Hallo!
*GRINS*, da scheine ich ja ein Thema nochmal aufgewärmt zu haben, zu dem sich seit ner ganzen Weile keiner mehr geäußert hat...
Hallo!
*GRINS*, da scheine ich ja ein Thema nochmal aufgewärmt zu haben, zu dem sich seit ner ganzen Weile keiner mehr geäußert hat...
mein gutmütiger knuffeliger Porthos ist mein absoluter Liebling
Das haut mich ja ziemlich vom Hocker, dass Rochefort so beliebt ist 8O Ich bekenne mich schuldig, habe auch für ihn gestimmt!
Als ich klein war und immer Dogtanian gesehen habe, waren noch Dogtanian und Juliette/Constance meine Lieblingscharaktere :oops: , ich fand das immer so romantisch.... Aber als ich vor etwa einem Jahr die Serie wiedergesehen habe und die ersten beiden Bücher erneut las, merkte ich auf einmal, wie mir Rochefort immer sympathischer wurde... so was nennt man wohl Erwachsenwerden Hach, die Bösen sind und bleiben doch die besten. Mylady hat mich auch schon immer ziemlich beeindruckt. Ich würde so gern mal Faye Dunaway in ihrer Rolle sehen, bis jetzt kenne ich die Filme leider nicht.
Erst einmal freue ich mich, daß Du Dich im Forum so aktiv beteiligst, das ist hier nicht die Regel... Danke! Mir ging es witzigerweise ähnlich wie Dir mit der Muskehunde-Serie... Ich fand da immer Aramis am besten, mit diesen schönen langen Ohren und der Ruhe, die er immer ausgestrahlt hat. Aber als ich dann das Buch hatte, wurde meine Vorliebe für Athos mit jedem Lesen stärker.
Und was die Lester-Filme angeht: Wenn Du DVD hast, könntest Du mal in meiner Filmrubrik vorbeisehen, ich habe dort einen Link zu der schönen Special Edition dieser Verfilmung, die sogar Trailer zu den beiden ersten Teilen und dazu noch vier Sprachfassungen der Filme enthält. Diese Verfilmung lohnt sich wirklich - wenn Du die Chance hast, sie irgendwo zu kriegen, laß' sie Dir nicht entgehen. Besonders die englische Version ist sehr gut - die deutsche ist durch die Synchronisation doch etwas klamaukhaft geraten, während die englische stellenweise doch um einiges ernster ist. Aber der Kampf von Rochefort und d'Artagnan auf dem Eis ist sooo lustig... :lol:
Hallo
... *hi hi* Aramis mit schoenen langen Ohren.... ich hab ueberlesen, dass es sich auf die Muskehunde bezog und lag fast schon am Boden vor Lachen. Meine beiden Schaetzchen sind Planchet (seit dem ersten Mal Musketiere lesen) und Buckingham (seit dem Rollenspiel und "gewisser" Sekundaerliteratur). Von den Helden war mir frueher Athos der liebste, nun ist es aber Aramis wegen der schoenen langen Ohren... oh Mann... nee eigentlich deswegen, weil ich ihn mir extremst gut aussehend vorstelle.
cu
Astrid (ich glaub, ich hab Lachwasser zum Fruehstueck getrunken...)
Hihi, ich freue mich ja, daß ich Dich zum Lachen gebracht habe... Hm, was Dein Umschwenken von Athos zu Aramis angeht... Bei mir war es im Grunde umgekehrt. Aramis habe ich mir auch immer total schön vorgestellt und tue es auch jetzt noch - aber wenn Dumas dann schreibt, daß Athos diese Schönheit ohne es zu wollen und ohne es darauf anzulegen (z.B. verwendet Aramis ja alle möglichen Mittelchen, um sich schön zu machen) erreicht, dann stelle ich mir Athos noch einen Tick besser aussehend (vielleicht auch edler) als Aramis vor... Hm, wir schauen anscheinend nur aufs Aussehen... Ach nein, bei Athos gefallen mir auch noch andere Dinge total gut...
