Die dunklen Facetten des VdB

  • Ich vermute, dass Dumas die Beziehung von Mutter und Sohn einfach nicht für wichtig genug hielt, um sie im Vdb auszubauen.


    Er wollte Raoul Selbstmord begehen lassen, und dabei wäre ihm eine intakte Mutter-Sohn-Verbindung vermutlich im Wege gewesen. Liebende Mütter haben ja meist eine feine Antenne dafür, wenn mit ihren Kindern was nicht stimmt.


    Irgendwie kommt`s mir vor, als ob d`Artagnan eine gewisse Zentralposition einnimmt: Er ist schlicht überall dabei, trägt aber (außer im Fall Athos) nichts Wesentliches zur Lösung der Konflikte bei - in der Bastille, als Aramis Baisemeaux besucht, in Vannes, bei Percerin, in Vaux, wo der Königstausch stattfinden soll und dieser natürlich in seiner Anwesenheit auffliegt, auf Sainte Marguerite, wo er Raoul und Athos trifft, bei der Einnahme von Belle-Isle, bei Porthos`Testamentseröffnung in Pierrefonds, auf La Fère steht er an Athos`und Raouls Sarg, und natürlich begegnet er Jahre später Aramis am königlichen Hof wieder. Wobei ich nicht glaube, dass Aramis zu diesem Zeitpunkt bereits ein krummgebeugter weißhaariger Greis ist, der sich kaum noch aufrecht halten kann, wogegen der Gascogner immer noch imstande ist, als Hauptmann der Musketiere in den Sattel zu steigen und in Schlachten zu kämpfen, obwohl er nur 3 Jahre jünger ist als sein Freund.

    Troja stand in Flammen. Alles war im A**** (Homer, Ilias, 1. Versuch)

    Einmal editiert, zuletzt von Aramis ()

  • Aramis


    Was ich mich immer frage: Hatte Dumas von Anfang an, schon als er am VAA schrieb, Raouls Selbstmord geplant?
    Ich habe mal ein Buch von Stephen King gelesen" über das Leben und das schreiben", in dem King schildert, dass bei vielen Autoren die Figuren ein Eigenleben entwickeln beim Schreiben, es dann anders ausgeht als ursprünglich vorgesehen, sich die Figuren quasi beim SChreiben selbstständig machen.
    Ich kenne das übrigens auch, ist bei mir wie bei King, meine Figuren entwickeln beim Schreiben oft ein Eigenleben, was dann zu überraschenden Wendungen führt.
    Auch bekannte Autoren wie Joanne K. Rowling schildern dieses interessante Phänomen.
    Kennst du das auch von deinen Geschichten?
    Deswegen frage ich mich, ob Dumas Raouls Tod von Anfang an geplant hatte, oder ob sich das beim Schreiben des Vdb einfach so ergab.
    Wir werden es wohl leider niemals erfahren.

  • Hm, ich hab nicht das Gefühl, dass Dumas Raouls Selbstmord in den VAA schon angelegt hat...dort wirkt er auf mich eher wie ein ganz normaler, abenteuerlustiger junger Mann, der sich seine ersten Sporen verdienen will. Er scheint noch keine Ängste und Todessehnsüchte zu haben, da macht sich sein Vater wohl weit mehr Sorgen, siehe Mordaunt :whistling:

  • Ich denke mal, dass Dumas Raouls´ Tod plante. Er schrieb nach Plänen und nicht einfach so, deswegen nehm ich an, dass er Raouls Suizid von Anfang an im Augen hatte - zumal dessen Liebe ja von Beginn an unter einem schlechten Stern stand und im Prinzip das Unglück seines Vaters widerspiegelt. Ein interessantes Phänomen im Übrigen: Die Frauen sind nie lange da, sie veschwinden recht schnell wieder, nachdem sie ihre Schuldigkeit getan haben - den Mann ins Unglück zu stürzen, ein Kind zu gebären oder ihm eine Zeit lang eine Geliebte gewesen zu sein. Sie dürfen nicht zwischen den Männern stehen, bei Winnetou ist es dasselbe Phänomen - alle Frauen sterben :S Das scheint, um mal kurz ooT zu gehen, im neuen Winnetou anders zu sein, aber ich hab ihm auch noch nicht gesehen. Ich glaube aber, er stirbt auch.

    Wenn es morgens um sechs an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe (W. Churchill)

  • enke mal, dass Dumas Raouls´ Tod plante.


    Ja? Das ist interessant, denn ich hatte eher den Eindruck, dass sich das entwickelt. Aber das kann natürlich auch täuschen, und Dumas hat es insgeheim von vornherein so geplant. Doch irgendwie werd` ich das Gefühl nicht los, dass er eigentlich nach den VAA aufhören wollte und den VdB (vielleicht aus finanziellen Gründen o.ä.) hinterherschob. Die gewissen Ungereimtheiten bei den Charakteren lassen mich das schließen. Aber ich bin kein Dumas-Spezialist :whistling::whistling::whistling::whistling: , das ist bloß so ein vages Gefühl...

