Das Wirrwarr der deutschen Übersetzungen: Welche Editionen kaufen?

  • Hallo,


    Ich bin neu im Forum und habe hier entdeckt, dass es ein ziemliches Kreuz ist mit den deutschen Übersetzungen und Editionen der drei Musketier-Romane von Alexandre Dumas.
    Ich habe hier einige Themen durchgeschaut, bin mir aber immer noch nicht sicher, welche Ausgabe ich den nun auf deutsch kaufen soll. Hier mal meine Erkenntnisse, vielleicht kann mir ja jemand hier weiterhelfen:


    Die drei Musketiere: Die neue Ausgabe von Fischer im Taschenbuch (2010) ist ungekürzt und verwendet die Übersetzung von Zoller, die gut sein soll, richtig?


    Zwanzig Jahre nachher/später: Eine alte Ausgabe von Reclam Leipzig (1910er Jahre) in 2 Bänden soll ungekürzt sein und die Übersetzung von Conrad sehr ansprechend, richtig? Es gibt auch eine aus den Zwanzigern mit der Übersetzung von Zoller, durchgesehen von M. Pannwitz. Meinungen hierzu?


    Der Vicomte de Bragelonne: Nur eine alte Ausgabe (Anfang es 20. Jhds.) in sechs Bänden mit der Übersetzung von Zoller an Bord ist eine deutsche und ungeürzte Edition, richtig?


    Ich bitte um und hoffe auf eure Hilfe hier im Forum.


    Mercí im Voraus!

  • Hallo,





    Ich bin neu im Forum und habe hier entdeckt, dass es ein ziemliches
    Kreuz ist mit den deutschen Übersetzungen und Editionen der drei
    Musketier-Romane von Alexandre Dumas.


    Ich habe hier einige Themen durchgeschaut, bin mir aber immer noch nicht
    sicher, welche Ausgabe ich den nun auf deutsch kaufen soll, besonders, da die Themen alle schon älter sind und die Ratschläge eben auf mehrere Themen verteilt. Hier mal
    meine Erkenntnisse, vielleicht kann mir ja jemand weiterhelfen, sodass in diesem Beitrag hier auch eine Übersicht zustande käme, die jedem weiterhilft, der die gleiche Frage hat:





    - Die drei Musketiere: Die neue Ausgabe von Fischer im Taschenbuch
    (2010) ist ungekürzt und verwendet die etwas bearbeitete Übersetzung von Zoller, die gut
    sein soll, richtig? Die gleiche Übersetzung findet sich auch in der dtv-Ausgabe von 2009?





    - Zwanzig Jahre nachher/später: Eine alte Ausgabe von Reclam Leipzig
    (1910er Jahre) in 2 Bänden soll ungekürzt sein und die Übersetzung von
    Conrad sehr ansprechend, richtig? Es gibt auch eine aus den 1920ern
    mit der Übersetzung von Zoller, durchgesehen von M. Pannwitz. Meinungen
    hierzu?




    - Zehn Jahre nachher oder Der Vicomte/Graf de Bragelonne: Nur eine alte Ausgabe (Anfang des 20.
    Jhds.) in sechs Bänden mit der Übersetzung von Zoller an Bord ist eine
    deutsche und ungeürzte Edition, richtig? Allerdings soll Zoller viele Spitzfindigkeiten und frivolere Passagen abgeschwächt haben, stimmt das?





    Ich bitte um und hoffe auf eure Hilfe hier im Forum.



    Mercí im Voraus!

  • Hallo Johnny, herzlich willkommen im Forum! Was die deutschen Übersetzungen betrifft, so kann ich kann nur raten, die Romane in einer französischen texte intégral-Ausgabe zu lesen. Aber ich weiß, das ist natürlich nicht immer möglich...


    Hier mal die Zoller-Übersetzung der "Drei Musketiere" bei Wikisource, zum Begutachten:
    https://books.google.at/books?…esc=y#v=onepage&q&f=false
    https://books.google.at/books?…esc=y#v=onepage&q&f=false


    Ich nehme an, Fischer- und dtv-Ausgabe haben diese Übersetzung ein wenig "modernisiert".


    Ich mag die Zoller-Übersetzung nicht, weil sie die französischen Anreden in deutsche umwandelt (aus Monsieur de Tréville wird Herr von Tréville :wacko: ) und sie das französische "vous" nicht immer korrekt mit "Ihr" sondern auch mal mit "Du" übersetzt, wenn der Übersetzer das für gut hält. (z.B. im Gespräch von d`Artagnans Vater mit seinem Sohn). In der Übersetzung von Bernd Hagenau werden die französischen Anreden zwar beibehalten, aber das "vous" wird durchwegs mit "Sie" übersetzt und überdies manchmal ganze Sätze gestrichen, weil der Übersetzer offenbar der Ansicht ist, sie wären eh unnötig. Besonders ärgerlich: Diese Übersetzung wird dennoch als "ungekürzt" bezeichnet...