Hallo
Naja nuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuur aufs Aussehen schau ich dann doch nicht. Aber prinzipiell gesagt was bringt mir der netteste Charakter wenn der Typ haesslich wie die Nacht ist, allgemein gesagt, nicht was Athos angeht. Ich denke auch, dass Athos der edlere - in jeder Hinsicht - von beiden ist aber er ist mir einfach zu melancholisch. Seine Trauerbesaeufnisse und seine Gespraeche mit d'Artagnan ueber Liebe und Frauen das waer mir dann schon zu viel. Aramis ist mehr hedonistisch *he he*, er macht aus allen Situationen das beste und dass er ein sehr "gepflegter" Mensch ist, super.
Und was Buckingham angeht... ich hab mich schon zu Anfang April bei meiner Freundin in London eingeladen, damit ich endlich mal sein Grab sehen kann. Laut Beschreibungen muss es bombastisch sein. Diesmal ist mir der Eintritt in Westminster Abbey dann nicht zu teuer. Und alles nur wegen Buckingham.... Also Silvia, wenn ich dann irgendwann nach Suffolk reise, hat mich Belle Aventure zu sehr beeindruckt.
cu
Astrid
So, hier bin ich. Und los geht’s...
Schon als Aramis in Trevilles Vorzimmer auftauchte, war mir dieser hübsche Musketier sympathisch. Daran hat sich im Laufe der nächsten Seiten und Bänden auch nichts mehr geändert. Wer hätte nicht gerne einen so eleganten Liebhaber;)? Wer hätte ihn nicht gerne als Papst gesehen?
Ich finde es herrlich, nicht sofort zu wissen wie jemand auf bestimmte Situationen reagiert. Und bei Aramis ist somit auch wunderbar eine Weiterentwicklung des Charakters durch Dumas zu beobachten. Was mir bei anderen manchmal gefehlt hat.
Hallo 2Times! Willkommen im Forum.
Hallihallo 2Times!!
Schön, dass du dich gleich am Anfang im Forum betätigst - hat seit mir keiner mehr getan *räusper* -
Ich wünsch dir noch viel Spaß hier, den du sicherlich haben wirst!
Laura.
Hallo an alle - ob ihr das noch lest? ich bin vielleicht ein bisschen spät dran, aber wollte doch noch meine Meinung abgeben. Zunächst möcht ich mal Raoul verteidigen. Gut, er ist gerade in "vingt ans après" sicher ein Weichei - aber er ist auch gerade mal 15 Jahre alt. Und doch schon alt genug, um beim seinem Vater nur kurz vorbeizuschauen und dann wieder nach Blois zurückzukehren. Und welch tragisches Geschick in "le vicomte de bragelonne". Gut, er hätte energischer vorgehen sollen, aber sein Selbstmord rettet ihn in meinen Augen. Er hat gemäss seinem Ideal gelebt und er starb gemäss seinem Ideal - von eigener Hand.Er weiss was er will, nämlich dem Leben nicht ins Auge schauen, und er geht bis zur letzten Konsequenz - da ziehe ich meinen Hut.
Mein Lieblingscharakter ist unumstritten Athos - pour toujours, le noble et bel Athos. Vor allem seine Fehler und das Eingeständnis derselben machen ihn sympathisch. Er ist meiner Ansicht nach nicht ohne Fehl und Tadel, ganz im Gegenteil. Er bereut die Ermordung von Mylady oder ist sich zumindest im Gegensatz zu den anderen nicht sicher, ob sie das Recht hatten, zu tun, was sie taten. Und im "vicomte de bragelonne" bereut er seine strenge Erziehung, ja er versucht, Raoul von den Freuden des Lebens zu überzeugen - zu spät natürlich. Und er erkennt, dass der tragische Weg seines Sohnes auch und vielleicht vor allem ihm anzulasten ist. C'est un noble coeur - aber das wird in der Welt oft falsch ausgelegt bzw. führt in die Irre. Aramis, mein zweitliebster Charakter, ist ganz das Gegenteil - Opportuniste à fond! Und deswegen am Ende ganz oben in der sozialen Rangliste. d'Artagnan hingegen ist der sympathische "bourgeois", der versucht das Beste für sich herauszuschlagen, der sich aber immer wieder von nobleren Gedankengängen, wenn sie von seinem Freund vorgetragen werden, altruistisch für die Werte der Welt einsetzt. C'est tellement humain! Porthos ist einfach prima, ihn in eine Rankingliste einzutragen fände ich unfair, er steht durch sein gutes Herz über den Dingen. So, nun bin ich meine Meinung losgeworden und hoffe, ich langweile euch nicht damit - aber dann könnt ihr das ja wegklicken. Grüsse Kaloubet
Nein, keine Angst - Du langweilst uns ganz und gar nicht, besonders Deine Perspektive auf Raoul ist hochinteressant... Allerdings denke ich daß Konsequenz allein ihn nicht zur positiven Figur macht. Er ist im Prinzip das beste Beispiel für die Degenerationserscheinungen, die sich durch den gesamten "Vicomte de Bragelonne" ziehen (ein bißchen auch schon durch "Vingt ans après") - einige der Tugenden, die im ersten Buch die Helden zu Helden machen (wenngleich das wiederum zumindest durch Myladys Ermordung recht stark infragegestellt wird), scheinen noch einmal auf, aber die Ideale fehlen in dieser neuen Welt und Gesellschaft, bzw. werden durch falsche Scheinideale ersetzt. Ja, Raoul kann eine Sache konsequent bis zum Tod durchziehen - aber was für eine Sache sucht er sich dafür aus? Und ist diese Sache letztendlich seine Rücksichtslosigkeit (besonders auch gegenüber seinem Vater) wert?