  • Aramis


    Naja, da hast du schon Recht, aber im VAA deutet Dumas immerhin an, dass Raoul der damals noch kindlichen Louise bereits in hoffnungslos naiver Teenagerliebe zugetan war. Ob er da allerdings schon Raouls SElbstmord geplant hatte, da bin ich mir nicht sicher, denn Raoul ist im VAA noch ein mutiger, lebensfroher Mann, der sich nicht so schnell unterkriegen lässt. Ich hatte den Vdb vor dem VAA gelesen und war ganz überrascht, im VAA einen völlig anderen Raoul vorzufinden.
    Den Raoul aus dem VAA mag ich lieber, den Raoul als dem Vdb nicht ganz so gerne, weil er sehr egoistisch handelte, ihm hätte klar sein müssen, dass er mit seinem Selbstmord im Krieg seinem Vater auch das Leben nimmt, dass dieser an Kummer zugrunde gehen würde.
    Schon seltsam:
    Im VAA ist Raoul ein Teenager, wirkt aber eher wie ein erwachsener Mann, im Vdb ist er ein erwachsener Mann, wirkt aber wie ein pubertierender Teenager.


    @Kalou


    Auf jeden Fall ist Dumas im VAA ein gewaltiger Überraschungseffekt gelungen, denn dass ausgerechnet Athos Vater werden würde, hätte sicherlich kein Leser der "Drei Musketiere" für möglich gehalten, wenn ich damals gelebt und die Geschichte noch nicht gekannt hätte, hätte ich eher den Gascogner als Vater gesehen....dem hätte ich so einen "Unfall" eher zugetraut, weil er im ersten Roman sehr umtriebig war, was die Damenwelt betraf.
    Schade, dass man Dumas nicht mehr fragen kann, ob er Raouls Tod von Anfang an vorgesehen hatte...möglich wäre es ja, denn auch im VAA wird schon eine stark ausgeprägte Liebe des jungen Mannes zu der kleinen Louise deutlich, die man allerdings, wenn man den Ausgang des Vdb noch nicht kennt, eher für eine Teenagerschwärmerei hält...so auch Athos, der ja sagte, er selbst wäre als Teenager in eine Statue im Garten verliebt gewesen, er also Raouls Liebe nur für jugendliche Schwärmerei hält.
    Da im 19. Jahrhundert Tragikromane sehr modern waren, ist zu vermuten, dass Dumas in diesem Zeitgeist schrieb, aber genau werden wir es niemals erfahren. Winnetou war ja auch eher tragisch angelegt, wobei es aber dort umgekehrt war, es immer die Frauen traf. Den neuen Winnetou hab ich mir noch nicht angeschaut, denn mir war schon die Neuverfilmung der schatzinsel ein Graus. :cursing:
    Deswegen weiß ich nicht, ob ich mich da heranwagen werde.

  • Er wollte Frankreichs Geschichte in Romanform anlegen, da gehörte Louis XIV dazu, weswegen ich glaube, dass er den VdB immer schreiben wollte. Aber die Mischung ist seltsam, zum einen ein Abenteuerroman wie die 3M oder VAA, zum anderen dieses endlose Gesülze mit Manicorne, Malicamp, den Hofintrigen usw. Das zeigt, dass unsere Helden zu einer anderen Epoche gehörten, in der noch echte Männer zählten. Danach gab´s nur noch Höflinge und auch deshalb mussten sie sterben.

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  • @Kalou


    Ja, in den Romanen wird ja auch sehr deutlich, wie sehr sich die Zeiten veränderten, in den über 35 Jahren der Romanhandlung, die Ära des Sonnenkönigswar ganz anders als die seines Vaters, in diese Welt passten die vier Freunde einfach nicht mehr....


    Aramis


    Darüber werde ich irgendwann auch eine FF schreiben, die Musketiere durch einen mysteriösen Zeitsprung mal ins Paris der Gegenwart versetzen...ich liebe ja solche Zeitsprünge :D

  • Hm, durchaus möglich! :whistling: Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass die "echten" Männer noch nicht komplett ausgestorben sind...oder hat es sie in Wahrheit nie gegeben, und man suggeriert uns ihre Existenz bloß listig via Literatur und Film? :huh:

  • 8) Hm, wohl bloß zwischen den vergilbten Seiten des Märchenbuchs, nicht wahr? ;) Aber weiße Pferde gibt es tatsächlich, hab schon mal eins in natura gesehen :D


    Also mir wäre das das Pferd wesentlich lieber als der Ritter :love:
    Tiere sind oft nicht nur intelligenter als das was man heute so Ritter nennt, sondern auch sympathischer :love:

  • :thumbup: Pferde haben gegenüber Rittern einen entschiedenen Vorteil: Sie sind bärenstark, und sie reden kein dummes Zeug. Was sie zu sagen haben teilen sie via Körpersprache und Telepathie mit, und ihr natürlicher Instinkt funktioniert blendend.

