Charakterdiskussion

  • Hallo,


    warum ist denn Rochefort eindimensional und hat keinen eigene Motivation, wenn er am Schluss den Satz, den Maren da zitiert hat, von sich gibt?
    Er IST nunmal Agent des Kardinals... als solcher durchaus fähig, eigene Entscheidungen zu treffen, wenn das seine Aufgabe so verlangt.
    Dass er den dämlichen Zettel verliert, ist blöd und nur eine Notlöung von Dumas, nehme ich an.
    Aber ich dachte auch, als ich das Buch zum ersten Mal gelesen habe, wow, jetzt wird er ständig hier herumrennen, das ist ja großartig. Wenn er da war, war es ja auch großartig, aber trotzdem viel zu selten. Vielleicht hatte Dumas ursprünglich vor, ihn mehr auftauchen zu lassen und hat das ein bisschen aus den Augen verloren. :wink:
    Eigentlich wird doch sofort nach der "halben Versöhnung" gesagt, dass sie sich nach drei Duellen richtig versöhnen, oder? Nur noch ein bisschen anderes Gerede.


    Aber es ist doch fatal, Rochefort mit Bonacieux zu vergleichen! Also wirklich, da zeigt Rochefort schon mehr Charakter.
    Und böse, Rochefort? Er arbeitet eben für die Seite, die im Buch die feindliche darstellt.
    Dass er spöttisch und so ist, ist doch kein Problem, Sarkasmus ist eine wundervolle Eigenschaft.
    Außerdem finde ich seinen Charakter eigentlich ganz gut, ich meine, wenn man das so liest, weiß man doch, was man für einen Typen vor sich hat und kann auch vermuten, wie er in dieser oder jener Situation reagiert. Am besten ist am Anfang des Romans seine himmlische Überlegenheit d'Artagnan gegenüber.


    Eindimensional bedeutet für mich flach, aber Doro, du scheinst mehr zu meinen, dass er wenig ausgebaut ist, ne?
    Nun, das ist doch gerade das Interessante daran.


    Viele Grüße
    Heike

  • Ich gestehe, dass ich nicht ganz verstehe, wie es zu der Bezeichnung 'böse' im Hinblick auf Rochefort kommen kann - er ist ein Gegenspieler d'Artagnans, aber wirklich böse wird er nie dargestellt - etwas ungeschickt vielleicht, was den Hut anbelangt ;-) . Aber gerade zu Beginn von 'vingt ans après' ist er doch eine überaus positive, fast tragische Figur, durch den Aufenthalt in der Bastille 'geadelt', denn von Mazarin geschädigt. Und die ironische Art, wie er von Mazarin empfangen wird, der nur denkt, dass dieser Mann zu nichts mehr wert sein kann ... welch wunderbare Antwort, als er dann d'Artagnan zuruft, er sei nicht zu alt für einen Mann der Tat. Auch er bekommt keinen Lohn für seine Aufopferung für die Herrschenden, im Gegenteil, nach seiner verständlichen Weigerung nach Brüssel zu reisen, landet er als Dank in der Bastille - was ihn auf die gleiche Ebene setzt, wie unsere Freunde, die für ihre Dienste ja ebenfalls keine Anerkennung bekommen. Danke übrigens für die Übersetzung, aber da wurde nun schon so einiges dazu gesagt, dass ich mich eines Kommentars enthalte ... nur so viel, der Herr, der dies geschrieben hat, denkt da etwas oberflächlich, in meinen Augen.

    Wenn es morgens um sechs an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe (W. Churchill)

  • Ich finde, er ist schon böse dargestellt. ;)


    Zitat

    "Eindimensional böse" verbinde ich mit Attributen wie "fies", "willkürlich", "roh", "kompromisslos selbstsüchtig" oder auch "unbelehrbar", die sich auf Rochefort irgendwie nicht recht anwenden lassen.


    sarah: Fies? Fies ist er aber wirklich. Aber mit böse meinte ich eher, dass er großteils als Schurke dargestellt wird. Der Handlanger Richelieus, der Feind, etc. Aber böse hat doch nichts mit Selbsucht oder Unbelehrbarkeit zu tun, oder doch?


    @Heike: Ich, äh, habe nicht Rochefort in dem Sinne mit Bonacieux verglichen. Ich meinte, dass er auch ein Nebencharakter ist über den man nicht so viel erfährt. Eben weil es in dem Roman nicht um ihn geht. Rochefort ist eher so eine ... Randerscheinung.


    kaloubet: Ich erinnere mich bloß an Rochefort im ersten Band. Im Zwanziger ist er mir irgendwie entgangen..