Das freut mich, dass ich mich so spät noch einklinken konnte - und euch nicht langweile ... du hast schon recht, Raoul ist seinem vater gegenüber nicht fair - aber war Athos seinem Sohn gegenüber immer fair? immerhin hat er ihm nie verraten, wer seine Mutter war und seine Vaterschaft hat er auch sehr lange verschwiegen. Raoul wiederholt ja eigentlich nur, was Athos seinem Vater gegenüber auch schon tat, nämlich sich der Familientradition widersetzen und eine Liebesheirat einzugehen. Ein bisschen mehr Verständnis hätte ich da schon erwartet, vor allem da Athos in "vingt ans après" ja sein Verhältnis zu Frauen revidiert und sich mehr oder weniger in Mme de Chevreuse verliebt oder zumindest einem Verhältnis nicht abgeneigt zu sein scheint... da gibt es übrigens ein neu erschienenes interessantes Buch "couple et paternité chez Dumas", das gerade diesen Umschwung unteranderem analysiert.
Aber nein, er setzt seinen Sohn unter Druck, zögert alles heraus und verhilft dem König zu seiner Mätresse - gut, das ist jetzt etwas übertrieben, aber hätte er der Liebschaft gegenüber von Beginn an eine andere Haltung eingenommen, wäre es vielleicht zu einem andern Ende gekommen.
Die Idee der Degeneration und der falschen Ideale finde ich interessant (ich abstrahiere jetzt mal von den Parallelen zu "fin de siècle" und bleibe beim Buch) - was ist degenerierter - eine Frau aufzuhängen, ohne ihr auch nur die Zeit zu einer Erklärung zu lassen und sich dann aus Gewissensbissen und wegen verletzter Ehre schier zu Tode zu saufen? oder sich einzugestehen, dass die Liebe nur eine Chimäre war und nicht erfüllt werden kann und als Konsequenz sich selbst umzubringen? Ich meine fast, die zweite Haltung hätte mehr Grösse (sorry, mein PC kann im Mailprogramm kein scharfes S). Und in bezug auf die Ideale musst du mir das genauer erklären? Ich weiss nicht so recht, welche du beim ersten Buch damit meinst? Athos für seinen Teil behält ja sein Ideal, nämlich "le principe de la royaute et de l'honnêté" - und verteidigt es grossartig vor seinem König (die Szene finde ich prima, als Athos Louis XIV die Treue aufkündigt). Bei d'Artagnan kann man sich natürlich streiten, denn er wird tatsächlich "unterjocht" und verliert seine Unabhängigkeit. Stirbt er als Held? Oder nur als Berufssoldat? Aramis hingegen bleibt meiner Meinung nach ebenfalls seinem Ideal (Karriere) treu - bis zum bitteren "Weiterleben". Grossartig finde ich auch die Ausblicke, gerade von Athos auf der Insel St. Marguerite und danach - auf ein kommendes Zeitalter ... da klingt Wissen, über die verflossene Zeit mit ein, das Wissen, dass der Absolutismus nur in der Revolution enden kann - puh, jetzt habe ich aber lange geschwafelt ... na ja, das sind halt meine Lieblingsbücher, ihr habt's germerkt. Ich hoffe, ich habe Athos nicht zu sehr demontiert ... dabei mag ich ihn ja ... Grüsse an alle - Kaloubet
ZitatDie Idee der Degeneration und der falschen Ideale finde ich interessant (ich abstrahiere jetzt mal von den Parallelen zu "fin de siècle" und bleibe beim Buch)
Ich bin jetzt auch nur vom Buch als in sich geschlossener Welt ausgegangen, nicht davon, daß wir hier ein fiktives 17. Jahrhundert aus der Perspektive des 19. Jahrhunderts und in letzter Konsequenz auch gebrochen durch unsere Kenntnis, bzw. Einschätzung der Entstehungszeit und der Handlungszeit des Romans sehen (interessant finde ich dazu Umberto Ecos Einschätzung in der „Nachschrift zum Namen der Rose“, in der er davon ausgeht, daß zumindest „Die drei Musketiere“ in gewisser Weise eher „zeitlos“ ist, bzw. eine Epoche nur als Kulisse nutzt). Darum, ob die Aussagen, die Dumas trifft, historisch haltbar sind, geht es mir zunächst einmal nicht, und letztlich auch (noch) nicht darum, wie seine eigene Zeit in die Romane einfließt.
