Könnte es nicht einfach auch an der maglenden Auswahl gelegen haben?


    Bei Athos ist es klar, das es ihn mehr beschäftigt. Er hat sich wegen ihr fast um den Verstand getrunken, sie war seine Frau und er hat sie sehr geliebt.


    Für die beiden anderen war es halt ne Mörderin und eine Episode aus der Vergangenheit.

  • @ 2 times


    Nein, d´Artagnan war für Frauen keine so gute Partie, er besaß ja wirklich nicht viel, aber das gleiche kann man auch von Porthos sagen, dem es jedoch mit seinem Charme gelang, Madame Coquenard für sich zu gewinnen, und sie nach dem Tod ihres Gatten zur Hochzeit zu bewegen.
    Vermutlich fehlte es d´Artagnan an dem Charme, den Porthos besaß, oder aber er trauerte noch immer Constance nach und hatte gar kein Interesse daran, sich eine Frau zu suchen. Das Interessante an den Musketierromanen ist ja auch, dass Dumas dem Leser viel Raum für eigene Interpretationen lässt, das hatte ich in einem anderen Thread auch schon einmal erwähnt.
    Was Athos betrifft, das ist besonders tragisch, weil Mylady letztendlich nur mit seinen Gefühlen gespielt hat, aus "Die Jugend der Musketiere" geht ja eindeutig hervor, dass sie nichts für ihn empfand und nur auf den Titel und die Ländereien aus war. Auch wenn er die Lilie nicht entdeckt hätte, hätte das irgendwann für ihn ein böses Ende genommen, und er hätte ein ähnliches Schicksal erlitten wie Myladys 2. Mann Lord Winter. Ich denke, dass Mylady Athos irgendwann, wenn er die Lilie nicht entdeckt hätte, vergiftet hätte, sobald sie ihm einen Sohn geboren hätte.
    Porthos und Aramis kannten Mylady ja gar nicht richtig, und deswegen war es für sie auch nicht so emotional belastend wie für Athos und d´Artagnan.

  • Was D'Artagnan betrifft, ist anzumerken, dass er auch gar nicht so einfach hätte heiraten können. Als Soldat (selbst mit höherem Rang) hätte er dazu die Erlaubnis seines Vorgesetzten benötigt oder er hätte seinen Posten aufgeben müssen. Aber auch als Zivilist waren damals für eine Ehe finanzielle Auflagen zu erfüllen.


    Davon abgesehen aber sind "Die Musketiere" zumindest aus heutiger Sicht durchaus frauenfeindliche Bücher, was in den meisten Verfilmungen, gerade in den neueren Filmen ansatzweise korrigiert wird.
    Nur ein Beispiel: Bei einem Vergleich der Richelieu-Darstellungen in möglichen Vorlagen, die Dumas gekannt hat, fällt auf, dass eine Reihe negativer Aktionen des Kardinals bei Dumas auf Mylady übertragen wurden, was es ihm als Schriftsteller möglich macht, den Kardinal durchaus positiv rüberkommen zu lassen. (Dass Mazarin in der Fortsetzung im Vergleich zu Richelieu nicht einfach nur schlechter wegkommt, sondern sogar zur "Witzfigur" degradiert wird, dürfte bei Dumas "nationale" Gründe gehabt haben. Mazarin war im Gegensatz zu Richelieu kein Franzose, sondern sozusagen ein Ausländer.)


    Was Constance betrifft, so mag sie zwar die erste Frau sein, mit der d'Artagnan etwas hatte und durch ihre Ermordung und aufgrund dessen, dass sie seine Erste war, mag sie durchaus einen besonderen Stellenwert für ihn haben. Allerdings ist es eine Beziehung, die von Anfang an keine Zukunft hat und moralisch fragwürdig ist, denn Constance ist verheiratet. Constance ist zwar keine Schurkin á la Mylady, aber zumindest auch eine Ehebrecherin. Insofern mag ihre Ermordung auf der Handlungsebene eine gewisse "Rechtfertigung" haben. Dass der Ehemann nicht einfach negativ, sondern widerwärtig ist, dient zu ihrer Entlastung als Ehebrecherin. Fakt bleibt, dass D'Artagnan in den "Drei Musketieren" mit einer Frau eine Beziehung eingeht, die eigentlich keine Zukunft hat. (Zum Vergleich, in der Verfilmung von 1948? wurde das z. B. geändert, hier ist Constance unverheiratet, hier haben wir es mit einem jungen Paar zu tun, das ernsthaft in einander verliebt ist, was auch die Eheschließung verdeutlicht. Im Roman dagegen ist die Beziehung zu Constance (sie wird nicht zufällig meistens mit ihrem Familiennamen dort bezeichnet) ein Abenteuer.

  • Erm


    Willkommen hier im Forum, ich wünsch dir viel Spass hier.
    Dass damals die Auflagen beim Militär zum Heiraten so streng waren, wusste ich gar nicht. Ich dachte immer, der Grund dafür, dass so viele Soldaten damals unverheiratet waren, wäre darin zu suchen, dass das Leben als Soldatenfrau damals ein Horror gewesen sein muss und die Frau dann auf vieles verzichten musste.


