@charlie, so wie du, kann auch ich den zeitgenössischen historischen Romanen nur sehr wenig abgewinnen. Schon stilistisch wollen da meist keine nostalgischen Gefühle aufkommen. Dieses fast journalistische Schreiben mit der größtmöglichen Vermeidung von Adjektiven mach die Texte für mich recht austauschbar und raubt ihnen jede eigene Note. Dazu kommt noch, dass viele Autoren heute einfach keine guten Dialoge mehr schreiben können. Das ist jedenfalls mein persönliches Empfinden, sodass auch ich lieber zu den Klassikern den Genres greife. Wie eben Dumas.
Wie bei vielen anderen, waren auch bei mir die Musketiere der Einstieg in die Romanwelten von Alexandre Dumas und ich bekam bei lesen natürlich auch Lust auf weitere Arbeiten, was heutzutage allerdings nicht mehr ganz so leicht ist, da leider nur noch sehr wenig verlegt wird. Und wenn doch, dann vorwiegend immer nur die gleichen Titel. Wenn man allerdings bedenkt, dass Dumas-Werke von den 1840er Jahren bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs im deutschsprachigen Raum die unangefochtene Nummer Eins in den Leihbibliotheken waren, dann wurde schon eine ganze Menge in die deutsche Sprache übersetzt. Vieles davon zeitnah zu den französischen Erstausgaben. Und damals
konkurrierten immerhin drei große Verlage miteinander, sodass es von vielen Werken sogar drei oder mehr nahezu zeitgleich erschienene Übersetzungen gab. Allein in meiner Ausgabe des „Lexikon der Reise- und Abenteuerliteratur“ umfasst die Werksbibliografie der deutschsprachigen Veröffentlichungen bis März 1992 einunddreißig Seiten. Und es fehlt dabei noch eine ganze Menge. Inwieweit diese alten Veröffentlichungen aus den Verlagen Hartleben, Kollmann und Franckh’sche Verlagsbuchhandlungen ungekürzt sind, kann ich natürlich nicht sagen, doch sie sind meist sehr viel vollständiger als so manche moderne Ausgabe. Aber man kann sich ja gerne mal online ein Bild von der einen oder anderen alten Ausgabe machen:
Dabei gibt es durchaus noch eine ganze Reihe von Romanen und Erzählungen, die durchaus lesenswert sind. Du selbst hast ja schon einige aufgezählt. Besonders den Vallois-Zyklus und eben die Denkwürdigkeiten eines Arztes.
Den Auftakt des Vallois-Zyklus bildet der von dir bereits genannte Roman „Die Königin Margot“ der im Aufbau-Verlag, aufgrund der Verfilmung auch unter dem Titel „Die Bartholomäusnacht“ in bearbeiteter Form erschienen ist. Wie viel da fehlt und ob es wesentlich ist, kann ich nicht sagen, aber ich denke mal, die vollständigste Übersetzung dürfte die von 1845 von August Zoller sein. Ist aber schwer zu bekommen; so wie die meisten dieser alten Dumas-Ausgaben. Etwas leichter bekommt man die rote zweibändige Ausgabe, die so zwischen 1900 und 1925 erst in der Franckh’schen Verlagsbuchhandlung und dann später in der gleichen Aufmachung bei Dieck und Co erschienen ist. Ist, wie ich finde, eine sehr gut Leseausgabe. Ob er ein wenig gekürzt ist, kann ich leider nicht sagen. Auf jeden Fall gehört „Die Königin Margot“ in meinen Augen mit zu den sehr guten Romanen von Dumas. Ist auch in sich abgeschlossen, sodass man die beiden Fortsetzungen, „Die Dame von Monsoreau“ und „Die Fünfundvierzig“ nicht unbedingt lesen muss. Wenn man aber die Möglichkeit hat, dann sollte man es unbedingt tun. Besonders „Die Dame von Monsoreau“ gefällt mir noch ein ganzes Stück besser als „Die Königin Margot“. Der dritte Band „Die Fünfundvierzig“ ist dann allerdings sehr stark mit „Die Dame von Monsoreau“ verknüpft und bringt die dort begonnene Handlung zum Abschluss. Leider sind diese Bände auch recht schwer in ihren deutschen Erstausgaben zu bekommen. Aber auch hier sind die bereits erwähnten roten Bände eine gute Lesealternative. Bei diesen Bänden ist der dritte Band dann etwas leichter zu bekommen als der zweite.