Wenn man zunächst einmal die Musketier-Triologie als „geschlossene Welt“ betrachtet, erscheint es mir so, als ob ein Zeiten- und Wertewandel von der Epoche Louis’ XIII und Richelieus bis hin zum Absolutismus unter Louis XIV dargestellt wird – interessant finde ich in dieser Hinsicht besonders die Vorausverweise im ersten Band (etwa im zweiten Kapitel, wenn anläßlich der Vorstellung Monsieur de Trévilles ein Bogen Henri IV bis zu Louis XIV gespannt wird), aber auch die Neubewertung Richelieus, die nach seinem Tode von den Charakteren wahrgenommen wird (wobei es sicher auch interessant wäre, die jeweilige „Einbindung“ d’Artagnans in das Herrschaftssystem durch Richelieu und Ludwig miteinander zu vergleichen).
Generell habe ich – aber das mag eine subjektive Einschätzung sein – aus dem Gesagten herausgelesen, daß der stattfindende Wandel letztlich als derjenige von einem eher feudalen System mit einem starken, herrschaftsgewohnt auftretenden Adel und einem König als primus inter pares hin zum Absolutismus ist und das damit auch ein Wertewandel einhergeht, was sich an Athos und Raoul ganz gut ablesen läßt.
ZitatIch hoffe, ich habe Athos nicht zu sehr demontiert ...
Ganz und gar nicht - Du hast sehr recht damit, daß er nicht ein hundertprozentig positiver Charakter im Sinne eines vorbildlichen, strahlenden Helden, dem nie etwas mißlingt (ihm mißlingt zugegebenermaßen sogar ziemlich viel), ist. Genauso recht hast Du damit, daß er sich gegenüber Raoul seinerseits auch nicht sehr anständig und rücksichtsvoll verhalten hat, zumindest jedenfalls nicht so aufrichtig, wie es wünschenswert gewesen wäre.
Ich muß versuchen, mich etwas klarer auszudrücken, um zu zeigen, warum ich die beiden kontrastiert und für Raoul den etwas problematischen Begriff "degeneriert" verwendet habe.
Zitatwas ist degenerierter - eine Frau aufzuhängen, ohne ihr auch nur die Zeit zu einer Erklärung zu lassen und sich dann aus Gewissensbissen und wegen verletzter Ehre schier zu Tode zu saufen? oder sich einzugestehen, dass die Liebe nur eine Chimäre war und nicht erfüllt werden kann und als Konsequenz sich selbst umzubringen?
Das hängt ganz davon ab, worin das Ideal (ich benutze diesen Begriff hier wertfrei) besteht, das degeneriert.
Du hast ohne Zweifel recht, daß es moralisch (zumindest aus unserer Perspektive) weitaus vertretbarer ist, Selbstmord zu begehen, als selbstherrlich (zu versuchen) jemanden zu ermorden, ohne der betreffenden Person eine Rechtfertigungsmöglichkeit zu geben, aber – die Sache scheint mir einen gewissen Sinn zu machen.