  • Hm, ich glaube "Randerscheinung" ist auch nicht ganz das richtige Wort. Ich glaube eher, man kann ihn durchaus - zwar als Nebenfigur - aber als sehr wichtige Nebenfigur bezeichnen. Denn auch, wenn er keinen Auftritt hat: Er steckt immer in den Hinterköpfen der Leser, eben weil es jederzeit möglich ist, dass Rochefort mir nichts, dir nichts auftaucht und wieder verschwindet. Er ist, so gesehen, unberrechenbar (positiv gemeint), wird dadurch aber nicht auf etwas reduziert, denn immerhin hat er zwischendurch auch ein paar sehr bedeutsame Sätze zu sagen. Schon zu Beginn: Er macht sich über d'Artagnan lustig und ist, wie Heike sagt, herrlich überlegen. Gleichzeitig murmelt er sich in den Bart, dass seine Majestät doch immer auf der Suche nach solchen tapferen jungen Männern, wie d'Artagnan sei.
    Also, er stellt zwei Überlegungen zur gleichen Zeit an. Nenn das nochmal jemand eindimensional, ich finde noch viel mehr Beispiele, die das Gegenteil beweisen und zeigen, dass es sich hierbei um einen nicht so oberflächlichen, unausgebauten Charakter handelt, wie es vielleicht scheint.
    Denn Teclador sagt selbst, dass ein Charakter, der nicht sehr ausgebaut ist, viel Raum für die Fanfiction hergibt. Dann frage ich mich, warum in beinahe allen Fanfictions Rochefort trotzdem auf die ein oder andere Weise gleich (vom buch vorgegeben) dargestellt wird (mit bestimmt etwas mehr Tiefe, aber in den Ansätzen genauso).


    "Böse" ist er aus der Sicht der Helden, weil er nunmal der Antagonist ist. Maike hat ja ähnliches schon zum Kardinal gesagt.


    Maren

  • Hallo ihr, ich werd versuchen es der Reihe nach zu machen.


    Heike: Du hast Recht, ich empfinde Rochefort als nicht gut ausgebaut. (Für die FF Autoren ist das natürlich wunderbar, im literarischen Sinne ist es Schade.) und daher ist er manchmal etwas eindimensional, will meinen er ist manchmal etwas entfernt von dem was man einen "Charakter aus fleisch und blut" nennt. Der fehler liegt nicht bei dem Charakter sondern beim Autor. Und du schreibst, dass - wenn man ihn liest - sofort weiss was für einen Typen man vor sich hat. Genau da liegt ein Teil des Hunds begraben, wenn man das zu leicht kann, dann ist man rasch bei einem stereotypen Charakter angekommen. Wie gesagt, für uns FF Autoren ist es natürlich schön, denn es erlaubt uns mit dem Charakter zu arbeiten und ihn zu interpretieren.


    Claudia: Er ist zwar eine sympatischere Figur in Vingt ans... aber gelernt hat gar nichts. Wenn man sein Ende so betrachtet. Und auch hier bleiben seine Motivationen (speziell für diese letzte Aktion) teilweise im Dunkeln.


    Selene: er ist nicht wirklich böse dargestellt. Er ist ein gegenspieler, dessen Charaktertiefe leider nur ungenügend ausgelotet wird.


    Und die Randerscheinung: Ist er nicht. Er und Mylady sind die Handelnde Seite des Kardinals, den man ja immer nur als den genius im Hintergrund schildern kann und der entsprechende Hände braucht. allerdings hat Dumas vergessen, dass für einen guten Helden nichts wichtiger ist, als ein überzeugender Gegner.


    Teclador


    Komm vor der Dämmerung zurück

  • Zitat

    Original von Teclador
    (...) im literarischen Sinne ist es Schade. (...) Der fehler liegt nicht bei dem Charakter sondern beim Autor. (...) allerdings hat Dumas vergessen, dass für einen guten Helden nichts wichtiger ist, als ein überzeugender Gegner.


    Um es mal ganz brutal zu sagen - in literarischer Hinsicht sind die "Drei Musketiere" oberflächlich betrachtet ohnehin eine Katastrophe. Kontinuitätsfehler zu hauf (Lady Clarick? Lady de Winter? Charlotte? Anne? - und wie war das nun mit Athos' Ring? Und, und, und... :? ), schlampige Recherche (Botany Bay?! 8O ), groß eingeführte Charaktere, die dann irgendwann auf die Nebenschiene abgleiten (Rochefort und Tréville :roll: ), denkbar krude Notlösungen, um den Plot am Laufen zu halten (der "Armentières"-Zettel...) - wenn das eine Fanfiction wäre und ich den Autor nicht leiden könnte, würde ich mir bei jedem neuen Kapitel die Hände reiben und Kritiken loslassen, die den armen Alexandre das Fürchten lehren könnten. Objektiv gesehen hat Doro also nicht unrecht.