Es gibt sogar noch einen vierten Band, der manchmal auch in einzelnen Dumas-Bibliografien auftaucht, obwohl das Buch von Auguste Maquet geschrieben wurde, der auch schon bei den drei Dumas-Bänden mitgearbeitet hat. Dabei handelt es sich um den Roman „Die schöne Gabrielle“, der damals ebenfalls sehr zeitnah in die deutsche Sprache übersetzt wurde. Leider hatte ich bisher noch nicht das Glück, denselben irgendwie vollständig in die Hände zu bekommen.
In diesem Zusammenhang sind dann noch einige weitere Dumas-Romane erschienen, die nicht mit diesem Zyklus zusammenhängen, in denen aber einzelne der historischen Personen ebenfalls auftreten und die teilweise auch den einen oder anderen geschichtlichen Hintergrund vertiefen helfen. Dazu gehören die beiden locker miteinander verknüpften Romane „Die beiden Dianen“ und „Der Page des Herzogs von Savoyen“. Letzteren gibt es dann wieder in der roten Reihe. Ersteren nicht. Und der Roman „Das Horoskop“ vertieft noch einmal die Handlung um die Hugenotten, die ja in der „Königin Margot“ eine große Rolle spielen.
Kommen wir nun zu den ebenfalls von dir angesprochenen Denkwürdigkeiten eines Arztes, zu denen ja kaloubet schon das Wichtigste gesagt hat. Die „aktuellen“ Ausgaben aus dem Aufbau-Verlag kannst du dabei total vergessen. Dagegen finde ich die von dir genannte Ausgabe von „Cagliostro“ aus dem Fischer-Verlag sehr gelungen. Ist zumindest sehr gut zu lesen. In den schon vielfach erwähnten roten Bänden erschien er in zwei separaten Bänden mit den Titeln „Der Großkopta“ und „Josef Balsamo“. Dies erweckt dann leicht den Eindruck, als wären dies zwei Romane, was aber nicht stimmt. Die Fortsetzungen „Das Halsband der Königin“, „Ange Pitou“ und „Die Gräfin von Cherny“ sind dann wieder recht gut in den roten Bänden nachzulesen, die durchaus sehr voluminös sind. Die sind eigentlich auch relativ leicht und preiswert zu bekommen. Nicht so die noch älteren Ausgaben. Und nicht verwirren lassen; es gibt auch noch einen Band mit den Titel „Die Bastille“. Der ist aber mit „Ange Pitou“ identisch.
Den ebenfalls in diesen Zusammenhang angesprochenen Roman „Der Chevalier von Maison-Rouge“ gehört, wie schon gesagt, nicht zu den Denkwürdigkeiten eines Arztes, schließt aber geschichtlich nahezu nahtlos an „Die Gräfin von Cherny“ an. Im Gegensatz zu vielen anderen Werken habe ich da die Übersetzung von August Zoller von 1845 schon mehrfach in Antiquariaten gesichtet. Aber auch hier könnte aus preislichen Gründen die rote Ausgabe eine gute Alternative sei. Dort trägt der Band allerdings den veränderten Titel „Marie Antoinette und ihr Ritter“. Aber egal unter welchem Titel man ihn liest, das Buch ist auf jeden Fall eine Empfehlung wert.
In diesem Zusammenhang kann ich noch eine weitere Leseempfehlung von Dumas geben. Der Kurzroman „Das Testament des Monsieur Chauvelin“ lässt sich gut zwischen „Cagliostro“ und „Das Halsband der Königin“ einschieben. Er schildert recht packend die letzten Lebenstage des Königs Ludwig XV.
Und wenn der Handlungsort bei Dumas-Romanen nicht unbedingt Frankreich sein muss, dann empfehle ich natürlich noch „Die schwarze Tulpe“ und „El Salteador“. Zumindest der Tulpenroman sollte noch relativ einfach zu bekommen sein, da die Zoller-Übersetzung erst vor ein paar Jahren noch einmal im Bastei-Verlag erschienen ist. „El Salteador“, eine spanische Mantel- und Degengeschichte dagegen wartet seid gut 150 Jahren auf eine Neuauflage.
Ist jetzt alles ein bisschen länger geworden, als gedacht; aber ich hoffe, dass ich dir damit weiterhelfen und auch ein paar Leseanregungen geben konnte, auch wenn nicht alle der genannten Bücher leicht zu bekommen sind.