Die Geschichte mit dem Aufhängen der Frau finde ich insofern interessant, als daß diese Konsequenz der Entdeckung des Brandmals eine Zutat von Dumas ist - die übrige Geschichte stammt aus den „Mémoires de M.L.C.D.R.“ und endet, wenn ich mich recht entsinne, mit einer Auflösung der Ehe und langwierigen Rechtsstreitigkeiten, aber nicht mit einem Mord.
Athos' Art, die Sache zu lösen, ist in jedem Fall moralisch fragwürdig, und ich möchte sie hier weiß Gott nicht verteidigen - aber sie kommt mir eher wie eine bewußt "alte", etwa nach mittelalterlichen oder ähnlichen Geschichten modellierte Lösungsmöglichkeit, die einen (in sich selbst fragwürdigen) Ehrbegriff bis in eine grausige Konsequenz treibt, vor. Was vorgestellt wird, ist ein hoher Anspruch, ein klares Ideal, das bei Nichterfüllung zu drastischen Konsequenzen, die selbstherrlich verhängt werden, „berechtigt“, bzw. aus der Perspektiver der dieses Ideal vertretenden Schicht zu berechtigen scheint. In gewisser Weise fühle ich mich an die Jeschute-Episode im „Parzival“ Wolframs von Eschenbach erinnert, wo ein (vermutetes) Abweichen vom Ideal (hier: Untreue der Ehefrau) zu einer strengen Bestrafung (wenn auch nicht zur Ermordung) führt; ähnliches läßt sich in vielen mittelalterlichen Geschichten beobachten, und ich könnte mir vorstellen, daß Dumas es hier bewußt als ein Kennzeichen der alten Adelsschicht verwendet, die selbst gegenüber dem König mit einem gewissen Anspruch auftreten kann und aufzutreten wagt (Du verweist ganz richtig auf Athos’ Verhalten in den späteren Bänden). Ob ihre Ideale gute Ideale sind, mag dahingestellt bleiben – aber sie kommen relativ konsequent zum Ausdruck, besonders, so paradox das klingen mag, in dem „Gericht“ über Mylady gegen Ende des ersten Buchs, das sehr viel von Fehmegericht und einer sich auf altes Gewohnheitsrecht und Adelsanspruch berufenden Selbstherrlichkeit hat, und deutlich zeigt, daß die vier Musketiere und der Kardinal hier in zwei Welten handeln und denken. Die Frage des Kardinals auf d’Artagnans Worte über Mylady (Elle est en prison?) und seine Bewertung derjenigen, die Selbstjustiz üben, als assassins, zeigen, wie sehr er, als Vordenker des Absolutismus, in staatlichen Strukturen und in geregelter Gerichtsbarkeit denkt, während die andere Seite (unter Anführung von Athos) sich berechtigt glaubt, sich selbst als höchste Instanz zu setzen, und dabei relativ schamlos einen Fehler der Regierenden (die von Richelieu zu schwammig ausgestellte Vollmacht, die natürlich zugleich wunderbar in einen Roman des 19. Jhs. als Handlungselement paßt) ausnutzt – man nimmt sich sein Recht und glaubt sich dazu auch berechtigt, trifft auch selbst seine Entscheidung, wen man als würdig befindet, ihm zu dienen (und die Tatsache, daß Richelieu d’Artagnan bei seiner Schwäche – der Hoffnung auf Aufstieg in der militärischen Hierarchie – packt und ihn so in das System einbinden, „neutralisieren“, kann, ist gewissermaßen der Anfang vom Ende dieser Haltung). Es ist alles ein bißchen ironisiert (weder Mme Bonacieux noch die Königin machen eigentlich eine gute Figur als „Minneherrin“), alles ein bißchen verquer und nicht hundertprozentig so, aber im Großen und Ganzen erscheint es doch als die letzte Stufe einer alten Zeit und Ethik, die ihre Wurzeln im Mittelalter hat... Der Don-Quixote-Vergleich am Anfang ist eigentlich gar nicht mal so unangebracht.
Nun wird der Gegensatz vielleicht auch klarer, den Du im Grunde schon selbst formulierst:
Zitateine Frau aufzuhängen, ohne ihr auch nur die Zeit zu einer Erklärung zu lassen und sich dann aus Gewissensbissen und wegen verletzter Ehre schier zu Tode zu saufen? oder sich einzugestehen, dass die Liebe nur eine Chimäre war und nicht erfüllt werden kann und als Konsequenz sich selbst umzubringen?
