Adelstitel

  • Ich bin für mich gerade eine Geschichte am Schreiben, die zwar in Frankreich spielt, aber ein Jh. vor den Musketieren. Ich würde mich trotzdem sehr freuen, wenn ihr mir ein bisschen weiterhelfen könntet, auch wenn sich das, was ich vorhabe kaum für eine Fanfiction gebrauchen lässt (Daran traue ich mich vielleicht einmal, wenn ich ein bisschen mehr Ahnung vom Sujet habe ;-)). Ich habe da ein paar grundlegende Fragen.


    1.) Adelstitel
    Wie sieht die Hierarchie bei frz. Adelstiteln aus, sprich wer steht am höchsten, wer niedriger?: Duc (Herzog? Fürst?), Comte (Graf), Vicomte (?), Baron, Marquis (Markgraf?)? Wie werden diese Titel vererbt? - gibt es solche, die nicht vererbt werden? Wie kommt man beispielsweise an ein Herzogspatent? welche dieser Titel schließen die Grundherrschaft (und Gerichtbarkeit) über ein bestimmtes Gebiet mit ein?


    2.) Wer erledigt im Fürstentum der frz. Renaissance die "Handlangerarbeiten" des rechtsprechenden Fürsten (also Verghaftungen, Festnahmen etc.) Gibt es so etwas wie eine "Burgwache" an frz. Adelshöfen/Burgen?


    So, in der Hoffnung, dass sich jemand von Euch erbarmt, mir aus dem Morast miner völligen Unwissenheit herauszuhelfen, von der ich euch jetzt hoffentlich hinreichend überzeugt habe
    Sacayawea

  • Hallo Sacayawea,


    oh, eine Geschichte? :-) *freu* Ich wäre neugierig darauf, auch, wenn die Thematik vielleicht nicht hundertpro in eine Fanfiction zu den Musketieren paßt (auf eine solche von Dir wäre ich auch gespannt... ;-)), vielleicht magst Du mir ja mal ein Stückchen daraus zeigen? *neugierigsei*
    Ich kann Dir vor allem zu Deiner ersten Frage was sagen, weniger zur zweiten, aber da finden sich vielleicht noch andere Informiertere als mich... Die Hierarchie der franz. Adelstitel sieht folgendermaßen aus: Zunächst kommt natürlich der König. Auf der nächsttieferen Stufe sind die Herzöge (die ihren Titel nicht über ein Patent in dem Sinne erhalten, sondern vom König dazu erhoben werden, oder den Titel eben erben, da gibt es also eine ganz normale Erbfolge vom Vater auf den Sohn, sowohl bei den regierenden als auch bei den nicht regierenden Herzögen), danach kommt der Marquis, dann der Graf, dann der Vicomte, dann der Baron und zuletzt der Chevalier. Da drunter stehen dann noch die Adeligen ohne jeden Titel und dann kommen schließlich die Bürger. Vererbt werden übrigens alle diese Adelstitel, sie können aber auch vom König verliehen werden.
    Grundherrschaft besitzen auf jeden Fall die Herzöge, Marquis und Grafen, auch ein Baron "regiert" sozusagen über sein Land und seine Dörfer. Grafen, Marquis und Herzöge haben die hohe Gerichtsbarkeit, soweit ich weiß (bin mir nicht sicher). Sehr interessant zu diesen Fragen (und ganz und gar nicht trocken) ist die Romanreihe "Fortune de France" von dem französischen Autor Robert Merle, die es auch auf Deutsch gibt. Es sind Romane, keine Geschichtsbücher, aber darin erfährt man so gut wie alles über die französische Geschichte und die Adelskultur und das Leben an adeligen Höfen des 16. und 17. Jahrhunderts und das auf äußerst spannende und unterhaltsame Weise. Mehr zu dieser Romanreihe findest Du auf meiner Seite unter "Literatur" -> "Französische Geschichte". Außerdem findest Du in der Rubrik ein Buch namens "Der europäische Adel im Ancien Regime", das auch einige interessante Infos vielleicht auch zu Deiner zweiten Frage beinhalten dürfte. :-)
    Ich hoffe, ich konnte Dir ein wenig helfen!