    Die Musketiere frauenfeindliche Bücher? Ja, du hast schon Recht, manche der negativen Aktionen des Kardinals werden im Roman auf Mylady übertragen, und der Kardinal kommt an manchen Stellen postiv rüber, während Mylady den ganzen Roman über durch und durch böse bleibt. Bis heute bin ich mir nicht sicher, ob sie in diesen des Wardes, in dessen Rolle d´Artagnan schlüpfte, verliebt war. Ihre emotionale Reaktion und ihre Stimmungschwankungen, wenn sie auf Briefe von des Wardes wartete, deutet schon darauf hin, dass sie etwas für ihn empfand.
    Frauenfeindlich würde ich die Musketiere aber nicht nennen, weil ja durchaus auch die Männer nicht an allen Stellen des Romanes so gut wegkamen. Man denke nur an Athos, der Mylady aufhing als er die Lilie entdeckte.
    Nun, dass die Beziehung zwischen d´Artagnan und Bonnacieux keine Zukunft gehabt hätte, würde ich nicht sagen...denn Bonnaciex war ja schon fast sechzig Jahre, zu jener Zeit ein gesegnetes Alter, und sie hätte nach seinem Tod dann durchaus einen Musketier heiraten können.
    Interessant ist auch, dass es im Roman gleich zwei Ehebrecherinnen gibt: Constance und Madame Coquenard, die ja in gewisser Weise auch eine Art von Ehebruch beging, als sie sich mit Porthos einließ. Der alte Anwalt wusste davon, konnte aber nichts mehr dagegen tun.

  • Hmja, Coquenard und Bonacieux dürfte gemein sein, dass sie ihre Frauen nicht aus Liebe, sondern der Raison wegen ehelichten. Die Ehe hatte ja nix mit Liebe zu tun. Insofern hätte es für d´Artagnan und Constance durchaus eine Zukunft geben können, einfach als Mätresse / Amant. Was ja nicht ungewöhnlich, auch wenn Constance nicht dem Adel angehörte, aber auch die Bourgeoisie war dafür durchaus offen. Für d´Artagnan als Soldaten nicht unbedingt die schlechteste Lösung, denn der Sold war ja wirklich nicht so reichlich, als dass er damit eine Familie hätte unterhalten können.
    Wobei die Musketiere damals anscheinend öfters verheiratet gewesen sein sollen, das habe ich mal in einem Artikel über sie gelesen. Es waren ja durchweg Adlige, die vermutlich nicht alleine vom Sold lebten. Wobei sie recht gut bezahlt waren, deswegen wollte Mazarin die Truppe ja auch auflösen - zu teuer. Eine Ehe wäre wohl schon möglich gewesen und inwiefern sie sich als Adlige da reinreden lassen mussten, weiß ich nicht. Sie hatten ja durchaus einen etwas anderen Status als der gemeine Soldat. Der oft von Haus und Ehefrau weg zum Heer gepresst wurde ...

    Wenn es morgens um sechs an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe (W. Churchill)

  • Der historische d´Artagnan heiratete ja noch mit ca. fünfzig eine reiche Witwe und bekam mit ihr zwei Söhne, und wurde wieder geschieden.
    Dumas hat diese Option für den Roman nicht gewählt, weil es wohl nicht zu seinem Gesamtkonzept passte.
    Wenn Constance nicht vergiftet worden wäre, wäre es durchaus möglich gewesen, dass sie die Mätresse des Gascogners geworden wäre, und falls er Kinder mit Constance gehabt hätte, hätte diese womöglich der ahnungslose Bonnaciex aufziehen müssen.
    Vermutlich gab es tatsächlich Musketiere wie Porthos, denen es gelang, eine reiche Witwe zu heiraten, wie man am Beispiel des historischen d´Artagnans sieht. Allerdings dürften viele Musketiere, wie der d´Artagnan im Roman auch niemals geheiratet haben, weil sie vom Sold keine Familie ernähren konnten.

  • @2 times


    Ja, es ist durchaus möglich, dass einige Musketiere eine Familie hatten, ohne verheiratet zu sein.
    Allerdings bezweifle ich, dass das allzu häufig vorkam, da uneheliche Kinder im 17. Jahrhundert gesellschaftlich geächtet und verhöhnt wurden..so musste selbst ein so mächtiger und reicher Adeliger Athos sein leibliches Kind als Adoptivsohn ausgeben, damit es nicht als Bastard beschimpft wurde.
    Möglich wäre aber durchaus, dass es Musketiere gab, die mit verheirateten Frauen Kinder hatten, und dann in aller Heimlichkeit selten als Familie zusammenkamen.

  • Ich glaube, dass die Nummer mit der Verhütung auch nicht immer nach Plan lief. Was ja nun auch historisch überliefert ist. Es gab einen ganzen Haufen Bastrade in allen Schichten. Ob das jetzt erwünscht, geplant und öffentlich gemacht wurde, wird wohl keiner mehr sagen können.


    Aber der Punkt ist: Alles was verboten oder erschwert wird gibt es trotzdem und häufig :whistling:

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