    Aber - und deshalb frage ich mich auch, ob Doros Kritik völlig berechtigt ist - das Buch funktioniert dennoch, und zwar sogar hervorragend, und noch mehr tun es die Charaktere. Die Skizze, die wir von Rochefort erhalten, mag flüchtig sein - aber sie reicht aus, gerade genug, um die Phantasie des Lesers so anzuregen, daß er sich einen interessanten Charakter *denken* kann, der als Gegner (nebst der deutlicher gezeichneten Mylady) völlig ausreicht. Wenn man tiefer über das Buch nachdenkt, es literarisch zu analysieren beginnt, *dann* vermißt man vielleicht etwas - aber eigentlich doch nicht bei der Lektüre (und ich habe es ich-weiß-nicht-wie-oft gelesen) an sich. Es wäre eine Überlegung wert, ob nicht gerade diese Schreibweise, genügend anzudeuten, um die Phantasie anzuregen, aber nicht zu viel zu sagen, das ist, was einen Buch zu dem Stoff macht, für den sich über längere Zeiträume hinweg Fans finden.


    Insofern - ob es ein "Fehler" des Autors ist, weiß ich nicht... Ein "technischer" Fehler vielleicht - aber das Ergebnis funktioniert trotzdem, auch, wenn es nicht nach der gängigen Montageanleitung zusammengeschraubt wurde. ;-)



    ~ Maike

  • Hallo Maike,


    kennst du das Gefühl, dass du eine Geschichte sehr magst und dich irgendwann beim wiederlesen anfängst wegen diesem oder jenem zu wunden? Vielleicht ist es ja eine Art Germanistenkrankheit... ich weiss es nicht. Ich mag die drei Musketiere, und es gibt Stellen die ich immer wieder gern lese. (Ich sage nur Athos und der Wirtshauskeller) Und klar die Story funktioniert, auch da wo sie logische Lücken hat. Und gerade die Onerflächlichkeit der Schilderung erlaubt ff Autoren ja sich etwas auszutun. Auf dieser Ebene alles ok.


    Auf der anderen Seite wenn ich das Buch als "nur Leser" betrachte oder gar mit solchen Diskuttiere, ist die Reaktion eine andere. (Reaktionen wie: "Ein gutes Beispiel für einen preiswerten Fortsetzungsroman aus dem neunzehnten Jahrhundert, dessen Leser weder das Niveau noch Bildung hatten mit wirklicher Literatur umzugehen.... du sollstest dir wirklich etwas bessere Lektüre suchen!" Lasse ich mal weg, Ignoranten gibts immer.)
    Daher auch meine Anmerkung.


    Noch einmal für alle zum mitschreiben: meine Kritik an diesen Punkten heißt nicht, dass ich das Buch nicht mag. (Ich mag Scotts Ivanhoe auch gern, auch wenn ich bei jedem lesen wieder auswachsen könnte, wieso der Kerl seine Erzählung nicht ohne Zeitsprünge hinbekommt!)


    Teclador

  • @ Teclador: Hm, nix gelernt? Mir scheint, er hat in 'vingt ans après' doch eine sehr viel grössere Eigenständigkeit, als in den Musketieren ... wählt sich seine Partei und zettelt da doch sehr viel an (wären Athos und Aramis ohne ihn zur Fronde gestossen? Aramis vermutlich, durch Mme de Longueville, aber Athos? Ohne dass wir natürlich definitiv wissen, ob er wirklich d'Artagnan zuvor gekommen ist). Ich sehe sein Schicksal ein wenig parallel zu den vier Freunden, nur erreicht ihn sein Tod eben früher ... aber auch über ihn 'fährt' der neue König, ironischerweise beschützt von d'Artagnan. Hat er was gelernt? Das kann ich nicht beurteilen, das scheint mir aber auch nicht so wichtig, er hat sich jedenfalls verändert und sein Tod ist ein erstes Anzeichen der kommenden - ich sag jetzt mal - Tragödie.
    @ Maike und Teclador: 'Technisch' gesehen habt ihr natürlich recht und manche Patzer sind ärgerlich (z.B. der Ring, irgendwie fällt die Vergesslichkeit des Autors ja auf die Figuren zurück) ... aber 'oberflächlich', Doro, würde ich die Triologie dann doch nicht nennen wollen, zuviel Tiefe tut sich, trotz technischer Fehler, auf. Nein, denjenigen, die Dumas als billigen Zeitungsschreiber abtun, gehören alle seine Bücher um die Ohren geschlagen (ich sage jetzt nicht, dass du das behauptest!). Welch Lebendigkeit der Charaktere, welch grandiose Charakterisierungen in wenigen Worten! Und wenn man die Entwicklung der Personen in den drei Büchern betrachtet, welch tragische und gleichzeitig lebendige und auch wieder Lust am Leben weckende Schicksale. Porthos zum Beispiel - eigentlich ein bedauernswerter Mann, verwitwet, kinderlos, oberflächlich - aber welch herrlicher, liebenswerter Charakter. Nein, da können viele technisch gut geschriebenen Romane nicht mithalten - sie verbreiten Langeweile (ich denke jetzt z.B. an den Zauberberg), während uns Dumas die Menschen und das Leben lieben lässt - und das durchaus auf einem hohen Niveau - wäre er sonst im Panthéon? :wink:

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  • @ kaloubet: Diese Ironie bei Rocheforts Tod wie auch der ganze zweite Band haben meiner Meinung nach die Aussage: Es ist egal auf welcher Seite man politisch steht,es ist immer die Falsche-darum triumphiert hier ja auch die Freundschaft über die politischen Meinungsverschiedenheiten-bzw die Politik führt im Falle von Rocheforts Tod dazu dass ein Freund seinen Freund ermordet,weil dieser eben politisch auf der Gegenseite steht und weil es eben sein Job ist und er den anderen nicht erkennt-tja-Aley D`s netter untertöniger Sarkasmus eben,der seine Musketiere so unwiderstehlich macht-vor den Einzelschicksalen wird die Politik zur lächerlichen Kulisse.Interessant diese Trennung von individueller Karriere(d`Artagnang),politischem Idealismus(Athos) und dem Triumph der Freundschaft über all das.<- darum kann ich das Ganze nicht als oberflächlich abtun-es mag in erster Linie sicher eine Trilogie der Unterhaltung sein,aber was für Eine!Und welche Problematiken wenn man aufmerksamer liest sich plötzlich ganz unbemerkt einschleichen.


    Tja-was ist es eigentlich was einen an dieser ja doch sehr einfachen so zeitlosen Story(die so "einfach" eigentlich gar nicht ist bei genauerem Betrachten) so fasziniert dass man es immer wieder liest?Ich bin neu hier.Da ich es hasse mich akademisch-analytisch auszudrücken (kleines sorry an alle Germanistik und sonswas Studenten hier die Besseres gewöhnt sind) behaupte ich einfach,es ist diese Mischung aus Komödie,Drama,alten Zeiten-und seifenoperartigen Erzählstruktur.Macht ja bei Band uno echt den Eindruck als hätte der gute Alex angefangen und in der Mitte sein Hauptaugenmerkt völlig verschoben.N bisschen wie bei Faust.Da wird auch hinterher die Gretchentragödie eigenständig ,das Gleiche gilt für die gute Lady Winter/Clarick,deren Charakter das Geschehen mit einem Mal völlig bestimmt und den Plot ausmacht,welcher vorher einfach nur hiess "armer junger Mann macht Karriere in Paris,gerät in Intrigen und findet Freunde",nun aber mutiert zu "gefährliche Giftmörderin läuft Exmann über den Weg und mordet und intrigiert"-oder "der moralische Fall einer Klosterschülerin"-;)

  • Hallo Miramèe
    erstmal herzlich Willkommen! Du hast Recht, es ist schon interessant, wie ein doch eigentlich ´normaler´ Roman einen so in den Bann ziehen kann ... und dass die Anziehung auch heute noch funktioniert. Das liegt sicher an den globalen Themen, die Dumas da beschreibt, also auch der Freundschaft. Nur frage ich mich, ob sie wirklich am Ende triumphiert?

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  • Zitat

    Original von kaloubet
    Nur frage ich mich, ob sie wirklich am Ende triumphiert?