Athos’ Fall ist grausig, erschreckend – aber in seinem archaischen Ehrverständnis auch erschreckend konsequent und in dieser scheußlichen Weise irgendwie beeindruckend (nicht im positiven Sinn von „lobenswert eindrucksvoll“, sondern abermals wertneutral gemeint); anders als bei den „Präzedenzfällen“ der mittelalterlichen Literatur haben wir hier nur gleichzeitig Andeutungen, was die persönliche Ebene betrifft (Gewissensbisse, gekränkte Ehre/Eitelkeit), so daß implizit schon eine gewisse Hinterfragung des Systems stattfindet. Das Trinken mag ein „Selbstmord auf Raten“ sein, ein persönliches Scheitern – aber das Ideal an sich wird nicht angekratzt, es ist für die Charaktere eine klare Wertvorstellung im Hintergrund (so falsch sie vielleicht sein mag).
Dagegen scheint mir das Ganze bei Raoul eher darauf hinauszulaufen, daß die an sich wertneutrale Tugend der Konsequenz für einen Selbstmord eingesetzt wird, der letztlich aus dem Zusammenbruch eines Weltbilds resultiert (kann aber auch sein, daß ich da etwas hineininterpretiere und falsch gelesen habe) – Louise und Raouls Ideal scheinen mir gekoppelt zu sein, sobald klar wird, daß Louise nicht ist, was sie zu sein schien, geht auch das Ideal über Bord.
Das scheint mir ein Gegensatz zu Athos zu sein, bei dem die konkrete Person – Mylady – und seine Ideale durchaus getrennt bestehen.
Zugespitzt gesagt – Athos beantwortet die Erkenntnis, daß sein Ideal durch seine Frau verletzt ist, mit einem (sehr destruktiven und nicht nachahmenswerten) Schritt gegen ebenjene Frau (woraus dann natürlich Gewissensbisse, etc. resultieren), verliert aber nicht seine Ideale an sich; für Raoul bricht hingegen seine gesamte Welt zusammen, als die Beziehung zu Louise scheitert, und er beantwortet das mit einem (ebenfalls sehr destruktiven und nicht nachahmenswerten) Schritt gegen sich selbst, ist also nicht in der Lage, letztlich die Konsequenzen seines Handels, seiner Fehleinschätzung und die Erkenntnis einer nicht perfekten Welt zu ertragen. Das meinte ich mit „Degeneration“ – aber, wie gesagt, das ist eine subjektive Deutung!
ouh, danke für deine ausführliche Antwort - das finde ich jetzt echt spannend, du solltest eine Rezension über die Romane schreiben! Das meine ich jetzt wirklich ernst! Dass innerhalb der Triologie der Wechsel von feudalem zu absolutistischem System dargestellt wird, sehe ich auch so und gerade auf diesem Hintergrund ist ja der Wandel der Charaktere interessant.Zitat: "erscheint es mir so, als ob ein Zeiten- und Wertewandel von der Epoche Louis’ XIII und Richelieus bis hin zum Absolutismus unter Louis XIV dargestellt wird" - ganz bestimmt! Und die Frage ist wie gesagt, wer sich dem widersetzt - Athos ganz bestimmt in seiner offenen Auflehnung gegen Louis XIV, aber d'Artagnan dient dem König selbst gegen Porthos und Aramis. Athos und Porthos wären für mich die "Helden" nach einer mittelalterlichen Ehrvorstellung - beide scheitern und sterben, wohingegen d'Artagnan während der Erfüllung seiner Pflicht den Tod findet und Aramis wie gesagt seinen "Faustpakt" erfüllt.
Was die Ideale und damit die Degenration anbelangt, verstehe ich nun, was du meintest - aber setzt du nicht Louise mit Raouls Ideal gleich? Ist Raouls Ideal nicht über der von ihm geliebten Frau, das heisst sucht er nicht nach der reinen Liebe,die es so auf Erden eigentlich nicht geben kann? Und wäre Louise somit nicht austauschbar, denn im Prinzip müsste er bei jeder Frau erkennen, dass es einen "Fehler im System" gibt? Du hast aber völlig recht, dass sein Selbstmord das Eingeständnis ist, dass sein Ideal zunichte ist - oder zumindest auf dieser Erde nicht realisiert werden kann.