  • :thumbsup: Ein Wort zu Winnetou, den ich jetzt mal angeguckt habe - bisher nur die ersten beiden Teile - also ich mag solche Filme. Ja, er hat Schwächen, dazu kann man im Netz einiges lesen, aber insgesamt fand ich grad den ersten Teil wirklich gut gemacht. Der zweite schwächelt ein wenig, aber trotzdem hat es Spaß gemacht, ihn anzusehen. Man darf nur nicht erwarten, dass da ein Remake der alten Verfilmung gemacht wurde, es sind wirklich andere Filme. Aber Winnetou (den echten Namen des Shauspielers kann ich mir nicht merken) ist nett anzusehen und positiv fand ich, dass NTschoTschi (der Name wird auch hier nicht besser :wacko: ) endlich nicht mehr die ungebildete rote Frau ist, die aufgrund ihrer Liebe zu Shatterhand studieren gehen will - wie blöd ist das denn? Den letzten Teil guck ich heut Abend an, aber den ersten kann ich echt empfehlen.

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  • NTschoTschi ... endlich nicht mehr die ungebildete rote Frau ist, die aufgrund ihrer Liebe zu Shatterhand studieren gehen will - wie blöd ist das denn?

    Gar nicht so blöd, wenn man den Roman kennt. Das lief damals, Mitte des 19. Jhdts, tatsächlich so in den Staaten. Leider allerdings wirklich nur in Einzelfällen.
    Im übrigen ist NschoTschi bei Karl May im Buch gar nicht so ungebildet, auch Winnetou ist es überhaupt nicht (im Gegensatz zu der Neuverfilmung!).
    Schließlich lebte "KleckiPetra" seit vielen Jahren in dem Stamm, ein Weißer, ein Deutscher, den es dorthin verschlagen hatte und der den Kindern des Häuptlings IntschuTschuna doch schon eine ziemliche "Bildung" beigebracht hat. Leider wird dieser "gute Weiße" gleich am Anfang erschossen, ebenso wie etwas später IntschuTschuna und NtschoTschi. Das alles fehlt in der Verfilmung.


    Ansonsten fand ich den ersten Teil der Neuverfilmung im Grunde auch ganz gut, weil die da die "Vorgeschichte" - die Karl May nicht erzählt - gebracht haben, wie ein gewisser deutscher Ingenieur "Karl May" als Einwanderer/Arbeitsuchender in die Staaten kommt.
    Der Winnetou hat mir nicht gefallen - äußerlich schon, ein hübscher Mann! - aber er wurde mir zu "wild" und "dumm" dargestellt.

  • Ich hab die Bücher gelesen und vor kurzem erst die ganzen Filme mit Pierre Brice gesehen - die finden sich alle auf Youtube - aber die Idee, dass eine Indianerin erstmal was lernen gehen will, um Shatterhands würdig zu sein, das mag ich nicht. Zumal der gute Shatterhand an keiner Stelle wirklich gesagt hat, dass er sie liebt - aber da kann mich meine Erinnerung täuschen, die Bücher hab ich vor langer Zeit gesehen. Die Idee der Shamanin gefällt mir da um Längen besser. Aber klar, der neue Film ist ziemlich weit von den Büchern weg, trotzdem hat er mir gut gefallen. Winnetou fand ich jetzt auch nicht ´dumm´ dargestellt und ansehnlich ist er sowieso :) - wäre ich Verfechter einer buchgetreuen Verfilmung, würden sie mir vermutlich auch nicht so gefallen, aber da ich sie mehr oder weniger neutral ansah, fand ich sie nicht schlecht. Ich will jetzt nix vorwegnehmen, aber das Ende ist in der Tat etwas strange :whistling:

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  • das Ende ist in der Tat etwas strange

    Leider habe ich es verpasst, mir den dritten Teil anzusehen oder ihn aufzunehmen! Wie ist denn das Ende?
    Ich fand es schon äußerst seltsam, dass der Schluss des zweiten Teils offensichtlich darauf hinauslief, dass Mr. May alias Shatterhand sesshaft wird und eine Farm bewirtschaftet.
    Ist doch unmöglich! Kann man sich doch einfach nicht vorstellen - gut - die Romane sind auch nur Phantastereien, allerdings ganz gut recherchierte, aber das - oh nein . . .

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