    Troja stand in Flammen. Alles war im A**** (Homer, Ilias, 1. Versuch)

    3 Mal editiert, zuletzt von Aramis ()

  • Hallo Aramis, danke für die schnelle Antwort. Nein, die französische Ausgabe wird mir leider noch länger nicht möglich sein. ;)


    Zur dtv-Ausgabe weiß ich mittlerweile, dass sie die Übersetzung von Zoller enthält, leicht modernisiert/bearbeitet. Unter anderem wird aus dem Du zwischen d'Artagnans Vater und seinem Sohn ein Euch und die französischen Anreden werden wieder eingesetzt, also Monsieur de Tréville usw.


    Die Fischer-Ausgabe verwendet das Du, aber dennoch französische Anreden.
    Ich glaube, dass beide tatsächlich vollständig sind, denn die dtv-Ausgabe erzählt die Geschichte auf ca. 746 Seiten, die neue Fischer-Ausgabe (2010) auf ca. 782 Seiten (ohne Nachworte usw).


    Ich glaube, beim ersten Roman wird es wohl das Beste sein, zur dtv-Ausgabe zu greifen.

  • die französischen Anreden werden wieder eingesetzt, also Monsieur de Tréville usw.


    Das finde ich sehr gut für das "originale feeling" , und schön, dass du für dich zu einer Entscheidung gefunden hast! :thumbup:


    Was die Seitenzahl betrifft: Meine französische Ausgabe hat 902 Seiten Text (ohne Inhaltsverzeichnis)- zu Beginn steht ein Vorwort Dumas`, in dem er erwähnt, dass er bei seinen Recherchen zur Epoche Ludwigs XIV. zufällig über die Mémoires de M. d`Artagnan gestolpert ist, und zusätzlich zum Epilog gibt es noch einen Appendix, betitelt Un message, in dem die fiktiven Mémoires de M. de La Fère erwähnt werden. Wäre interessant, ob das Vorwort und dieser Anhang auch in der dtv-Ausgabe enthalten sind, und ob diese Ausgabe tatsächlich vollständig ist, ohne einzelne Passagen oder Sätze wegzulassen...

    Troja stand in Flammen. Alles war im A**** (Homer, Ilias, 1. Versuch)

    2 Mal editiert, zuletzt von Aramis ()

  • Puh, wenn die französische Ausgabe 902 Seiten hat, dann bezweifle ich stark, dass die dtv und Fischer-Ausgaben vollständig sind. Zumindest sind sie dann aber wohl die umfangreichsten deutschsprachigen. Ob einzelne Passagen oder Sätze weggelassen wurden kann ich natürlich nicht beurteilen, auch nicht, wenn ich die dtv-Ausgabe durch habe. Laut Inhaltsverzeichnis online (ich habe die dtv-Ausgabe noch nicht gekauft) hat die dtv-Ausgabe 67 Kapitel, den Epilog und die Vorrede von Dumas - und am Ende der Vorrede werden auch die Memoiren des Grafen de La Fère erwähnt; der von dir erwähnte Appendix ist flüssig und schlüssig in die Vorrede eingebunden und macht nicht den Anschein, als hätte das die Übersetzung so hingebogen. Hier die Leseprobe: https://www.dtv.de/_files_medi…e_pdf/leseprobe-13766.pdf


    So weit zu den Musketieren, Roman 1: Wie schaut es mit den beiden Fortsetzungen aus, kannst du da auch was zu den deutschen Ausgaben sagen, bzw. zu den Infos die ich oben schon zusammen getragen habe?


    Danke schonmal für deine bisherige Hilfe!

  • Lieber Jonny, ganz herzlich Willkommen hier im Forum! Ich find es klasse, dass du dir die Mühe machst, die Ausgaben zu vergleichen, das machen die wenigsten - dabei gibt es echt gekürzte Ausgaben, die im Prinzip etwas ganz anders erzählen, als der Originalroman. Das schlimmste Beispiel hab ich mal online gefunden, ich weiß nicht mehr genau, welche Seite das war, aber sicher keine schlechte Literaturseite, irgendwas renommiertes - da stand ´Zwanzig Jahre nachher´ drin, ich mein fast, es hieß ungekürzt - tja, und dann war es d´Artagnan, der Mordaunt den Dolch ins Herz stieß, mal ganz abgesehen von den fehlenden Teilen. Bei VAA (Vingt ans après) ist das Kapitel ´Le bonhomme Broussel´ ein Merkmal. Das ist selbst in den meisten französischen Ausgaben nicht drin, es war in der französischen Originalausgabe nicht drin, dafür aber im Siècle. Falls das in einer deutschen Ausgabe ist (es steht vor dem Kapitel, in dem sie sich zu viert wiedertreffen, ´4 amis qui s´apprêtent à se revoir´ heißt es, glaub ich), dann ist sie ungekürzt. Die Seitenzahlen heißen nicht unbedingt etwas, denn meine Bouquins-Ausgabe von den 3M hat nur fünhundert-irgendwas Seiten und ist sicher ungekürzt. Dafür aber schrecklich klein gedruckt :pinch:

