kaloubet
Oh, du hast den Helden-Thread eröffnet! Vielen Dank! Dieses Thema ist wirklich äußerst interessant. Was ist für mich ein Held? Also, spontan geantwortet, so aus dem Bauch heraus, wären für mich Menschen Helden, wenn sie Zivilcourage besitzen.
Wenn jemand, aus eigenem Entschluss heraus, eingefleischte Vorurteile, menschenverachtende Doktrinen und Gesetze, Krieg, Hass, Lüge, Verleumdung und Gewalt in jeder Form bekämpft und womöglich dabei seine Reputation oder noch schlimmer, sein Leben aufs Spiel setzt, dann ist dieser Mensch in meinen Augen ein Held. Ich hab da jetzt unter anderem gewisse Philosophen im Auge, wie z.B. Giordano Bruno oder Lucilio Vanini, die für ihre kritischen Aussagen der Inquisition zum Opfer fielen, oder Spinoza, dem wohl dasselbe Schicksal widerfahren wäre, hätte er nicht in den relativ toleranten Niederlanden gelebt.
Aber auch die Bekämpfer des Hexenwahns, wie Friedrich Spee, der Arzt Johannes Wierus, Agrippa von Nettesheim usw. fallen für mich in diese Kategorie Heldentum. Oder die Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime, wie Sophie Scholl und die Mitglieder der "Weißen Rose" - alle diese Leute hätten wohl ein ruhiges, unbehelligtes Leben führen können, wenn sie sich dem allgemeinen Wahnsinn unterworfen und den Mund gehalten hätten - doch diese Feigheit war offenbar mit ihrem Gewissen unvereinbar.
Doch daneben gibt es sicherlich noch andere Formen des Heldentums - wobei mir gleich die Frage hochkommt: Kann ein Soldat ein Held sein? Er begibt sich in Lebensgefahr, gewiss, aber er tut das auf Befehl, also eigentlich ohne eigene freie Entscheidungsmöglichkeit. Kann man Kadavergehorsam mit Heldenmut gleichsetzen? Und die Befehlshaber? Ist es Heldentum, möglichst effiziente Befehle zu erteilen, um sich gegenseitig abzuschlachten? Und doch hat das Wort "Held" immer so einen kriegerischen, militärischen Nimbus - als ob es außerhalb der Armee keine mutigen Leute geben könne.
Allerdings erhebt meine eben beschriebene Heldendefinition absolut keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt noch wesentlich mehr Facetten - ich denke mal an Leute, die es geschafft haben, sich selbst zu überwinden und ihr Leben in vollkommen neue Bahnen zu lenken, oder an Menschen, die den Mut hatten, einen schweren Schicksalsschlag zu verkraften, ohne in totaler Verzweiflung zu versinken, oder an Pioniere aller Art, die es sich zum Ziel gesetzt hatten, für die Menschen neue Wege und Möglichkeiten zu entdecken, um das Leben besser meistern zu können - Ärzte, Forscher, Naturwissenschaftler, Techniker usw. - auch wenn sie dabei oft massive Widerstände und Rückschläge aller Art in Kauf nehmen mussten. In diesem Sinne wären D`Artagnan und die 3 Musketiere für mich wohl eher keine Helden - oder lassen sie sich hier doch irgendwo einordnen?