    P.S. Eins fällt mir gerade noch ein: es gibt in der französischen Renaissance kein Fürstentum, Frankreich ist ein geeintes Königreich, das aus Provinzen besteht, die aber alle dem König unterstehen. ;-)

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    Je reviens de mon gré aux doulx lacqs qui me serrent.
    Meine Fotos | Mein Livejournal
    Fiaskofalke des St. Athos (Maike am 8.2.2005)
    "Wir sind die Germanisten. Widerstand ist zwecklos. Sie werden korrigiert." (Maike, ebenfalls am 8.2.2005)
    "Es trinkt der Mensch, es säuft das Pferd, bei Athos ist es umgekehrt." - Porthos, bei den Volksschauspielen Ötigheim am 24.7.2005
    Altjümpferliches Tupfi

  • Hallo Silivia,


    Danke, ja, du hast mir sehr geholfen.
    Dann noch eine Frage zu den Provinzen: Dann ist also in Frankreich selbst der kleinste Adlige dem König direkt unterstellt - sprich es gibt keine Untervasallen... Hhm, ja, jetzt wo du's erwähnst erinnere ich mich dunkel an Geschichtsstunden à la "Partikulargewalten vs. Zentralgewalt in D und F im Vergleich" - bloß dass es sich so formuliert nicht so anhörte, als könnte es für mich einmal irgendeine Bedeutung spielen ;-)


    Robert Merle? Schon mal gehört... eine Familiensaga, nicht?


    Meine Geschichte hat nun wirklich überhaupt nichts mit Musketieren zu tun, für dieses Forum ist sie also total ungeeignet und es ist auch purer Zufall, dass ich gerade jetzt auf deine Seite gestoßen bin, Silvia. Wenn es dich dennoch interessiert, könnte ich dir einen Ausschnitt per Email zusenden. Für jede Kritik bin ich natürlich dankbar.


    Viele Grüße
    Sacayawea

  • Was "Fürsten" betrifft - da gibt es in Frankreich keinen von "Prinzen" getrennten Begriff (ähnlich wie im engl. Sprachraum), es gibt aber durchaus Leute mit so einem "Prince"-Titel... Silvia, der Prince de Condé guckt von meiner Wand her gerade böse, daß Du ihn unterschlagen hast! :lol:


    Man sollte vielleicht noch erwähnen, daß bestimmte Herzogstitel Mitgliedern des Königshauses zufallen - im 16. Jh., über das Sacayawea schreiben möchte, sind doch beispielsweise einige Söhne von Henri II Herzöge, z.B. ist der spätere Henri III Duc d'Anjou (Herzog von Anjou) und sein Bruder Duc d'Alençon. Zur Zeit der Musketiere ist dann der Bruder des Königs, Gaston, Duc d'Orléans.

  • Maike: Bist du sicher, dass Gaston der Duc d'Orléans ist, ich meine mich zu erinnern, in einem Buch (Tanz der Wasserläufer) gelesen zu haben, dass Gaston, Bruder des Königs, Gaston d'Anjou genannt wird.
    Es könnte natürlich sein, dass das ein ganz anderer ist, da das Buch aber, wie die Musketierromane zur Zeit von Richelieu spielt, müsste das doch schon der gleiche sein, oder? Bin etwas ratlos.

  • Napoleon: Ja, ich bin mir sicher. Unter dem Namen "Gaston d'Orléans" ist er zumindest am Bekanntesten. Er hat den Titel, soweit ich weiß, 1626 anläßlich seiner Heirat zusammen mit dem Titel eines Comte de Blois bekommen - vorher war er auch schon Duc d'Anjou, und später auch noch Duc de Chartres (kann sein, daß ich ihm jetzt einen Titel zu viel oder zu wenig verpaßt habe, wenn ja, korrigiert mich). Vorher lag der Titel "Duc d'Orléans", glaube ich, zuletzt bei Nicolas, dem mittleren, als kleines Kind gestorbenen Sohn von Henri IV, es war also ein Herzogstitel, über den die königliche Familie verfügte.
    Aber bis zu seinem Tode 1660 war Gaston definitiv Herzog von Orléans - danach ist der Titel an Philippe, den Bruder von Louis XIV, gefallen.

  • Erst mal vielen Dank für die Erklärung.
    Jetzt ist mir auch klar, warum ich erst falsch dachte.
    Du sagst ja, dass er vorher Duc d'Anjou war und da er in dem Buch tatsächlich noch sehr jung ist....
    Alles klar! :-)

  • Nein, der Baron steht unter dem Comte bzw. dem Vicomte. Und bei Porthos ist das eine Frage der Erreichbarkeit - er ist zunächst einfacher Chevalier, wenn überhaupt, meiner Erinnerung nach wird er nie irgendwo betitelt ... korrigiert mich ... und so kann er über den Rang als Baron schon mal froh sein.

    Wenn es morgens um sechs an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe (W. Churchill)

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