    Ja und nein. Innerhalb der "Realität" der Romanhandlung sicher nicht - weder das Ende der jeweiligen Einzelbücher noch das Gesamtende der Trilogie sind ein Triumph der Freundschaft, man könnte eher von einem Scheitern ausgehen. Auf einer anderen Ebene jedoch kann man durchaus sagen, daß die Freundschaft "siegt" und überlebt - auf einer ideellen, und zwar sowohl innerhalb der Trilogie als auch beim Leser. D'Artagnan stirbt ja immerhin nicht mit irgendwelchen Worten, sondern mit den Namen seiner Freunde auf den Lippen - was (und z.T. wer) in der Realität nicht überlebt hat, ist also ideell bis zum Schluß für ihn präsent.
    Und eines sollte man nicht vergessen - diese Idee von Freundschaft (die selbst in der Realität des Romans nie völlig umgesetzt wird) ist das, was viele Leser aus den Büchern mitnehmen und was die zahllosen vereinfachten Fassungen (gerade in den Filmen) sehr herausstellen. Wenn man einen beliebigen Gelegenheitsleser (nicht jemanden, der sich tiefer mit den Themen und Untertönen in den Büchern befaßt und sich nicht scheut, an der Oberfläche zu kratzen) fragen würde, worum es denn so in der Musketier-Trilogie geht, würde "Freundschaft" wohl mit unter den genannten zentralen Themen sein.

  • Ist nicht genau das schade? Dumas scheint sich in der Triologie zu fragen, ob Freundschaft, die Freundschaft der Jugend tatsächlich auch mit dem Alter Bestand haben kann und kommt meiner ANsicht nach zu dem Schluss, dass es nicht geht. Dass Freundschaft zwar weiterhin bestehen kann, aber realistischer werden muss, die Fehler der anderen sehen und einbeziehen muss. Und auch durch Verrat und Enttäuschungen eingeschränkt wird, wenn jeder nur sich selbst der nächste ist. Aber das ist menschlich und macht den Reiz der Romane aus. Helden, die keine sind, wenn man näher hinschaut. Diese ganzen Verfilmungen, die auf Teufel komm raus aus ihnen die edlen Helden machen wollen, gehen dermaßen am Roman vorbei ...

    Wenn es morgens um sechs an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe (W. Churchill)

  • Zitat

    Original von kaloubet
    Diese ganzen Verfilmungen, die auf Teufel komm raus aus ihnen die edlen Helden machen wollen, gehen dermaßen am Roman vorbei ...


    Aber wie! Auch aus dem Grunde halte ich "La fille de d'Artagnan" eigentlich für die beste filmische Auseinandersetzung mit den Romanen. ;)


    Aber das geht über den Punkt der Darstellung der Freundschaft schon alles hinaus - das Thema "Edelmut" hat eigentlich noch einmal einen einzelnen Unterpunkt verdient, denn das ist bei Dumas ja auch nicht gar so einfach wie in den gängigen Verfilmungen.

  • Stimmt, das ist interessant. Aber was genau bedeutet eigentlich Edelmut? Sich für anderre selbstlos opfern? Wer käme dann in Frage? Athos und Porthos alleine scheint mir - und eigentlich gehört ja auch eine gewaltige Portion Naivität dazu. Die in meinen Augen auch beide besitzen.

    Wenn es morgens um sechs an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe (W. Churchill)

  • Ich bin nicht der Meinung das Athos und Porthos naiv sind. Sie haben das was jeder Mann hat: einen Beschützerinstinkt, Freunden und Frauen gegenüber jedenfalls.

  • Ich schließe mich kaloubet da an, auch für mich ist Athos im Grunde ein naiver Charakter. Besonders seine Ideale sind durchaus naiv zu sehen. Denkt nur daran, wie er Mylady idealisiert hat, wie romantisch er an diese Liebe herangetreten ist. Nur deswegen war es ja möglich, daß er so dermaßen enttäuscht wurde - und entsprechend reagiert hat. Später in den Fortsetzungen wird das in meinen Augen sogar noch deutlicher - die Stelle, als er dem König die Treue aufkündigt, weil dieser seinen Vorstellungen vom Königtum und von Ehre nicht mehr entspricht. Das ist schon irgendwo naiv. D'Artagnan besitzt dann wieder eine andere Form der Naivität, er ist einfach jung und unerfahren - später hingegen ist bei ihm keine Spur mehr von Naivität, da weiß er jede Situation für sich auszunutzen und ist in vielen Dingen auch ernüchtert worden (zwanzig Jahre als Leutnant, keinerlei romantische Vorstellungen vom Dienst mehr).

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    Je reviens de mon gré aux doulx lacqs qui me serrent.
    Meine Fotos | Mein Livejournal
    Fiaskofalke des St. Athos (Maike am 8.2.2005)
    "Wir sind die Germanisten. Widerstand ist zwecklos. Sie werden korrigiert." (Maike, ebenfalls am 8.2.2005)
    "Es trinkt der Mensch, es säuft das Pferd, bei Athos ist es umgekehrt." - Porthos, bei den Volksschauspielen Ötigheim am 24.7.2005
    Altjümpferliches Tupfi

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