Um auf Athos zurückzukommen - er wird ja meiner Ansicht nach gerade durch sein Scheitern - das Scheitern einer Lebensauffassung? - sympathisch. Immerhin geht er ja soweit, nur noch die Freundschaft und die Liebe zu seinem Sohn als "sentiments" zu erkennen, er verleugnet eigentlich sogar Gott "s'il me frappait en face (Dieu) et de cette façon, je le maudirais" - das finde ich dermassen "boulversant", gerade von ihm! - der sich doch immer l'amour pour la royauté et Dieu auf die Fahnen geschrieben hat -eigentlich verabschiedet er sich ja nachgerade von einem oder sogar zweien seiner Ideale. Was ihm bleibt ist die eigene Person, seine "Ehre", die nun leider in diesem neuen Zeitalter nichts mehr gilt ... tja ... Übrigens habe ich ein bisschen das Gefühl, dass du über meine pseudowissenschaftlichen Gedanken wohl da und dort lächeln wirst, mir scheint nämlich, du habest sehr gut fundierte Kenntnisse in mittelalterlicher Literatur (ich bin nur in eigener Sache etwas belesen, verzeih) - Grüsse Kaloubet
Zitataber setzt du nicht Louise mit Raouls Ideal gleich? Ist Raouls Ideal nicht über der von ihm geliebten Frau, das heisst sucht er nicht nach der reinen Liebe,die es so auf Erden eigentlich nicht geben kann? Und wäre Louise somit nicht austauschbar, denn im Prinzip müsste er bei jeder Frau erkennen, dass es einen "Fehler im System" gibt
Du hast völlig recht - ich habe in meiner Antwort jetzt nur von Louise gesprochen, weil sie eben diejenige Frau ist, mit der er sein Ideal verwirklichen zu können glaubt. Natürlich könnte mit einer anderen Frau vergleichbares geschehen, und er würde bestimmt auch dann vergleichbar reagieren. Ich wollte meine Argumentation nicht an der Person Louise festmachen, nur darauf hinweisen, daß Raoul eben in einer bestimmten Situation, die in gewisser Hinsicht der, in die sein Vater früher gerät, vergleichbar ist, ein bestimmtes Verhalten an den Tag legt.
ZitatÜbrigens habe ich ein bisschen das Gefühl, dass du über meine pseudowissenschaftlichen Gedanken wohl da und dort lächeln wirst, mir scheint nämlich, du habest sehr gut fundierte Kenntnisse in mittelalterlicher Literatur
Ich lächele hier ganz und gar nicht - ich bin von Deinen Überlegungen und Deinen Kenntnissen sehr beeindruckt und habe die kleine Diskussion sehr genossen.
Was die mittelalterliche Literatur angeht... "Berufskrankheit" bei mir, würde ich sage (ich schreibe gerade an meiner Doktorarbeit in Älterer Deutscher Literatur), da mach Dir also keine Gedanken... Ist nicht viel dran.
Viele Grüße
Maike
na - "ist nicht viel dran" ist ja wohl untertrieben ... aber ich fand unsere kleine Diskussion aucht echt spannend. Könnten wir nicht einen "threat" (so heisst das, ja?), enfin eine Diskussion aufmachen über unsere Interpretation der Romane? Ich weiss jetzt auf die Schnelle keinen Titel, aber vielleicht gab's das ja auch schon ...?
Grüsse - Kalou
Mach ruhig ein neues Thema auf, wenn Dir etwas gutes einfällt!
P.S.: Aber ein "thread" wäre mir aus naheliegenden Gründen lieber als ein "threat" - nur keine Drohungen!
gut, ich denke das Wochenende über ein Thema nach - tja, Französisch kann ich sehr gut (teilweise besser als Deutsch), aber Englisch ... wollte euch nicht bedrohen... Grüsse Kaloubet
Hi,
eure Diskussion war ja sehr interessant, wenn auch äußerst unverständlich teilweise und mit Schachtelsätzen verziert, aber ich glaube nicht, dass hier alle Französisch können. Die Zitate sind bestimmt richtig und wir glauben euch, dass ihr versteht, was ihr da schreibt, aber wir (Heike und ich) verstehen es noch nicht und wir zitieren die Bände auch nicht auf russisch. Klingt jetzt sicherlich blöd, aber ich wäre erfreut, wenn ihr eure Zitate manchmal übersetzen könntet, vor allem die schwereren.
Tschau
Silke
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