    Wenn es morgens um sechs an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe (W. Churchill)

  • In dem Moment wo ich zufällig dieses Forum entdeckt habe und lesen musste, wie es um die Übersetzungen steht, ist sofort meine Recherchiermaschine in mir angesprungen. Ich mag einfach keine halbgaren Sachen: Entweder den Roman komplett, oder zumindest die bestmögliche Ausgabe. Aber für irgendeine Billigedition, oder vollkommen verunstaltete Übersetzung Geld ausgeben, widerstrebt mir sehr. Und so einen Eingriff in ein Kunstwerk kann ich erst recht nicht gut heißen, noch verstehen.


    Jedenfalls finde ich es sehr schön, wie hier allmählich immer mehr Wissen zusammen kommt, um mal eine Schneise durch dieses Dickicht an seltsamen Übersetzungen zu schlagen. Und danken möchte ich euch beiden, dass ihr mir so feundlich mit Rat zur Seite steht.
    Ich werde mal herausfinden, welche Kapitel die uralte Reclam-Ausgabe mit der Übersetzung von Conrad, betitelt "Zwanzig Jahre später", beinhaltet. Immerhin wurde sie hier im Forum in einem älteren Thema als ungekürzt und gut übersetzt empfohlen. Was Hoffnung macht: Sie besteht aus zwei dicken Bänden mit 520 und 517 Seiten.

  • Das klingt in der Tat gut, die Seitenanzahl könnte hinkommen. Wobei wie gesagt Seiten an sich eigentlich nichts aussagen, aber Reclam druckt m.W. recht klein. Ich muss mich an dier Stelle entschuldigen, dass ich letzte Woche nicht im Forum war und deinen Beitrag erst jetzt freigeschaltet habe - ich hab Silvia schon gebeten, das zu ändern, aber sie kam wohl noch nicht dazu, keine Ahnung, warum du nicht direkt posten kannst. Ich schreibe Silvia gleich noch einmal an. Hast du die Bücher eigentlich noch gar nie gelesen oder suchst du jetzt, weil du gekürzte Ausgaben gelesen hast, nach ungekürzten?

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  • Vielen Dank kaloubet, hat mich auch schon gewundert, dass ich nicht direkt antworten kann.
    Ich habe die Reclam-Ausgabe sehr günstig kaufen können und sobald sie da ist, werde ich nachschauen, ob "Le bonhomme Broussel" tatsächlich darin ist.
    Die Bücher habe ich, zu meiner Schande, noch nicht gelesen (außer mal eine sehr kurze Kinderausgabe früher) und ich dachte mir nun, es wird Zeit das nach zu holen - aber wenn schon, dann mit den vollständigen Büchern, wenn es möglich ist.

  • Da werde ich richtig neidisch, ich hätte auch gern das Vergnügen noch vor mir, die Bücher mehr oder weniger unbedarft lesen zu können. :thumbup:

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  • :thumbsup: Mon ami, qui était le seigneur du pays, aurait pu la séduire ou la prendre de force, à son gré, il était le maître ;





    unter anderem diese Stelle? ;)

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  • :thumbup: Ja, die auch. Ich hatte vor allem an Myladys Hinrichtung gedacht - diese Szene ist ja kaum für kindliche Leser geeignet, nicht wahr? :pinch: Hm, ich nehm mal an, diese Bearbeitungen für Kinder behandeln bloß die Affäre mit den Ferrets, bei der d`Artagnan groß rauskommt, und lassen Mylady nur am Rande als Agentin des Kardinals auftauchen...

  • So, ich habe gestern die beiden alten Reclam-Bändchen erhalten und kann voller Freude bestätigen, dass sowohl die Übersetzung von H. Conrad recht gut gelungen ist, als auch "Der ehrenwerte Broussel" seinen wohlverdienten Auftritt bekommt.


    Jetzt wäre nur noch zu klären, welche Edition sich beim Grafen von Bragelonne anbietet.

  • Die Zoller-Übersetzung ist hoffnungslos antiquiert. Sie strotzt vor Wörter, welche ihre Bedeutung in der Zwischenzeit geändert haben. So wird z.B. "genieren" im Sinne von "stören, beunruhigen" verwendet, was heute nicht mehr üblich ist. Nicht üblich ist heute auch die Eindeutschung von Titel, Dienstgrade und sogar Namen. So wird in der Zoller-Übersetzung z.B. Raoul zu Rudolf.

  • Hallo admiral, herzlich Willkommen hier :thumbup: - genieren würd mich jetzt nicht genieren ;) , Rudolf schon eher :D . Aber wenn es eine vollständige Übersetzung ist, ist das doch schon mal wunderbar, die meisten sind ja schrecklich gekürzt.

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